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Die Welt der Kelten

Die Welt der Kelten

Titel: Die Welt der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf Krause
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seine neue Heimat in den Herkynischen
     Wäldern suchen. So bezeichneten später die Römer die zu jener Zeit dicht bewaldete Mittelgebirgszone vom Schwarzwald bis zu
     den Karpaten. Allerdings wurden diese Gebiete von etlichen Handelswegen durchquert, an deren Verlauf man auch fruchtbares
     Ackerland finden konnte. Und in der Tat strafen archäologische Funde den Römer Livius keiner Lüge. Denn keltische Stämme hinterließen
     im östlichen Europa deutliche Spuren: Die auch in Italien siedelnden Boier gründeten in Böhmen ein Reich, andere Kelten zogen
     nach Schlesien und bis an die Karpaten nach Siebenbürgen. Einzelne Gruppen gelangten sogar zum Dnjepr in der Ukraine. In den
     Ostalpen schufen sich die Noriker in Kärnten ein eigenständiges Reich, während der Stamm der Skordisker in die ungarische
     Tiefebene zog und Singidunum, den antiken Vorläufer Belgrads, gründete.
    Wie die Gallier in Italien kamen die Keltenstämme des Balkans durch derartige Landgewinne keineswegs zur Ruhe. Der reiche
     Süden lockte ihre kampfbereiten und beutegierigen Kriegerscharen hier wie dort. Allerdings stießen sie im Makedonenreich,
     das sich soeben Griechenland unterworfen hatte, auf einen starken Gegner. Der junge König Alexander unternahm |57| 335 vor Chr. sogar einen Feldzug über den Balkan, mit dem er die keltischen Krieger in ihre Schranken wies. Diese machten
     aus der Not eine Tugend und erklärten sich zu Verbündeten des großen Makedonen. Für ihre Treue legten sie einen Schwur ab,
     der vermutlich typisch keltisch war und Berühmtheit erlangt hat: »Wir wollen Treue halten, oder aber der Himmel möge niederstürzen
     und uns zerschmettern, die Erde sich öffnen und uns verschlingen, das Meer sich erheben und uns ersäufen.« Eine derartig beeindruckende
     Treuebekundung nahm König Alexander gern an, zumal er sich anschickte, das riesige persische Großreich zu erobern. Noch elf
     Jahre später kamen keltische Gesandte an seinen Hof im fernen Babylon. Außer ihrer Hoffnung auf Beute und günstige Söldnerverträge
     beeindruckte die Barbarenkrieger sicher auch die Persönlichkeit des Makedonen, der immerhin die Weltherrschaft anstrebte.
    Aber nach einem halben Jahrhundert war von Respekt und Verehrung nichts mehr übrig geblieben. Der große Alexander war in jungen
     Jahren vom Fieber dahingerafft worden; seine Generäle teilten als Diadochen das Großreich auf und bekämpften sich untereinander.
     In Griechenland und Kleinasien entstand eine Vielzahl kleiner und überwiegend schwacher Staaten. Deren Schwäche nutzten die
     keltischen Herrscher mit ihren Kriegerscharen aus, um mit mehreren Heeren in Nordgriechenland einzufallen. Dort verwüsteten
     sie das Land und plünderten, was immer es zu erbeuten gab. In etlichen Schlachten blieben die Angreifer aus dem Norden erfolgreich.
     Der Heerführer Belgios ließ sogar dem gefangen genommenen Makedonenkönig den Kopf abschlagen, um ihn anschließend den Feinden
     zu zeigen und sie abzuschrecken.
    Im Jahr 279 vor Chr. stürmte ein Anführer, der wie der Eroberer Roms Brennus hieß, mit seinem Heer tief nach Griechenland
     hinein. Sein Ziel war das Hauptheiligtum von Delphi südlich des Parnass, wo er – nicht ganz zu Unrecht – sagenhafte Schätze
     vermutete. Ob ihm deren Eroberung gelang, ist ungewiss. Nach dem Historiker Trogus griffen die griechischen Götter Apollon,
     Artemis und Athena persönlich in die Schlacht ein, um die Freveltat zu verhindern. Man habe den Lärm ihrer Waffen gehört und
     ihre Anwesenheit gespürt. Ein plötzliches Erdbeben brachte vielen Kelten den Tod, außerdem sei ein furchtbares Unwetter über
     sie hinweggefegt. Wenn nicht wegen des göttlichen Unwillens, so mussten die Eindringlinge doch vor anrückenden griechischen
     Truppen den Rückzug antreten, auf dem der gescheiterte Brennus sich selbst getötet haben soll. Nach einer anderen Überlieferung
     tauchte später ein Teil der in Delphi geraubten Schätze im fernen südfranzösischen Toulouse auf. Immerhin belegt diese Nachricht,
     wie weit reichend die Verbindungen in der Keltenwelt waren. Sie erstreckten sich über ganz Europa und reichten bis Ägypten,
     wo aus Griechenland vertriebene keltische Kämpfer als Söldner dienten.
    |58| Trotz ihres furiosen Auftretens blieb der Kelteneinfall im Herzland der antiken Kultur eine kurze Episode. Die Barbarenheere
     erlitten letztendlich gegen die einheimischen Soldaten eine Niederlage nach der anderen und zogen sich zurück.

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