Die Welt der Kelten
es die Krieger zurückzog, um das Kernland des Stammes zu verteidigen. Dem römischen Überraschungscoup folgte ein
Katz-und-Maus-Spiel zwischen Caesar und dem gallischen Oberbefehlshaber. Die Bemühungen des Römers gingen dahin, sich möglichst
vieler Stämme zu vergewissern und sie davon abzuhalten, Vercingetorix Gefolgschaft zu leisten. Der Gallier hingegen schreckte
nicht davor zurück, gegnerische Stämme anzugreifen, denen Caesar wiederum Hilfe bringen musste.
Den Römern bereitete diese Kriegsführung große Schwierigkeiten, denn anstatt die Legionen konzentrieren zu können, mussten
sie in viele Landesteile entsandt werden. Zudem wandten sich immer mehr Gallier von Caesar ab. Kaum tauchte Vercingetorix
mit seinen Truppen bei einem Stamm auf, schlossen sich ihm dessen Krieger an und richteten ihre Waffen gegen die Römer. Diese
jedoch blieben in kleineren Gefechten und Schlachten siegreich, sodass die Gallier ihr weiteres Vorgehen überdenken mussten.
Vercingetorix berief eine Versammlung ein, in der er eine andere Taktik forderte. Man müsse den Krieg mit anderen Mitteln
führen, indem man die Römer vom Nachschub abtrenne. Die starke gallische Reiterei könne dies erreichen, wenn sie jeden nahrungssuchenden
Römertrupp angreife. Außerdem müsse man den Römern verbrannte Erde hinterlassen, so schmerzlich dies sei. Nichts dürfe von
der Zerstörung ausgenommen werden, weder Oppida noch Dörfer und Gehöfte noch die Felder. Schon bald zeigte die neue Taktik
bei den römischen Soldaten Wirkung; aber trotzdem hielten sie bei Märschen, Kämpfen und Belagerungen durch. Das Oppidum Avaricum
(Bourges) der Biturigen hatten die Gallier ausnahmsweise |95| nicht niedergebrannt. Nur zähneknirschend hatte sich Vercingetorix in dieser Frage den Bitten des Stammes gefügt; doch leider
sollte er Recht behalten. Denn dort kam es zu schweren Kämpfen mit den Römern, die einen Belagerungsring um das Oppidum zogen.
Anfangs bewiesen die gallischen Verteidiger großes Geschick, die römischen Angriffstechniken abzuwehren. So unterhöhlten sie
einen Sturmdamm der Legionäre mit Tunneln. Auf den Mauern errichteten sie Türme, die mit Leder verkleidet wurden und somit
kaum in Brand gerieten. Diese Techniken und ständige Ausfälle erschwerten die Belagerung. Trotzdem konnten die Römer in 25
Tagen einen Damm aufschütten, den die Soldaten wie eine Rampe benutzten, um die Mauern einzunehmen. Die Gallier versuchten,
sie mit Feuer und Pech davon abzuhalten. Doch schließlich besetzten die Legionäre den gesamten Mauerring. Dann stürmten und
verwüsteten sie die Stadt: »Der Mord in Cenabum und die anstrengende Belagerungsarbeit hatten unsere Soldaten so erregt, dass
sie nicht einmal Greise, Frauen und Kinder schonten. Von der ganzen Bevölkerung, deren Zahl etwa 40 000 betragen hatte, konnten
am Ende kaum 800 … unversehrt zu Vercingetorix entkommen.«
Da dieser von Anfang an gegen die Verteidigung der Stadt gewesen war, gewann er durch die Katastrophe sogar noch an Zustimmung.
Caesar entschied mit anbrechendem Sommer, die Entscheidung in einer großen Schlacht zu suchen. Denn die Lage in Gallien war
aus seiner Sicht alles andere als stabil; sogar bei den treuesten Verbündeten, den Haeduern, musste er mittlerweile innenpolitische
Streitigkeiten schlichten und die Romfeinde mit Drohungen im Zaum halten. Darum zog er mit sechs Legionen und Reitern ins
Land der Arverner zu deren Hauptort Gergovia. Um dorthin zu gelangen, musste er einen Fluss überqueren, den das Wasser der
Schneeschmelze zu einem reißenden Gewässer gemacht hatte. Zudem hatte Vercingetorix alle Brücken einreißen lassen und sein
Heer auf dem gegenüberliegenden Ufer versammelt. Doch die römischen Legionäre verfügten über Erfahrung im Brückenbau, die
sie schon bei Caesars beiden Rheinübergängen unter Beweis gestellt hatten. Es gelang ihnen, eine Behelfsbrücke zu errichten,
auf der die Legionen den Fluss überschritten. In dieser Situation scheute Vercingetorix die Schlacht und zog sich nach Gergovia
zurück.
Gergovia – Ein Sieg für die Gallier
Das Oppidum lag auf einem hohen Berg und war deshalb von allen Seiten nur schwer zugänglich. Die gallischen Truppen hielten
dieses Plateau und |96| die anderen Höhen besetzt und boten laut Caesar »einen Schrecken erregenden Anblick«. Unter solchen Verhältnissen kam für
die Römer ein Sturmangriff nicht in Frage, weshalb sich der Statthalter
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