Die Welt der Drachen
ohne F'lars Einwilligung!«
entgegnete sie.
F'nor lachte nur.
»F'lar hat Sie für klüger gehalten, als Sie sind«, sagte er verächtlich. »Begreifen Sie denn nicht, weshalb er warten muss?«
» Nein «, schrie Lessa ihn an.
» Nein!
Muss ich denn alles erraten, muss ich einen Instinkt entwickeln wie die Drachen?
Beim Ei der Königin, F'nor, warum erklärt mir kein Mensch etwas?
Aber es beruhigt mich, dass er wenigstens einen Grund für sein Zaudern hat. Hoffentlich einen guten - denn ich fürchte, dass es bereits zu spät ist.«
Es war in dem Augenblick zu spät, als er mich daran hinderte, T'bor aufzuhetzen, dachte sie, aber sie sprach es nicht aus. Statt dessen fuhr sie fort: »Es war zu spät, als R'gul meiner Herausforderung so feige auswich ...«
F'nor wirbelte herum, schneeweiß vor Zorn. » Das hat mehr Mut gekostet, als Sie je im Leben aufbringen werden. «
»Weshalb?«
F'nor trat einen halben Schritt vor, so drohend, dass Lessa sich auf einen Schlag gefasst machte. Er bezwang sich mühsam.
»Es ist nicht R'guls Schuld«, sagte er schließlich. Er wirkte um Jahre gealtert, und in seinen Augen las sie Schmerz und Sorge.
»Es kostet sehr, sehr viel Kraft, alles Mitahnzusehen und zu wissen, dass man warten muß.
»Weshalb? kreischte Lessa geradezu.
F'nor ließ sich nicht mehr aufreizen. Er fuhr mit ruhiger Stimme fort: »Ich war der Meinung, dass Sie es erfahren müssten, aber es geht gegen F'Iars Stolz, sich für einen der Seinen zu entschuldigen.«
Lessa unterdrückte die zynische Bemerkung, die ihr auf den Lippen lag.
»R'gul ist nur durch einen dummen Zufall Weyrführer.
Oh, er hätte sein Amt vermutlich gut verwaltet, wenn das Intervall nicht so lange gedauert hätte. Die alten Schriften warnen vor den Gefahren ...«
»Schriften? Gefahren? Und was meinen Sie mit Intervall?«
»Ein Intervall tritt dann auf, wenn der Rote Stern nicht nahe genug an Pern vorüberzieht, um die Fäden auszulösen. In den Schriften steht, dass es etwa zweihundert Planetenumdrehungen dauert, bis der Rote Stern zurückkehrt.
F'lar schätzt, dass die doppelte Spanne verging, seit die letzten Fäden fielen.«
Lessa warf einen besorgten Blick nach Osten. F'nor nickte ernst.
»Ja, und in vierhundert Jahren vergisst man leicht Furcht und Vorsicht. R'gul ist ein guter Kämpfer und ein guter Geschwaderführer, aber er muss eine Gefahr sehen und greifen, bevor er sie anerkennt.
Oh, er hat die Gesetze und all die Traditionen gelernt, aber im Innersten verstand er sie nie.
Nicht so wie F'lar - oder ich«, fügte er herausfordernd hinzu, als er Lessas skeptischen Gesichtsausdruck sah. Seine Augen wurden schmal, und er richtete anklagend den Finger auf sie.
»Und nicht so wie Sie - auch wenn es bei Ihnen ein unterbewußtes Verständnis ist.«
Sie zog sich zurück, nicht aus Angst vor ihm, sondern vor der Drohung, an die sie fest glaubte, ohne zu wissen weshalb.
»In dem Augenblick, als F'lar von Mnementh auserwählt wurde, begann F'Ion den Jungen auf die Führung des Weyrs vorzubereiten. Und dann kam F'Ion bei diesem lächerlichen Streit ums Leben.«
F'nors Stimme klang verärgert und bedauernd zugleich. Jetzt erst merkte Lessa, dass der braune Reiter von seinem Vater sprach,
»F'lar war zu jung, um den Weyr zu übernehmen, und bevor jemand eingreifen konnte, paarte sich R'guls Hath mit Nemorth, und wir müssten warten. Aber R'gul brachte es nicht fertig, Joras Trauer über F'Ion zu zerstreuen. Sie ließ sich gehen.«
F'nor zuckte mit den Schultern. »Dazu kam R'guls Isolierungspolitik. Das Ansehen des Weyrs sank immer rascher.«
»Ich weiß«, entgegnete Lessa bitter.
»Hören Sie mir gut zu!«
F'nors strenge Worte durchdrangen ihren ohnmächtigen Zorn. Sie hatte nicht geglaubt, dass er zu solcher Schärfe fähig sein könnte. Ihre Bewunderung für den braunen Reiter stieg.
»Ramoth ist voll entwickelt, bereit für den ersten Paarungsflug. Wenn sie fliegt, steigen alle Bronzedrachen auf, um sie zu fangen. Nicht immer erhält der Stärkste die Königin.
Manchmal siegt derjenige, der von den Weyrmitgliedern auserwählt wurde.« Er sprach langsam und betonte jedes Wort.
»So war es damals bei Hath. Die älteren Reiter entschieden sich für R'gul. Sie konnten es nicht ertragen, von einem Neunzehnjährigen Befehle entgegenzunehmen, auch wenn er F'lons Sohn war. So bekam Hath Nemorth. Und sie bekamen R'gul. Sie bekamen, was sie wollten. Sehen Sie sich nur um!«
Mit einer zornigen Handbewegung deutete er
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