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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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Project dem künftigen Wald von Manhattan ähnelt, hängt vom Ausgang eines Kampfes um den nordamerikanischen Boden ab, eines Kampfes, der den Menschen lange überdauern wird, obwohl dieser ihn doch angezettelt hat. Das Herbarium des Botanischen Gartens enthält auch eines der ersten amerikanischen Exemplare eines unscheinbar wirkenden Lavendelstrauchs. Die Samen des Blutweiderichs, der in den Flussmündungen der Nordsee von Großbritannien bis Finnland heimisch ist, kamen wahrscheinlich in dem feuchten Sand aus europäischen Wattflächen nach Amerika, den Handelsschiffe als Ballast für die Atlantiküberquerung verwendeten. Als sich der Handel mit den Kolonien verstärkte, siedelte sich so – wenn die Schiffe ihren Ballast abwarfen, um für ihre Ladungen Platz zu schaffen – immer mehr Blutweiderich an den Küsten Amerikas an. Einmal heimisch geworden, wanderte er die Bäche und Flüsse stromauf, wann immer seine Samen sich in schlammigen Federn oder Pelzen festsetzten. In den Feuchtgebieten des Hudson River verwandelten sich die Bestände von Rohrkolben, Weiden und Glanzgras, die Wasservögeln und Bisamratten Nahrung und Schutz gewährten, in dichte purpurne Weiderichwände, die für die dort lebenden Tiere undurchdringlich waren. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts breitet sich in Alaska der Blutweiderich so rapide aus, dass Ökologen befürchten, er werde ganze Sümpfe in Besitz nehmen und Enten, Gänse, Seeschwalben und Schwäne vertreiben.
     
    Noch bevor Shakespeare Garden angelegt wurde, pflanzten Olmstead und Vaux, die Architekten des Central Park, auf die halbe Million Tonnen Erde, mit der sie das Gelände aufgefüllt hatten, 500000 Bäume, um ihre Vorstellung von einer veredelten Natur zu verwirklichen: exotische Gewächse wie Eisenholz aus Persien, Katsura-Bäume aus Asien, Libanonzedern, Blauglocken- und Ginkgobäume aus China. Sobald die Menschen das Feld geräumt haben, dürften die heimischen Pflanzen, die heute mit einem gewaltigen Kontingent an fremden Arten konkurrieren müssen, eine ganze Reihe von Heimvorteilen genießen.
    Viele ausländische Zierpflanzen – gefüllte Rosen zum Beispiel – werden mit der Zivilisation, die sie importierte, vergehen, weil sie sterile Hybride sind, die durch Okulieren vermehrt werden müssen. Wenn die Gärtner, die sie klonen, verschwunden sind, ist auch ihre Zeit zu Ende. Bleibt eine verhätschelte Kolonialpflanze wie der Efeu sich selbst überlassen, muss er seinen robusten amerikanischen Vettern, dem Wilden Wein und dem Giftefeu, weichen.
    Wieder andere sind echte Mutationen, die durch extreme Zuchtwahl entstanden sind. Wenn sie überhaupt überleben, dann nicht in ihrer jetzigen Form. Ohne gärtnerische Pflege werden Obstsorten wie Äpfel – ein Import aus Russland und Kasachstan – einer natürlichen Selektion nach Widerstandskraft, nicht nach Erscheinungsbild oder Geschmack unterzogen, sodass sie holzig werden. Von einigen wenigen Überlebenden abgesehen, werden ungespritzte Apfelplantagen wieder von den einheimischen Laubbäumen in Besitz genommen, wenn sie ihren heimischen Schädlingen, den Larven der Apfelfruchtfliege und Miniermotten, erst einmal schutzlos ausgeliefert sind. Eingeführtes Gartengemüse kehrt wieder zu seinen bescheidenen Anfängen zurück. Die Gartenmöhre, die eigentlich asiatischen Ursprungs ist, wird sich rasch wieder zur ungenießbaren Wilden Möhre zurückentwickeln, sobald Tiere die letzten der von uns gepflanzten orangeroten Wurzelknollen verspeist haben, erklärt Dennis Stevenson vom Botanischen Garten. Brokkoli, Weißkohl, Rosenkohl und Blumenkohl nehmen wieder die ungenießbare Gestalt ihres gemeinsamen Vorfahren an. Nach einiger Zeit sind auch die Nachkommen jenes Mais, den einst Dominikanermönche auf den Washington Heights aussäten, zu ihren genetischen Ursprüngen zurückgekehrt und gleichen dem mexikanischen teosinte, dessen Kolben kaum größer als Weizenähren sind.
    Die andere Invasion, die unsere einheimischen Pflanzen in Bedrängnis gebracht hat, die von Schwermetallen wie Blei, Quecksilber und Kadmium, wird sich nicht so leicht aus dem Boden waschen lassen, weil es sich im wahrsten Sinne des Wortes um schwere Moleküle handelt. Wenn die Autos für immer zum Stehen gekommen, wenn die Lichter in den Fabriken ein für allemal ausgegangen sind, werden keine Schadstoffe mehr in den Boden gelangen. Allerdings wird die Korrosion noch ungefähr hundert Jahre lang immer wieder die Zeitbomben zünden, die wir in Öltanks,

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