Die Welt der Kelten
das jedoch tun sie häufiger. Der Diener trägt rechts und links
das Gefäß herum; so werden sie beiTisch bedient. Und den Göttern huldigen sie, indem sie sich nach rechts wenden.«
Poseidonios beschreibt ein kostspieliges Festgelage, dessen große Mengen an Schweine- und Rindfleisch sich nur die Häuptlinge
und andere Adlige leisten konnten.Diese machten jedoch bekanntermaßen nur einen recht geringenTeil der keltischen |65| Gesellschaft aus. Das Grundnahrungsmittel der breiten Bevölkerung bestand hingegen in Getreidearten wie Gerste, Weizen und
Hafer, die in Form von Brot und Brei ähnlich dem englischen Porridge gegessen wurden. Hülsenfrüchte wie Erbsen und Linsen,
Gemüsearten wie Karotten, Rüben, Salat und Zwiebeln bereicherten das Speisenangebot. Dazu kamen gegebenenfalls saisonal und
regional verschiedene Obstsorten wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Trauben und Walnüsse sowie Milch und deren Produkte.
Die keltischen Landleute erwirtschafteten offensichtlich nicht selten so hohe Erträge, dass sie den Überschuss nach Rom und
in andere Teile Italiens verkaufen konnten. Dazu gehörte neben Mänteln aus Schafwolle gepökeltes Schweinefleisch. Überhaupt
erzählte man sich im Süden von diesen Tieren ganz bemerkenswerte Geschichten. Danach wurde das keltische Borstenvieh im Freien
gehalten und zeichnete sich durch ausnehmende Größe, Angriffslust und Schnelligkeit aus, die für einen ihnen nahe kommenden
Fremden und ebenso auch für natürliche Feinde wie Wölfe nicht ungefährlich waren.
Trotz ihrer recht einfachen und mühsamen Lebensumstände konnte selbst die Mehrheit der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Körperpflege
nicht als barbarisch gelten – zumindest nach dem Zeugnis archäologischer Funde. Nach ihnen und den Berichten antiker Autoren
waren Männer wie Frauen durchaus reinlich, was sich in Bädern und Mundpflege zeigte. Neben Nagelmessern zeugen Schermesser
von der Pflege des Haars bei beiderlei Geschlecht.Die Männer waren ohnehin für ihren prächtigen Schnurrbart berühmt, der auch
bei antiken Skulpturen aus Pergamon dargestellt wird. Die Frauen zierten sich mit Hauben, Haarnetzen und Kopfreifen – vom
Schmuck ganz abgesehen.
|67| Gallien – Das Land der Oppida, Kopfjäger und Druiden
Gallien, das Land zwischen Ärmelkanal und Mittelmeer, vom Atlantik bis an den Rhein und zu den Alpen, war kein einheitliches
Reich. Nach den Worten des griechischen Geschichtsschreibers Diodor bewohnten viele verschiedenartige Stämme weite Gebiete
West- und Mitteleuropas. Sie sollen jeweils zwischen 50 000 und 200 000 Menschen umfasst haben; nach modernen Berechnungen
ergibt sich daraus für das ganze Land eine Summe von 12 Millionen Einwohnern. Auch wenn die Gallier verschiedene Sprachen
gebrauchten und unterschiedliche Traditionen pflegten, so waren sie doch alle von der keltischen La Tène-Kultur geprägt.
Dies galt für die als wild verrufenen Belger im fernen Nordosten zwischen Seine und Maas ebenso wie für die Arverner des Zentralmassivs
im Süden, die schon früh mit Griechen und Römern Kontakt hatten. Die als Seefahrer berühmten Veneter pflegten an der bretonischen
Küste genauso die keltische Zivilisation wie die Sequaner, deren Oppidum in Besançon im Osten lag. Zum Vielstämmevolk der
Gallier zählte auch die kleine Völkerschaft der Parisier, nach denen später die französische Hauptstadt benannt wurde, während
im Moselland die als geschickte Reiter bekannten Treverer der Römerstadt Trier ihren Namen gaben. Um 100 vor Chr. durften
die mächtigen, als Rom-Freunde geltenden Haeduer zwischen Seine und Loire ihr Stammeszentrum Bibracte als größtes Oppidum
ansehen. Darüber hinaus soll es landesweit 200 solcher Siedlungen gegeben haben, von denen wohl um die dreißig größere Städte
gewesen sind.
Gaius Julius Caesar unterscheidet 50 Jahre später in Gallien drei Gebiete – das der Belger nördlich von Seine und Marne, jenes
der Aquitanier zwischen Garonne und Pyrenäen und schließlich dazwischen den größten Teil, dessen Bewohner sich als Kelten
bezeichneten und von den Römern Gallier genannt wurden.
Diodor gab eine eindringliche Beschreibung ihres Äußeren und ihrer Mentalität. Seine Informationen trafen in vielen Details
zu und haben bis in die Gegenwart das Bild der Gallier bestimmt: »Sie haben eine mächtige Körpergröße, aufgeschwemmtes Fleisch
und weiße Hautfarbe; sie haben nicht nur von Natur blondes Haar,
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