Die Welt der Kelten
prägten Münzen und erhoben Steuern. Deshalb sah man sie in Gallien
als selbstbewussten und einflussreichen Stamm an, dessen Meinung unter den vielen Nachbarn zählte.
Die stolzen Veneter hatten anfangs wie andere Stämme den Römern Geiseln gestellt, die ihr Wohlverhalten garantieren sollten.
Darüber hinaus waren zusehends Vertrauensleute Caesars ins Land gekommen, unter denen sich nicht nur Kelten, sondern auch
Römer befanden. Bald schon berieten die Häuptlinge darüber, ob man dem fremden Statthalter nicht zu sehr entgegengekommen
sei und ob man die Stellung von Geiseln mit der Stammesehre vereinbaren könne. Der Adel verneinte dies und zog daraus die
Konsequenz: Man ließ alle Römer festnehmen, derer man habhaft werden konnte. Sie galten als Pfand, mit dem man die eigenen
Geiseln austauschen wollte.
Dem mächtigen Küstenvolk schlossen sich die schwächeren Nachbarn an. Auf einmal befand sich der ganze Nordwesten Galliens
in Unruhe und Aufruhr. Die Veneter wussten um die Stärke ihrer Flotte, mit der sie sowohl |90| in der Anzahl der Schiffe als auch in Navigations- und Ortskenntnis den Römern überlegen waren. Darum zogen sie sich mit ausreichenden
Getreidevorräten in ihre befestigten Küstensiedlungen zurück und erwarteten dort die Legionäre Roms.
Caesar selbst schilderte ihre sichere und starke Position: »In der Regel waren die Städte so angelegt, dass sie am Ende von
Landzungen oder auf Vorgebirgen erbaut und zu Fuß unerreichbar waren, wenn vom offenen Meer her die Flut heranströmte, was
in einem Abstand von zwölf Stunden stets zweimal am Tag geschah. Da bei zurückweichender Flut Schiffe auf Sandbänke aufliefen,
waren die Städte auch für die Schiffe schwer erreichbar. Beides zusammen machte daher die Belagerung einer Stadt sehr schwierig.
Wenn die Einwohner dennoch einmal einer groß angelegten Belagerung nicht gewachsen waren, wenn Damm und Molen das Meer gestaut
und die Höhen der Stadtmauern erreicht hatten, sodass die Einwohner alle Hoffnung aufzugeben begannen, ließen sie eine große
Zahl von Schiffen landen, über die sie reichlich verfügten, schafften ihren ganzen Besitz fort und zogen sich in die nächstgelegenen
Städte zurück. Dort verteidigten sie sich aufs Neue unter den gleichen günstigen Umständen. Über lange Strecken des Sommers
konnten sie so verfahren, umso leichter, als starke Stürme unsere Schiffe abhielten und die Seefahrt vor fast unüberwindlichen
Schwierigkeiten stand, denn es handelte sich um ein weites, offenes Meer mit starken Strömungen, wo es nur wenige oder fast
gar keine Häfen gab.«
Trotzdem verzichtete Caesar auf eine Belagerung zu Land und versuchte von Anfang an, die Entscheidung in einer Seeschlacht
herbeizuführen. Dafür hatte er eine große Zahl römischer Kriegsschiffe bauen lassen, denen die Veneter eine Flotte von 220
Schiffen entgegenstellten. Oberbefehlshaber, Militärtribunen und Zenturionen waren zunächst ratlos, wie man gegen die Veneter
vorgehen könne; denn eine gewohnte Taktik schien wenig Erfolg versprechend – weder das Rammen der feindlichen Schiffe noch
der Einsatz von Wurfgeschossen. Doch die für ihren Pragmatismus berühmten Römer waren auch in dieser Situation einfallsreich.
Sie befestigten an Stangen scharfe Sicheln, mit denen sie die Taue der feindlichen Takelage durchschnitten. Wenn dies gelang,
konnten die Veneter ihre Segel nicht mehr nutzen und verloren ihre Wendigkeit. Eintretende Windstille ermöglichte es den römischen
Soldaten zusätzlich, auf die venetischen Schiffe zu springen und im Nahkampf den Feind zu schlagen. Dem hatten die Gallier
nichts mehr entgegenzusetzen – sie verloren ihre Flotte und mussten ihre Städte aufgeben.
Caesar ging mit ungewöhnlicher Härte gegen die Besiegten vor: Er ließ den gesamten Ältestenrat hinrichten und verkaufte die
Bevölkerung in die Sklaverei. So setzte er ein deutliches Zeichen, womit Widerstand leistende |91| Stämme und ihre Führer in Zukunft zu rechnen hatten. Bei loyaler Zusammenarbeit mit den Besatzertruppen winkten dagegen reicher
Lohn und Einfluss unter Roms Herrschaft. Die völlige Entmachtung der Veneter brachte Caesar noch ganz andere Vorteile; denn
durch sie konnte er das Ruder im ertragreichen Seehandel übernehmen und hohe Gewinne einstreichen.
Trotz des harten Vorgehens gegen die Veneter kam Gallien in den nächsten Jahren nicht zur Ruhe. Immer wieder schickte Caesar
Gesandte zu den
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