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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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müssen, brauchen mehr Arbeiter mehr Kalorien, was eine erhöhte Nahrungsproduktion nach sich zieht, erläutert Demarest. Folglich nimmt die Bevölkerung zu, weil man mehr Nahrungsproduzenten braucht. Häufig ließ der Krieg auch die Bevölkerung anwachsen – so in den Reichen der Azteken, Inkas und Chinesen –, weil die Herrscher Kanonenfutter brauchten.
    Die Risiken wachsen, der Handel wird gestört und die Bevölkerung konzentriert sich auf engerem Raum – fatal in einem Regenwald. Das Interesse an langsam heranreifenden Ernten, die aber die Vielfalt erhalten, nimmt ab. Flüchtlinge, die hinter Schutzwällen leben, können nur unmittelbar benachbarte Felder bestellen, was zur ökologischen Katastrophe führen muss. Ihr Vertrauen in Herrscher, die einst allwissend schienen, nun aber offenbar von egoistischen, kurzfristigen Zielen besessen sind, nimmt mit der Lebensqualität ab. Die Menschen verlieren den Glauben. Sie verlassen die Zentren.
    Eine Ruine am nahe gelegenen See Petexbatún, auf der Halbinsel Punta de Chimino, erwies sich als die Festungsstadt des letzten k'uhul ajaw von Dos Pilas. Die Halbinsel war vom Festland durch drei Gräben abgetrennt, von denen einer so tief in den Felsboden gehauen war, dass für seinen Bau etwa dreimal so viel Energie aufgewandt werden musste wie für die Errichtung der Stadt selbst. »Das ist etwa so«, meint Demarest, »als würde ein Land 75 Prozent des Staatshaushaltes für Verteidigungsausgaben aufwenden.«
    Es war eine verzweifelte Gesellschaft, die die Kontrolle verloren hatte. Die Speerspitzen, welche die Archäologen in den Festungswällen entdeckten – auch an der Innenseite –, dokumentieren, welches Schicksal den Menschen widerfuhr, die in Punta de Chimino eingeschlossen waren. Ihre Bauwerke waren bald vom Wald verschlungen: In einer Welt, in der es keine Menschen mehr gibt, verschmelzen alle unsere Versuche, eigene Berge zu erschaffen, schon bald wieder mit der Erde.
    »Wenn man Gesellschaften studiert, die einmal so selbstbewusst wie die unsere waren, dann zerfielen und schließlich vom Dschungel verschlungen wurden«, sagt Arthur Demarest, »erkennt man, wie außerordentlich empfindlich das Gleichgewicht zwischen Umwelt und Gesellschaft ist. Wenn es durch irgendein Ereignis gestört wird, kann alles zusammenbrechen.«
    Er bückt sich und hebt eine Scherbe von dem feuchten Boden auf. »Zweitausend Jahre später bemüht sich dann jemand herauszufinden, was schiefging.«
     
    Metamorphose
     
    Aus einer Holzkiste auf dem Fußboden seines Büros im National Museum of Natural History der Smithsonian Institution holt Doug Erwin, Paläobiologe und Kurator, einen 20 Zentimeter großen Kalksteinblock hervor, den er in einer Phosphatmine südlich des chinesischen Jangtseflusses gefunden hat. Er zeigt die schwärzliche untere Hälfte voller Fossilien: Einzeller, Plankton, Weichtiere mit einer Schale, mit zwei Schalen, Kopffüßler und Korallen. »Hier tummelte sich das Leben noch.« Er zeigt auf eine weißliche Aschelinie, die diese untere von der stumpfgrauen oberen Hälfte trennt. »Und hier war es so gut wie vorbei.« Er zuckt mit den Achseln.
    Zwanzig Jahre lang untersuchten Dutzende chinesischer Paläontologen solche Steine, bis sie erkannten, dass die schwache weiße Linie das Massenaussterben im Perm bedeutet. Durch die Analyse der in dieser Schicht als winzige glasige und metallische Kügelchen eingeschlossenen Zirkonkristalle datierten Erwin und der Geologe Sam Bowring vom Massachusetts Institute of Technology die Linie auf ein Alter von exakt 252 Millionen Jahren. Der schwarze Kalkstein in der unteren Hälfte ist ein Schnappschuss des vielfältigen Lebens im Küstenbereich des riesigen Urkontinents: der Bäume, der Insekten, der Amphibien und der ersten fleischfressenden Reptilien.
    »Dann wurden 95 Prozent des irdischen Lebens ausgelöscht«, sagt Erwin. »Eigentlich war das eine sehr gute Idee.«
    Während er so leichthin über das Ereignis spricht, das der vollkommenen Vernichtung des Lebens auf der Erde so nahe kam wie nie zuvor und danach, lächelt er nachdenklich. Jahrzehntelang forschte Doug Erwin in den Bergen von West-Texas, alten chinesischen Steinbrüchen und Schluchten in Namibia und Südafrika, um herauszufinden, was im Einzelnen passiert ist. Genau weiß er es noch immer nicht. Ein Vulkanausbruch durch riesige Kohlevorkommen in Sibirien, damals Teil des Urkontinents Pangäa, der eine Million Jahre andauerte, überflutete das Land mit einer so

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