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Die Welt der Kelten

Die Welt der Kelten

Titel: Die Welt der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf Krause
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schilderte zum Beispiel der walisische Gelehrte Giraldus Cambrensis. Der Geistliche hatte Ende
     des 12. Jahrhunderts entlegene Gebiete seiner Heimat bereist und dort die Geschichten des Volkes gehört. Unter anderem erzählte
     man sich von einem Jungen aus Südwales, der sich in einer Höhle an der Uferböschung des Flusses Neath versteckte. Dort litt
     er Hunger, bis auf einmal zwei kleine Männer die Höhle betraten und einen Korb Beeren sowie einen Krug Milch vor ihn stellten.
     Als der Junge gegessen hatte, boten sie ihm an, ihn in ein wunderschönes Land zu |198| bringen, wo nur Freude herrsche. Daraufhin folgte er ihnen einen Pfad entlang, der sie immer weiter in die Höhle hinein und
     schließlich in ein Land führte, in dem es grüne Bäume, blühende Sträucher und saftige Wiesen gab. Allerdings sah man dort
     weder Sonnen- noch Mondlicht, weshalb die Tage düster und die Nächte stockdunkel waren.
    Seine beiden Führer brachten den Jungen vor ihren König, der zwar auch winzig war, aber seine Untertanen doch bei weitem überragte.
     Er stellte dem Gast viele Fragen über die Menschenwelt und erlaubte ihm dann, bei den Feen in der Anderwelt zu bleiben. Ein
     ganzes Jahr wohnte er bei den kleinen freundlichen Männern und Frauen, die wunderschön anzusehen waren. Sie ernährten sich
     nur von Milch und sahen Vertrauen als das höchste Gut an. Sogar der Knabe genoss so viel davon, dass man ihn immer wieder
     seine Mutter besuchen ließ. Sie hörte aus seinen Erzählungen vom Reichtum der Feen und überredete den Sohn, ihr einen Ball
     aus purem Gold zu bringen.
    Das nächste Mal stahl er ihn und ging auf dem bekannten Pfad zur Menschenwelt. Bald schon hörte er kleine Schritte hinter
     sich und sah, dass ihn seine beiden bekannten Freunde verfolgten. Auf der Hausschwelle seiner Mutter stolperte er und verlor
     den Ball, den die Feen sofort ergriffen. Alles Bitten, man möge ihm verzeihen und ihn wieder mitnehmen, war umsonst: Die Männer
     verließen ihn, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Über viele Jahre ging der Junge zum Flussufer und suchte die Höhle mit
     dem Zugang zur Anderwelt – doch vergebens: Er fand sie niemals wieder. Später wurde er Mönch und erzählte sein Leben lang
     klagend von jener Welt der Feen, deren Vertrauen er gebrochen und die er darum auf immer verloren hatte.
    Reisen in die Andere Welt
    In Irland schätzte man derartige Erzählungen so sehr, dass Abenteuergeschichten und Reisen in die Andere Welt zu den beliebtesten
     Stoffen der Dichter gehörten. Als älteste und berühmteste Dichtung dieser Gattung gilt
Brans Seefahrt
, die im 8. Jahrhundert entstand.
    Deren Held Bran mac Febail war eines Tages nahe seiner Burg allein unterwegs, als er Musik hinter sich vernahm. So oft er
     sich auch umsah, stets erklangen die süßen Töne hinter seinem Rücken. Darüber schlief er schließlich ein. Nach einiger Zeit
     erwachte er wieder und sah neben sich einen silbernen Zweig mit weißen Blüten. Den trug er in den Palast, dessen Königshalle
     voll von Gästen war. Unter ihnen stand auf einmal eine fremde Frau in seltsamem Gewand, von der niemand wusste, wie sie hereingekommen |199| war. Sie sang ein langes Lied über die Anderwelt: Der silberne Ast stamme von deren Apfelbaum auf einer fernen Insel. Dort
     herrschten weder Schmerz noch Kummer, gäbe es keine Krankheit und keinen Tod. Nur Bran könne dorthin gelangen und vielleicht
     sogar das Land der Frauen finden. Nach diesen Worten verschwand die Elfin, um die es sich offensichtlich handelte, aus der
     Halle mitsamt dem wunderbaren Apfelzweig.
    Schon am nächsten Morgen stach Bran mit seinen Männern in See. Nach zwei Tagen erblickten sie einen Mann, der mit einem Streitwagen
     über das Meer fuhr. Bran gab er sich in einem Gesang als Manannán mac Lir zu erkennen, als Herrscher eines Meerreiches, der
     auf dem Weg nach Irland war. Bran sei hier in Mag Mell, den Gefilden der Glückseligkeit, voller Blumen und umgeben von unzähligen
     Pferden, die für ihn unsichtbar seien.
    Nach dem Zusammentreffen stieß Bran bald auf eine Insel, die voll von Menschen war. Als diese das fremde Schiff erblickten,
     brachen sie in schallendes Gelächter aus und antworteten nicht auf Brans Fragen. Genauso verhielt es sich mit einem der Iren,
     den man auf dieser Insel der Fröhlichkeit zurücklassen musste. Dann traf Bran auf ein Land, wo ihn die Fürstin der Frauen
     begrüßte. Sie lud ihn ein, er möge doch zu ihr kommen. Als er noch

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