Die Welt der Kelten
Einige Jahrzehnte
lang bestand an der bulgarischen Küste des Schwarzen Meeres ein keltisches Königreich, bis auch dieses erobert wurde.
Die langlebigen Keltenstämme von Galatien
Im Vergleich zu dem nur kurz währenden Einfall in Griechenland bewiesen drei andere keltische Stämme auf ihrer Wanderung eine
erstaunliche Langlebigkeit. Die Tektosagen, Trokmer und Tolistoboier überquerten 280 vor Chr. mit angeblich 20 000 Menschen
den Bosporus und gelangten nach Kleinasien. Dort zogen sie plündernd umher und boten den Landesherren ihre Dienste als Söldner
an. Nach wenigen Jahren besiegte sie der Seleukidenherrscher Antiochos I. in der so genannten Elefantenschlacht. Doch diese
Niederlage gereichte den Stämmen zum Vorteil; denn weder wurden sie restlos vernichtet, noch trieb sie der Sieger auf den
Balkan zurück. Antiochos wies ihnen Siedelland im Inneren Anatoliens zu, in der Gegend der heutigen türkischen Hauptstadt
Ankara. Dort schufen sich die von den Griechen Galater genannten Kelten ein Reich, dem sie mit politischen Führern, Richtern
und Heereskommandanten sowie einer Ratsversammlung eine feste politische Ordnung gaben, die Jahrhunderte überdauerte. Vieles
darin entstammte alter keltischer Tradition, so die Auswahl eines heiligen Hains, in dem wichtige Beratungen stattfanden.
Zudem scheinen die Kontakte mit den Stämmen in Mitteleuropa nicht abgebrochen zu sein, wie der Fund typischer Fibeln, also
Gewandspangen, verdeutlicht, die hier wie dort getragen wurden.
Doch auch als sesshafte Siedler und Herren über Galatien blieben die Einwanderer, die auf Höfen und in Dörfern lebten und
sich im Kriegsfall auf Höhenfestungen zurückzogen, gegenüber den Nachbarn kriegerisch gestimmt. Insbesondere schlug man sich
immer wieder mit den Königen von Pergamon, deren Gebiet sich über große Teile des westlichen Kleinasien erstreckte. Ihre Siege
feierten diese gebildeten und reichen Herrscher mit einer Anzahl hervorragender Kunstwerke, zu denen Bildnisse der unterlegenen
Galater gehörten, etwa die berühmte Skulptur des »sterbenden Galaters« und Darstellungen des Berliner Pergamon-Altars.
In den zunehmenden Kämpfen der hellenischen Herrscher mit der Großmacht Rom ergriffen die Galater die Partei der Römer und
standen damit auf der Seite der späteren Sieger. Nachdem sie 168 vor Chr. Rom gegen |59| den Makedonenkönig beigestanden hatten, gewährte ihnen der römische Senat Autonomie. Zu Zeiten des Kaisers Augustus wurde
Galatien eine offizielle Provinz des Imperium Romanum. Damals mögen im Zentrum Anatoliens 400 000 Menschen keltischer Abstammung
gelebt haben. Trotz fortschreitender Romanisierung und Anpassung an den Lebensstil der Römer und Griechen behielt man alte
keltische Eigenarten bei. Zu ihnen zählten die religiösen Feiern in einem zentralen Heiligtum aller drei Stämme und gewisse
Göttervorstellungen. Am deutlichsten offenbarte sich diese Traditionspflege im Gebrauch der keltischen Sprache, wofür es ein
eindrucksvolles Zeugnis gibt: Als der Kirchenlehrer Hieronymus im 4. Jahrhundert nach Chr. zu den Galatern kam, stellte er
fest, dass ihre Sprache derjenigen der Trierer Kelten ähnlich war. 600 Jahre nach ihrer Ankunft in Kleinasien hatten sich
die Galater dieses keltische Erbe bewahrt.
Die Skulptur des »sterbenden Galaters« ist eine der berühmtesten der Antike. Nacktheit, Halsring, Schnauzbart und eingefettetes
Haar zeichnen den Krieger als Kelten aus.
Die Keltiberer auf der Pyrenäenhalbinsel und ihr Kampf gegen Rom
Zweieinhalbtausend Kilometer von den Galatern entfernt siedelten am westlichen Rand der Mittelmeerwelt die von Griechen und
Römern so genannten |60| Keltiberer. Die antiken Gelehrten hatten aus einer gewissen Verlegenheit heraus diese keltisch sprechenden Stämme so bezeichnet.
Denn eindeutig ließen sie sich nicht von den iberischen, lusitanischen oder baskischen Völkern der Pyrenäenhalbinsel trennen.
Jedenfalls besiedelten sie seit langem die kargen Hochflächen Zentralspaniens und die angrenzenden Gebiete im Westen. Über
ihre mögliche Einwanderung über die Pyrenäen oder per Boot über die See gibt es keine Berichte. Vermutlich übernahm ein Teil
der einheimischen Bevölkerung die Sprache und andere Eigenarten von den Kelten, ohne dass es zu größeren Wanderungen kam.
Die antiken Geschichtsschreiber und Geografen mochten sich über solche Fragen den Kopf zerbrechen – für die Politiker und
Offiziere
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