Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)
nur
eines
Arztbesuches. Du bist 80 , gehst zum Arzt und sagst: »Ich bin 80 und will wie 30 aussehen.« Und der Arzt lügt dich an und sagt: »Wie bitte, Sie sind 80 ? Ich hab Sie auf 40 geschätzt. Aber warum wollen Sie aussehen wie 30 ? Bei Ihnen krieg ich locker die 25 hin!« Danach geht man nach Hause. Das Gesicht sieht aus wie das einer Fünfzigjährigen, die auf 25 getrimmt wurde und in Wahrheit 102 ist. Dazu gibt es noch das »Full Body Beauty Program«.
Full Metal Jacket
für das menschliche Gewebe. Eine Vollrenovierung des ganzen Körpers. In Miami Beach ist jede Frau irgendwo geliftet. Deutsche Touristen denken immer, die geilen Frauen, die da am Strand von Miami Beach rumhängen, sind alle irgendwie so um die 20 . Alle. Als ob in Florida nur solche Megaschicksen rumlaufen würden, als ob alle Amerikanerinnen ab 25 den Strand zu verlassen haben, um sich im Landesinneren anzusiedeln. (Zum Beispiel in Texas, um den eigenen Bruder zu heiraten.) Aber das stimmt nicht. Die Damen am Beach von Miami Beach sind mindestens 75 , und einige sind schon seit 80 Jahren keine 25 mehr.
Alt sein ist in den USA völlig okay.
Alt aussehen eher nicht.
Hier in Deutschland ist alles anders. Nicht schöner, aber ehrlicher. Wenn eine Achtzigjährige zum Arzt geht und über ihr Alter lamentiert, dann rät ihr der Doktor nicht zur Schönheits- OP , nein, er schenkt ihr reinen Wein ein. Einen Wein, der lange, sehr lange gelagert wurde.
»Herr Doktor, ich weiß nicht, warum, aber ich fühle mich so alt.«
»Ja, Frau Schmidt, und dafür gibt es einen Grund: Sie
sind
alt, und das sogar schon seit einiger Zeit!«
»Das habe ich befürchtet, Herr Doktor. Aber kann man da nichts machen?«
»Hm … haben Sie schon mal über Sterbehilfe nachgedacht …?«
Das ist ehrlich. So ehrlich wie der dämliche Kameraverkäufer beim Anblick meines »Double-Chin-Beauty-Shots«. Meine Frau hat übrigens nichts gekauft. Nur doof im Laden rumgeknipst. Mein Doppelkinn ist jetzt auf mindestens 100 Kameras gespeichert. Es wird vielen Menschen ein paar heitere Momente bescheren.
Ich sollte ein Honorar verlangen.
Alter und Altern!
»John! Jo-hon!«
Es war früher Samstagmorgen, so gegen zehn Uhr, als ich durch einen grellen Schrei aus meinen Träumen gerissen wurde. Wenige Sekunden zuvor war ich noch Hauptdarsteller in einer Folge »Verdachtsfälle« auf RTL : Gerade hatte mir meine Frau, die nicht wie meine Frau aussah, sondern wie eine Mischung aus Blumenkübel und Vorjahresmandarine, gebeichtet, dass der Vaterschaftstest negativ ausgefallen war. Daraufhin schrie mir mein Sohn (Asi-Kappe, schwer solariumgeschädigt, tiefstes Kölsch) entgegen: »Ey, escht negatief? Dann bist du ja gar nisch mein Vataa, oda?« Und gerade als ich antworten wollte: »Und du nicht mein Sohn, Sohn!«, da wurde ich durch ein 120 -Dezibel lautes » JOO - OHO - ON !« aus meiner heilen Unterschichten- TV -Welt gerissen.
»John, du hast heute deinen Quentin-Tag, steh bitte auf!«
»Ist der Pubertierende schon wa…?«
Bevor ich den Satz ganz zu Ende sprechen konnte, tauchte das Gesicht des jungen Mannes, der seit beinahe 16 Jahren bei uns wohnt, im Türrahmen auf.
»Steh auf, alter Mann. Es ist zehn Uhr durch.«
An das mit dem »alten Mann« werde ich mich wohl nie gewöhnen. Früher sagte er »Alter« zu mir. Das hab ich ihm nach kurzfristigem Taschengeldentzug verziehen. »Alter« ist halt Jugendsprache, aber »alter Mann« ist was anderes. Alter Mann ist alter Mann. Er könnte auch »alter Sack« sagen, aber dafür hat ihn meine Frau zu gut erzogen. Was nichts daran ändert, dass er mich für einen hält. Also für einen alten Sack. Und er ist damit nicht der Einzige.
Andere denken das auch.
Viele andere.
Auf jeden Fall wollte ich mit diesem jungen Mann aus unserer Wohnung einen schönen Samstag verbringen. Einen »Vater-und-Sohn-Tag«. Erst ein bisschen Shopping in der Stadt, dann ein bisschen Fußball gucken beziehungsweise das, was der 1 . FC Köln für Fußballspielen hält, und dann ein bisschen was essen. Okay, ein bisschen
viel
»was essen«.
Nun stand der Pubertierende vor mir und kostete seinen Triumph aus. Den Triumph, dass er bereits gewaschen und angezogen war und ich nicht. Normalerweise ist der Ablauf ein anderer: Er liegt im Bett, und ich versuche ihn rauszukriegen.
8 : 00 Uhr: Er pennt.
8 : 30 Uhr: Er pennt immer noch.
9 : 00 Uhr: Ich frage mich: Ist er krank? Oder im Koma? Oder vielleicht schon tot?
11 : 00 Uhr: Er schnarcht. Er
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