Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)

lieber nicht. Mein Schaf ist in der Wäsche.

Dr. House!
    Warum habe ich nicht Dr. Gregory House als »House-Arzt«?
    Ich will auch einen Mediziner, der seine Patienten durchweg beleidigt und dann kurz vor der Einäscherung durch einen genialen Einfall rettet. Der sich zwischendurch mit Drogen vollpumpt, dabei seine Mitarbeiter mobbt, die Klinikchefin poppt und sich in schummrigen Bars mit Betrunkenen kloppt.
    So einen Arzt will ich haben.
    Ja, ich will Dr. Gregory House.

    Gregory ist immer ehrlich. Ehrlich und fies. In einer Folge sagt er zu einer Patientin mit Syphilis-Symptomen: »Sie müssen mich nicht anlügen. Wir sind nicht verheiratet.« Erst ist auch diese Patientin beleidigt, aber dann packt sie aus und erzählt, dass sie eigentlich ein Drogenproblem hat und ohne das Wissen ihres Mannes auf den Strich gegangen ist, um ihren Drogenkonsum zu finanzieren. Und Dr. Gregory House weiß nun, wie er die Patientin behandeln muss.
    So was gibt es in deutschen Arztserien nicht. Nehmen wir den »Bergdoktor«. Niemals würde in seiner Praxis eine Skilehrerin mit einem vergleichbaren Problem auftauchen und sagen: »Lieber Herr Doktor, Sie müssen mir helfen. Ich habe da so komischen Ausfluss, es könnte sein, dass es von meiner Nebentätigkeit als Alm-Prostituierte kommt. Aber bitte, verraten Sie meinem Mann nichts!«
    Nein! Wenn beim Bergdoktor eine Skilehrerin auftaucht, dann hat sie einen Bänderriss und fürchtet um ihr berufliches Weiterkommen. Der Bergdoktor muss nie lange rätseln, worunter seine Patienten leiden. Deshalb hat er auch die Zeit, um sich um viele andere Dinge zu kümmern, wie um Partnerschaften, Grundstücksangelegenheiten, Nachbarschaftsstreit et cetera.

    Wie der Bergdoktor sind auch viele meiner vielen Ärzte. Sie sind wie die Ärzte, die wir aus biederen deutschen Arztserien kennen: Sie sehen gut aus, sind höflich, ordentlich und nehmen keine Drogen. Schön. Leider sind sie aber auch nicht in der Lage, meine
fucking
Rückenprobleme in den Griff zu bekommen. Manchmal denke ich, wenn man nicht aus allen Poren blutet, wenn nicht der Eiter aus den Wunden schießt und nicht mindestens ein Knochen aus der Haut rausragt, wo er nicht rausragen sollte, sind die Ärzte völlig überfordert. Sie haben nicht den blassesten Schimmer, an was der Patient leidet. Und dann sagen sie – wenn sie einen nicht mehr durch irgendeine Röhre schieben können, weil man schon durch 20 verschiedene Röhren geschoben wurde: »Herr Doyle, ich frage mich, ob Ihrer Krankheit nicht eine psychosomatische Ursache zugrunde liegt.«
    Dr. Gregory House sagt so etwas nie. Er sagt nie: »Maybe you’re just fucking crazy«, denn Dr. House weiß, dass alle Menschen irgendwie schon »fucking crazy« sind, und trotzdem haben sie verschiedene Krankheiten. Bei meinen Ärzten ist »psychosomatisch« oft gleichbedeutend mit: »Ich hab zwar keine Ahnung, was es ist, aber psychosomatisch ist es bestimmt.«
    Dr. House würde dann sagen: »Mr. Doyle, you fucking bitch! Erstens: Sie sind zu fett! Aber das wissen Sie ja schon, weil Sie zwar altersweitsichtig, aber nicht blind und blöd sind. Zweitens: Sie sind seit 20 Jahren Mitglied in einem Fitnessstudio, sind aber bisher nur dreimal hingegangen!« Und dann hätte Gregory mir den Tipp gegeben: »Mr. Doyle, get off your fucking ass and go to the gym!«
    Meine deutschen Ärzte würden nie so etwas zu mir sagen. Sie haben Angst, dass zu viel Ehrlichkeit dazu führen könnte, dass ich den Arzt wechsele, und das wiederum würde den Unterhalt ihres Fuhrparks gefährden.
    LIEBE ÄRZTE ,
    ich brauche keinen Arzt, der mir einen Kaffee Latte, einen Cappuccino mit Keksen serviert oder mir seine Handynummer für mögliche Notfälle am Wochenende andreht. Ich brauche einen Arzt, der ehrlich mit mir ist, der mich beleidigt, wenn es sein muss – der also wie meine Frau ist, nur mit Doktortitel. Ein Arzt, der mir sagt: »Herr Doyle, wenn Sie Ihre Rückenschmerzen konsequent bekämpfen wollen, hören Sie auf zu meckern, fressen Sie weniger und treiben Sie Sport. Und wenn Sie das nicht können, dann saufen Sie wenigstens richtig. Von mir aus, bis Sie umfallen.«
    Ich wüsste nicht, wofür ich mich entscheiden würde.
    Aber immerhin: Ich hätte eine Wahl.

Ärzte – Halbgötter im 911 er
    Manchmal, aber wirklich nur manchmal und in Ausnahmen – also irgendwie immer – hab ich das Gefühl, dass Ärzte ihren Kumpels, die zufälligerweise auch Ärzte sind, ständig Arbeit zuschieben. Nach dem Motto: »Der