Die Welt der Kelten
Roms stand fest, dass sie in den Keltiberern einen stolzen und unerbittlichen Gegner hatten. Denn der karge Boden
verlangte den als Hirten lebenden Menschen ein hohes Maß an Zähigkeit ab. Nur zu gern waren sie deshalb stets bereit, Kriegszüge
gegen Phönizier, Karthager, Römer oder andere Besatzer zu unternehmen. Die keltiberischen Krieger waren weit und breit berühmt
und gefürchtet – wegen ihrer Kampfwut und ihrer barbarischen Bräuche, zu denen wahrscheinlich auch Kopfjagd und Menschenopfer
gehörten.
Andererseits hatte man viel Kultur und handwerkliches Können von den Nachbarn übernommen, womit man den gewohnten keltischen
Lebensstil Mitteleuropas übertraf. Dazu gehörte, dass sich der wichtigste Stamm der Arevaker seine Hauptstadt Numantia hoch
über dem Fluss Douro errichtete und mit einer meterdicken Mauer umgab. Sie soll um die 8 000 Einwohner gezählt haben.
Nachdem die Römer die Karthager unter Hannibal besiegt hatten, mussten diese 201 vor Chr. auf ihre spanischen Gebiete verzichten.
Die neue Macht richtete bald danach Provinzen ein und wollte die gewonnenen Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Diesem Versuch
leisteten vor allem die verwegenen keltiberischen Stämme Widerstand. Den Römern standen jahrzehntelange Kämpfe bevor, die
mit großer Erbitterung geführt wurden. Zu guter Letzt bot nur noch die Bergstadt Numantia den Legionen die Stirn. Ihre Belagerung
zog sich über zehn Jahre hin und war mit einem Krieg verbunden, der den Römern so manche Niederlage bescherte. Einmal mussten
sie sogar die Gefangennahme eines ganzen Heeres durch die Keltiberer hinnehmen. Kämpfe, Gesandtschaften, politische Intrigen
und die reihenweise Ablösung unfähiger römischer Oberbefehlshaber wechselten sich ab. Als schließlich Numantia im Jahr 133
vor Chr. eingenommen worden war, zeigten die Sieger ihre brutale Härte: Die Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht, die überlebende
Bevölkerung verkaufte man in die Sklaverei. Damit war der keltiberische Widerstand gebrochen.
|61| Zwar erhoben sich hundert Jahre später noch einmal die Keltiberer, doch blieben sie erfolglos. Sie passten sich schließlich
der römischen Kultur an und bewahrten keine keltischen Eigenarten.
|62| 3. Blütezeit und Untergang der Kelten – Caesar erobert Gallien
Das Keltenland der Städte
Näherte man sich etwa im Jahr 100 vor Chr. der weiten Donauebene um das bayerische Ingolstadt, zog eine mächtige Mauer den
Blick auf sich. Fünf Meter ragte sie empor und kündete dem Reisenden von Macht und Reichtum ihrer Erbauer. Der Fremde könnte
ein Händler gewesen sein, der auf seinem von Pferden gezogenen Fuhrwerk Amphoren mit griechischem |63| Wein transportierte. In der Umgebung des ausgefahrenen und viel benutzten Weges sah er einzelne Höfe und Felder, auf denen
rege Betriebsamkeit herrschte. Den Reisenden führte die Straße daran vorbei zu der Befestigung, aus der sich eine große Toranlage
hervorhob. Sie lag zurückversetzt im Mauerwerk, sodass sie eine Gasse bildete, in der mögliche Feinde in die Zange genommen
werden konnten.Von oben schauten Bewaffnete aufmerksam auf das rege Kommen und Gehen herab, und vor dem Tor kontrollierten
Krieger den Wagen des Weinhändlers.
Er durfte passieren und betrat die zum Teil gepflasterten Straßen einer großen Stadt. Sie bildeten ein planmäßig angelegtes
Netz, dessen Mittelpunkt ein großer Marktplatz war. Auf ihm boten nicht nur die Bauern des Umlandes ihre Ernte an. Hier fanden
sich Händler aus allen Himmelsrichtungen ein: Männer von den gallischen Stämmen an Seine und Rhône, keltische Noriker und
Vindeliker aus den benachbarten Alpengebieten, Griechen und Römer von jenseits des Hochgebirges, einige Germanen aus dem unwirtlichen
Gebiet Richtung Nordsee und Kelten aus Böhmen und |64| Ungarn. Ein buntes Stämme- und Völkergemisch herrschte auf dem Platz und in den Straßen; denn man befand sich in der größten
keltischen Siedlung seiner Zeit. Weil ihre historische Bezeichnung nicht überliefert worden ist, trägt sie heute den Namen
der benachbarten Stadt Manching.
Das keltische Manching dehnte sich über eine Fläche von 380 Hektar aus, die erwähnte Mauer begrenzte das gesamte Stadtgebiet
auf einer Länge von 7 Kilometern. Das Innere prägten die vielen Gebäude, die in der traditionellen Bauweise errichtet waren
– aus Holz, aus mit Lehm verschmierten Rutenwänden, die Strohdächer getragen von Pfosten. Außer
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