Die Welt der Kelten
verbanden die vielen großen und kleinen Städte. Handel und Wandel gediehen. Britannien wurde ein Teil
des Imperium Romanum, an dessen Entwicklung und Geschicken es von nun an teilnahm.
Damit dies so blieb, schützten die römischen Kaiser ihre nördlichste Provinz. Seit 122 nach Chr. ließ der Imperator Hadrian
einen Verteidigungswall anlegen, von dem aus die angriffslustigen Stämme Schottlands |137| abgewehrt werden sollten. Über 120 Kilometer zog sich der so genannte Hadrianswall vom Norden der Irischen See quer durch
Nordengland bis zur Nordseeküste bei Newcastle. Dieses System von Mauern, Wällen, Gräben, Wachttürmen und Kastellen schirmte
das romanisierte Britannien fast drei Jahrhunderte ab. Weder konnten die Legionäre im Inneren Schottlands Fuß fassen, noch
stellten die Angriffe und Raubzüge von Stämmen wie den Pikten eine grundlegende Gefahr dar.
Die Britannier südlich des Hadrianswalles akzeptierten letztendlich die Herrschaft des römischen Kaisers. Und wie andere Kelten
pflegten sie unter der römischen Oberfläche weiterhin Teile ihres kulturellen Erbes, wie die Verehrung alter Gottheiten und
die Verwendung traditioneller Schmuckornamente belegen. Sie sahen darin keinen Widerspruch, und die Römer tolerierten Sonderwege
innerhalb des Imperiums, solange ihre Herrschaft unangetastet blieb. Als sich Rom später von den Britischen Inseln zurückziehen
musste, erlebten die keltischen Traditionen eine zusätzliche Renaissance.
Irland – Die grüne Insel am Rand der Keltenwelt
Als Agricola, der römische Statthalter Britanniens, in der Zeit um 80 nach Chr. Feldzüge nach Wales und Schottland unternahm,
sah er am Horizont des westlichen Meeres eine ferne Küste – Irland. Diese Hibernia genannte Insel war für die Römer keine
Terra incognita, denn sie hatten im Laufe der Zeit einiges über sie erfahren. Nach dem Bericht des Tacitus erstreckte sie
sich zwischen Britannien und Hispanien (Spanien) in einer Ausdehnung, die geringer als die der britischen Hauptinsel war.
Allerdings sei sie größer als die Eilande des Mittelmeeres und läge verkehrsgünstig für den Seehandel. Folglich seien auch
ihre Häfen und Zufahrten den römischen Kaufleuten gut bekannt. In der Natur des Landes und der Art ihrer Bewohner sei sie
Britannien sehr ähnlich. Auch hier herrschten zahlreiche Häuptlinge, die sich gegenseitig bekriegten und um Macht und Einfluss
kämpften. Ein von Rivalen vertriebener Stammesfürst suchte sogar den Statthalter Roms auf und versuchte ihn möglicherweise
zu einer militärischen Intervention zu überreden. Agricola erhielt auf diesem Weg viele Informationen über Irland, von dem
er angeblich glaubte, es mit einer Legion und einigen Hilfstruppen erobern zu können. Doch dazu kam es nicht, weil der Römer
aus Britannien abberufen wurde und die Kaiser in Rom genug mit der anderweitigen Sicherung ihres Riesenreiches zu tun hatten.
So blieb Irland sich selbst überlassen und wurde niemals Teil des Imperium |138| Romanum. Völlig isoliert war die Insel am Rande Europas trotzdem nicht. Zwischen Iren, Britanniern und Römern bestanden etliche
Kontakte sowohl kriegerischer als auch friedlicher Natur. Vor allem durch den Handel übernahmen die Iren vielerlei Einflüsse;
nach dem Vorbild des lateinischen Alphabets entwickelten sie zum Beispiel eine eigene Schrift, das Ogam. Aber im Großen und
Ganzen lebte man länger als ein Jahrtausend, ohne sich fremder Invasoren erwehren zu müssen.
Die in der einheimischen Sprache Ériu genannte Insel konnte auf eine lange Geschichte zurückblicken, als sie wahrscheinlich
im Laufe des 4. Jahrhunderts vor Chr. keltisiert wurde. Wie in Britannien ist auch hier ungewiss, auf welche Weise die Iren
zu Kelten wurden – durch Einwanderung oder durch Übernahme der keltischen Kultur und Sprache. Jedenfalls blieben sie von fremden
Eroberern bis ins frühe Mittelalter verschont, als die skandinavischen Wikinger ihre Küsten angriffen.
Dies hatte Konsequenzen, die Irland heute zum keltischen Land schlechthin machen. Denn während die Gallier und die anderen
Stämme des Kontinents |139| romanisiert wurden und auch die Zahl der freien Kelten in Britannien zusammenschrumpfte, bewahrten sich die Iren ihre Selbstständigkeit.
Fernab der welthistorischen Ereignisse wie Caesars Gallienkrieg lebten sie in den Traditionen der La Tène-Zeit, denen sie
ein eigenes Gepräge gaben. Seit dem frühen Mittelalter schrieben
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