Die Welt in mir (German Edition)
Fuß ruhte lässig auf seinem linken
Knie. Er lächelte spöttisch, und ich schluckte und dachte nur, wie gut er aussah.
„So kann ich mich auch mit dir
in der Öffentlichkeit zeigen“, er stand geschmeidig auf und machte sich auf den
Weg zur Tür.
Mir blieb bei seiner
Unverfrorenheit nur der Mund offen stehen. Sich mit mir blicken lassen? Niemand
zwang ihn dazu.
Ich rauschte an ihm vorbei und verließ
meine Wohnung.
Als ich auf der Straße stand,
holte er mich ein. „Los einsteigen. Ich hab keinen Bock zu laufen.“
Ich erkannte seinen
Geländewagen, mit dem er mich vor ein paar Tagen von der Arbeit abgeholt hatte.
All dies kam mir vor, als sei es ewig her. Dazwischen war so viel passiert. „Ich
bin nicht dein Schoßhund, also kommandiere mich gefälligst nicht so rum!“, knurrte
ich in der Hoffnung, meinen Standpunkt klarzumachen.
Aber wieder einmal war Alex
eher amüsiert, als sauer. „Sehe ich aus, als könnte ich einen Schoßhund
gebrauchen?“
Als er mich mit hochgezogenen
Augenbrauen musterte, musste ich lächeln. Die Vorstellung von Alex mit einem
Pudel auf dem Schoß war wirklich komisch.
Die kurze Fahrt zur Arbeit verbrachten
wir schweigend. Ab und an fluchte er über die anderen Autofahrer, aber richtete
das Wort nie an mich.
Ich fragte mich, was Josh wohl
machte und ob er Alex von unserem Näherkommen erzählt hatte. Er hatte Josh mit
keinem Wort erwähnt, aber ich wollte auch nicht fragen. Ich konnte nicht zu
erkennen geben, dass er mir fehlte und ich wissen wollte, wo er war, was er
machte und ob er an mich dachte. Dies waren alles Dinge, die ich Alex nicht auf
die Nase binden wollte.
Als sein Wagen vor dem
Bürogebäude hielt und ich ausstieg, verabschiedete Alex sich kurzangebunden und
machte klar, dass es er sein würde, der mich abholte. Josh würde ich offenbar
heute nicht wiedersehen.
Enttäuschung machte sich in mir
breit. Ich schleppte mich zu meinem Schreibtisch und fing niedergeschlagen an
zu arbeiten. Ich konnte mich noch nicht einmal an meinem Kampfgeist und Zorn
festkrallen, den Alex hervorgerufen hatte. Zu sehr spürte ich den Verlust von
Josh.
Die Arbeit lenkte mich immerhin
etwas ab. Aber ich war unkonzentriert und niedergeschlagen. Die anderen
Kollegen und mein Chef ließen mich in Ruhe, wofür ich dankbar war. Der Tag
plätscherte so vor sich hin. Als es endlich Zeit für den Feierabend war,
schleppte ich mich aus dem Bürogebäude. Ich hatte in den vergangenen Stunden zu
viel Zeit gehabt, um in meiner Trauer aufzugehen. Auch wenn die Freunde darüber,
Alex wiederzusehen − ich freute mich auch über einen möglichen
Schlagabtausch − meinen Schmerz etwas dämpfte, war er dennoch präsent.
Während ich in Alex Wagen stieg,
der am Straßenrand parkte, hob sich meine Stimmung bei seinem Anblick etwas.
Diesmal sagte er kein Wort. Keine
einzige kleine Spitze gegen mich war aus seinem Mund zu hören. Vielleicht
respektierte er, dass es mir schlecht ging.
Aber je länger unser Schweigen anhielt,
desto mehr wünschte ich mir ein Gespräch. Immerhin lenkten mich unsere
Schlagabtausche vom Schmerz ab. Mir gelang es noch nicht einmal, den Einfluss
von Alex auf mich zu fühlen und über mich hinwegströmen zu lassen. Zu präsent war
mein Verlust. Nach der wortlosen Autofahrt hielt das Schweigen auch in meiner
Wohnung die ersten Minuten an.
Irgendwann brach Alex das
Schweigen. „Soll ich eigentlich verhungern oder bietest du mir als gute
Gastgeberin etwas zu essen an?“
Mein erster Impuls wäre
eigentlich, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil mich meine Manieren in
Sachen Gastgeben im Stich gelassen hatten, aber nach Alex’ Worten war ich
sofort auf 180. Was bildete er sich ein? Dass ich das Heimchen am Herd spielte
und er den Pascha, der darauf wartete, dass ich ihm ein Mahl servierte.
„Wenn du was essen willst, mach
dir selbst was!“
Ich war immer wieder
überrascht, welche Seiten er in mir zum Vorschein brachte. Ohne Alex in meiner
Nähe wäre mir so etwas Unverschämtes niemals über die Lippen gekommen. Aber es
fühlte sich gut an. Und ich legte in meine Worte nicht nur meine Wut darüber,
dass er so mit mir redete hinein, sondern auch meinen Zorn über Josh.
Auch wenn der Schmerz groß war,
war ich auch wütend. Er hatte mich einfach verlassen. Kein Wort der
Entschuldigung, keine Erklärung, was zwischen uns war oder gewesen war oder
wohin er verschwunden war. Nichts! Nicht einmal eine SMS. Den Drang, ihm zu
schreiben, hatte ich den ganzen Tag
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