Die Welt der Kelten
und Etrusker oder der Skythen aus den eurasischen Steppen. Doch trotz aller wissenschaftlicher und spekulativer Bemühungen |175| ist es ihnen bis in die Gegenwart gelungen, in einem Nebel voller Geheimnisse verborgen zu bleiben.
Kopfjagd und Schädelkult – Die Passion keltischer Krieger
Wie weit die Druiden am ausgeprägten Schädelkult der Kelten beteiligt waren, ist nicht bekannt. Allerdings wurde er in erster
Linie von den Kriegern gepflegt, wie der Historiker Diodor zur Zeit der Eroberung Galliens berichtet. Nach seiner Schilderung
war es für einen keltischen Kämpfer eine Ehrensache, einem besiegten Feind den Kopf abzuschlagen. Eine derartige Trophäe genoss
umso mehr Wert, je größer Ruhm und Tapferkeit des Gegners gewesen waren. Dessen Kriegsbeute band man sich an den Sattel und
kehrte damit voller Stolz auf seinen Hof oder in das Oppidum zurück. Dort nagelte man den Schädel an den Hauseingang, damit
er allen von der Ruhmestat des Bewohners kündete. »Gerade so, als ob sie auf der Jagd Wild erlegt hätten«, wie der antike
Gewährsmann mit Abscheu feststellt. Die Köpfe der vornehmsten Feinde wurden einbalsamiert und sorgfältig in einer Truhe aufbewahrt.
Auf den vielen Gelagen zeigte sie der Gastgeber seinen Gästen und brüstete sich damit, dass für diesen Kopf einem seiner Vorfahren,
seinem Vater oder auch ihm selbst viel Geld geboten worden sei, sie es aber nicht genommen hätten. Manche prahlten damit,
selbst Gold im gleichen Gewicht hätten sie für einen solchen Kopf nicht angenommen.
Für die Römer war dies ein barbarischer Brauch, den sie nur mit Widerwillen zu schildern vermochten. Von Reisenden ins Keltenland
wird berichtet, wie unerträglich und Ekel erregend die Relikte dieses Schädelkultes für sie gewesen seien. Die römische Feindschaft
gegenüber den Kelten machte sich neben deren traumatisch empfundener Einnahme Roms 387 vor Chr. besonders an der Kopfjagd
fest. Ihr waren während der Kämpfe in Italien auch einige edle Römerköpfe zum Opfer gefallen. So erbeuteten die keltischen
Boier im Jahr 216 vor Chr. den Schädel des römischen Feldherrn Lucius Postumius, den sie präparierten, in Gold fassten und
anschließend als wertvolles Trinkgefäß verwendeten. Dass Kopfjagd auch noch zu Caesars Zeit üblich war, belegt die keltische
Münze, die den Haeduer Dumnorix mit einem erbeuteten Kopf in der Hand zeigt. Caesar verschweigt im
Bellum Gallicum
diese Sitte, die in Rom Zweifel hätte aufkommen lassen an der vermeintlichen Zivilisierbarkeit des Landes. Bezeichnend war,
dass das Verbot der Kopfjagd zu den strengsten römischen Einschränkungen unter den eroberten Galliern gehörte. Und sogar dieses
Verbot wurde nicht immer befolgt: Anscheinend konnten manche keltischen |176| Hilfstruppen Roms im Kampfrausch nicht von dem alten Brauch ablassen und schnitten ihren Feinden wie gewohnt die Köpfe ab.
Dabei zeugte diese Sitte beileibe nicht von einer Missachtung des Besiegten. Denn der Schädel galt als Sitz seiner besten
Tugenden, etwa seines kriegerischen Wagemuts. In ihm wohnte magische Kraft, die ihn zu einem besonders mächtigen Objekt machte.
Deshalb durfte er nicht in die Hände der Feinde fallen. Nagelte man ihn über die Haustür oder an einen Pfosten, brüstete man
sich nicht nur mit seinem Erfolg als Krieger. Ein solcher Kraftschädel konnte auch Unheil von seinem neuen Besitzer abwehren.
Vorstellungen dieser Art pflegten die Kelten in besonders starkem Maße, sodass man sich schon an eine regelrechte Schädelmanie
erinnert fühlt. Der Einzelne trug Splitter eines Schädelknochens als Talisman stets bei sich, und im Keltenland musste man
immer gewärtig sein, auf menschliche – genauer gesagt männliche – Köpfe zu stoßen: an Hauswänden und Pfählen, in Heiligtümern
und an Toren zu den Oppida. So schmückten Schädel etwa das Osttor der großen Keltensiedlung von Manching.
In der Kunst stellten abgschnittene Köpfe eines der Lieblingsmotive dar, das sich in keltischen Ländern sogar noch an christlichen
Kirchenfassaden findet. In Irland hatte sich die Kopfjagd selbst nach der Einführung des Christentums noch länger erhalten.
Dort kämpften die Krieger bis ins Mittelalter um ihre Köpfe, deren Trophäen man an den Sätteln oder auf Lanzenspitzen mit
sich führte. Ihre Heldengeschichten zeugen zudem von der poetischen Vorliebe für die Kopfjagd, die in den Dichtungen der grünen
Insel allenthalben
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