Die Welt der Kelten
Teile des Keltenlandes; vor allem das Gallien genannte Gebiet des heutigen Frankreich stellte eine
entwickeltere Gesellschaft dar, deren städtische Zentren durch ein Straßennetz verbunden waren, und die alte Traditionen mit
modernen Zügen der Mittelmeerwelt verknüpfte.
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Häuser, Siedlungen und Alltagsleben
Die Kelten lebten während ihrer gesamten Geschichte in allen Siedlungsgebieten überwiegend als Bauernvolk, über das eine adlige
Führungsschicht herrschte. Deren zeitweilige Fürstensitze, die man in großer Zahl aus Südwestdeutschland kennt,repräsentieren
genauso wenig die typischen Behausungen wie die stadtähnlichen Oppida der Spätzeit (vgl. dazu Kapitel 3). Denn die Masse der
Bevölkerung siedelte auf einzelnen Höfen und in kleinen Dörfern inmitten ihrer Felder.
Grundsätzlich errichtete man keine Steingebäude. Als Material fand überwiegend Holz Verwendung, aus dem Blockhäuser oder Pfostenbauten
entstanden, wobei bei Letzteren dieWände aus lehmbestrichenem Flechtwerk bestanden. Die Dächer der fensterlosen Bauten deckte
man mit Stroh, Schilf oder Baumrinde; der Estrich der meistens rechteckigen, aber auch ovalen und runden Grundrisse bestand
aus gestampftem Lehm.
Der übliche Bauernhof,den eine Familie mit Knechten, Mägden und anderenAbhängigen bewohnte, setzte sich aus mehreren Gebäuden
zusammen – manche tiefte man im Boden ein, Getreidespeicher setzte man auf Pfosten, um Schädlingen wie Mäusen den Zugang zu
erschweren.Die Hauptgebäude nahmenWohnung, Stall undWerkstätten ein.Eine derartige Siedlungseinheit konnte zudem durch eine
Einfriedung aus Graben, Wall und Palisade geschützt sein. Dann kam sie einer der von Archäologen so genannten Viereckschanzen
nahe, fast quadratisch umwehrten mutmaßlichen Gutshöfen, auf denen der Adel lebte. Über die Inneneinrichtungen der keltischen
Bauernstuben ist wenig bekannt, wahrscheinlich besaß man allenfalls Truhen und Haken zum Aufhängen. Ansonsten machte man es
sich am offenen Feuer auf dem Lehmboden mit Decken, Fellen und Kissen bequem. |63|
Die rekonstruierte Altburg bei Bundenbach im Hunsrück veranschaulicht das keltische Alltagsleben. Sie wurde vom 3. bis ins
1. Jahrhundert vor Chr. als befestige Höhensiedlung benutzt und diente wahrscheinlich einer treverischen Häuptlingssippe als
Sitz.
Auch hierzu hat der Historiker Poseidonios eine ausführliche Schilderung überliefert, die zwar wohlhabendenAdligen gilt und
vollerVorurteile ist, aber gleichwohl ein überzeugendes Bild des keltischen Lebens bietet: »Die Kelten setzen sich zum Essen
auf Heu und an hölzerneTische, die sich nur gering vom Boden erheben.Ihre Nahrung besteht aus wenig Brot, dafür aber aus viel
Fleisch, das inWasser gekocht und auf Kohlen oder am Spieß gebraten ist. Das essen sie zwar reinlich, aber nach Art der Löwen,
indem sie mit beiden Händen ganze Glieder ergreifen und davon |64| abbeißen.Wenn etwas schwer abzureißen ist,trennen sie es mit einem kleinen Messer ab, das sich an den Schwertscheiden in einem
eigenen Behältnis befindet. Diejenigen, die an den Flüssen sowie am inneren wie äußeren Meer wohnen, essen auch Fisch, auch
diesen gebraten mit Salz, Essig und Kümmel, den sie auch in das Getränk werfen. Öl haben sie nicht in Gebrauch, weil es knapp
ist, und da sie es nicht gewöhnt sind, erscheint es ihnen widerlich.
Wenn mehrere zusammen essen, sitzen sie im Kreis, der Mächtigste wie ein Chorführer in der Mitte – dieser übertrifft die anderen
an kriegerischer Fertigkeit oder an Herkunft oder an Reichtum –, neben ihm der Gastgeber, dann der Reihe nach die anderen
beiderseits nach der Würde des Ranges, den sie einnehmen. Die Schildträger stehen hinter ihnen, die Speerträger aber setzen
sich gegenüber im Kreise hin und schmausen wie ihre Herren.Die Diener reichen das Getränk in Gefäßen herum, entweder in tönernen
oder in silbernen. Auch besitzen sie ebensolche Schüsseln, auf die sie die Speisen legen, andere besitzen welche aus Bronze
und wieder andere aus Ruten geflochtene Körbe. Das Getränk ist bei den Reichen aus Italien und aus dem Land der Marseiller
importierter Wein. Dieser ist aber unvermischt; bisweilen wird auch ein wenigWasser hinzugefügt. Bei den etwas Geringeren
ist das GetränkWeizenbier, das mit Honig zubereitet ist, bei der großen Masse ohne diesen. Aus ein und demselben Trinkgefäß
schlürfen sie langsam, nicht mehr als einen kleinen Schluck;
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