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Die Welt der Kelten

Die Welt der Kelten

Titel: Die Welt der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf Krause
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zahlten auch nicht wie die Übrigen Steuern. Sie leisteten keinen Kriegsdienst und seien auf jedem Gebiet von der
     Abgabepflicht ausgenommen. Diese großen Vergünstigungen veranlassten viele, sich aus freien Stücken in ihre Lehre einweihen
     zu lassen, oder ihre Eltern und Verwandten schickten sie zu den Druiden, wo sie, wie es hieß, eine große Zahl von Versen auswendig
     lernten. Daher blieben einige zwanzig Jahre lang im Unterricht. Sie hielten es für Frevel, die Verse aufzuschreiben, während
     sie in fast allen übrigen Dingen im öffentlichen und privaten Bereich die griechische Schrift benutzten. Das hätten sie aus
     zwei Gründen so geregelt: Einmal wollten sie nicht, dass ihre Lehre allgemein bekannt werde, zum andern wollten sie verhindern,
     dass die Lernenden sich auf das Geschriebene verließen und ihr Gedächtnis weniger übten. Denn in der Regel geschehe es, dass
     die meisten im Vertrauen auf Geschriebenes in der Genauigkeit beim Auswendiglernen und in ihrer Gedächtnisleistung nachließen.
    |169| Aus diesen Worten spricht der pragmatische Römer Caesar, der als Hauptgrund für die Druidenlaufbahn die Freistellung von Kriegsdienst
     und Abgaben sieht. Wer sich jedoch für die Priesterkaste entschied, der wählte den Weg einer langen und mühsamen Lehre, die
     zu einem Amt voll Macht und Verantwortung führte. Außerdem ist fraglich, ob die Druiden wirklich derart »pazifistisch« auftraten;
     Caesar selbst berichtet von Streitigkeiten im Karnutenhain, die auch mit Waffen ausgetragen wurden.
    Nachvollziehbarer sind seine Vermutungen über die druidische Ablehnung der Schrift. Das nur von Mund zu Mund mitgeteilte Wissen
     blieb tatsächlich den Eingeweihten vorbehalten – die Weitergabe an andere wurde wahrscheinlich streng bestraft. Dass Wissen
     Macht ist, wussten ohne Zweifel auch die Druiden, die beides sorgsam hüteten. Darum verließen sie mit ihren Schülern die Stammesgemeinschaft
     und zogen sich in die Wildnis von Höhlen und entlegenen Wäldern zurück. Für weiter gehende Studien ging mancher sogar nach
     Britannien, woher nach Caesars Angaben die Druidenlehre angeblich stammte. Dass außerdem die fehlende Möglichkeit schriftlicher
     Notizen die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses stärkt, ist eine noch heute geltende Weisheit.
    Aber die Ursachen für das regelrechte Schriftverbot der Druiden scheinen noch tiefer gelegen zu haben und zu den Quellen keltischer
     Religion und Kultur zu führen. Caesars Informationen und archäologische Funde machen deutlich, über welche Schriftkenntnisse
     zumindest die Gallier verfügten. So entdeckte man an der unteren Rhône Fundstücke aus dem 3. Jahrhundert vor Chr., auf die
     man offensichtlich gallische Wörter mit griechischen Buchstaben geschrieben hatte. Und über 100 Jahre später versahen auch
     nördlichere Kelten ihre Münzen mit den verschriftlichten Namen von Häuptlingen und Stämmen, die man beispielsweise in Alesia
     und Bibracte fand. Dort schrieben die Kaufleute und Stammesbeamten Verträge, Rechnungen und Einwohnerlisten in den Schriften
     der Mittelmeerkulturen nieder, die man teilweise schon seit dem 6. Jahrhundert vor Chr. kannte – etwa aus dem griechischen
     Massalia. Demnach hatten die Kelten ein halbes Jahrtausend intensive Kontakte mit Schriftkulturen, ohne dass sie deren Alphabete
     in allen Lebensbereichen übernahmen oder ein eigenes Schriftsystem erfanden. Diese Tatsache verwundert umso mehr, wenn man
     sich die gleichzeitigen Entwicklungen und Schöpfungen in der Metallverarbeitung, im Kunsthandwerk oder beim Aufkommen der
     stadtähnlichen Oppida vor Augen führt. Dagegen genügten den weitaus weniger entwickelten Germanen einige Jahrzehnte, um nach
     dem Vorbild italischer Alphabete die Runenschrift zu erfinden.
    Die Kelten verzichteten augenscheinlich von Anfang an auf die Verwendung einer Schrift für religiöse und poetische Bereiche,
     bis schließlich die Druiden strenge Hüter dieses Verbots wurden. Über dessen Begründung |170| kann nur gemutmaßt werden: Möglicherweise hatte man durchaus ein System von Zeichen in Gebrauch, das seinen bis heute faszinierenden
     und rätselhaften Ausdruck in der La Tène-Kunst fand. Sie verwendet bevorzugt irreal anmutende Motive von Pflanzen-, Menschen-,
     Tier- und Dämonendarstellungen, deren Übergänge fließend sind und sich auf die reiche mythische Glaubenswelt beziehen, von
     der keine schriftlichen Nachrichten überliefert wurden. Nach dem keltischen Glauben

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