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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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werden lassen. In den Gletschern war so viel Waser gefroren, dass der Meeresspiegel gut 90 Meter tiefer lag als heute.
    Damals gelangten andere Menschen, die sich über Asien ausgebreitet hatten, bis an die äußerste Spitze Sibiriens. Da die Beringsee fast trockengefallen war, verband eine Landbrücke von gut 1500 Kilometern Breite Asien mit Alaska. Zehntausend Jahre hatte sie unter 800 Metern Eis gelegen. Doch jetzt war dieser Gletscher weit genug zurückgewichen, um einen eisfreien Korridor zu öffnen, der an manchen Stellen 50 Kilometer breit war. Hier konnten sich die Menschen ihren Weg vorbei an Schmelzwasserseen suchen und so die Landbrücke überqueren.
    Chambura Gorge und Gombe Stream sind alles, was von dem Wald geblieben ist, dem wir unsere Entstehung verdanken. In diesem Fall ist die Zerstückelung des afrikanischen Ökosystems nicht irgendwelchen fernen Gletschern zuzuschreiben, sondern unser eigenes Werk, dank unserem letzten evolutionären Sprung, der uns selbst zu einer Naturkraft macht, so machtvoll wie Vulkane und Eisschilde. In diesen Waldinseln inmitten eines Meeres aus Feldern und Ansiedlungen kämpfen die letzten Nachkommen jenes anderen Sprosses von Panprior um ihr Leben – wie einst wir, als wir die Bäume verließen, um zunächst auf dem Waldboden, später in der Savanne und zuletzt in Städten zu leben. Nördlich des Kongo-Flusses leben Gorillas und Schimpansen, südlich davon Bonobos. Die größte genetische Ähnlichkeit weisen wir mit den beiden letztgenannten Arten auf; Louis Leakey schickte Jane Goodall zur Forschung ins Gombe-Reservat, weil die Knochen und Schädel, die er und seine Frau gefunden hatten, darauf schließen ließen, dass unser gemeinsamer Vorfahr in Aussehen und Verhalten große Ähnlichkeit mit dem Schimpansen gehabt hat.
    Gleichgültig weshalb unsere Ahnen Afrika verlassen haben, diese Tatsache löste eine beispiellose evolutionäre Ereigniskette aus, die unterschiedlich bewertet wird – mal als die erfolgreichste, mal als die zerstörerischste, die unser Planet je erlebt hat. Doch angenommen, wir wären geblieben – oder die Vorfahren der heutigen Löwen und Hyänen hätten, als wir uns in die ungeschützte Savanne hinauswagten, kurzen Prozess mit uns gemacht. Wodurch, wenn überhaupt, hätte uns die Evolution ersetzt?
    Wenn man einem wild lebenden Schimpansen in die Augen blickt, bekommt man eine Ahnung davon, wie wir die Welt sähen, wären wir im Wald geblieben. Ihre Gedanken mögen uns verschlossen sein, aber an ihrer Intelligenz gibt es keinen Zweifel. Ein Schimpanse in seinem natürlichen Lebensraum, der uns gelassen von seinem Ast in einem Mobola-Pflaumenbaum betrachtet, lässt auch nicht den Anflug eines Unterlegenheitsgefühls in Gegenwart des stärkeren Primaten erkennen. Hollywoodfilme vermitteln einen falschen Eindruck, weil die dressierten Schimpansen darin alle jugendlich und dementsprechend niedlich sind. Doch sie wachsen noch ein gutes Stück weiter und werden bis zu 55 Kilogramm schwer. Bei einem Menschen gleichen Gewichts wären davon fast 20 Kilo Fett. Ein wild lebender Schimpanse, dessen Dasein aus fortwährender körperlicher Ertüchtigung besteht, hat vielleicht anderthalb bis zwei Kilo Fett. Alles Übrige ist Muskulatur.
    Dr. Michael Wilson, Direktor der Feldforschungsabteilung im Gombe-Stream-Reservat, verbürgt sich für ihre Kraft. Er hat beobachtet, wie sie Rote Stummelaffen zerrissen und verspeisten. Schimpansen sind hervorragende Jäger, die in rund 80 Prozent der Fälle Erfolg haben. »Bei Löwen liegt die Quote nur bei zehn bis fünf Prozent. Schimpansen sind ziemlich clever.«
    Aber nicht nur das. Wilson berichtet auch, dass sie sich auf das Territorium benachbarter Schimpansengruppen schlichen, ahnungslose Männchen überfielen, die sich von der Gruppe entfernt hatten, und sie zu Tode prügelten. Nach und nach nahmen sie sich so Männchen für Männchen vor, bis das Territorium und die Weibchen ihnen gehörten. Sogar offene Feldschlachten zwischen Schimpansen und blutige Auseinandersetzungen innerhalb einer Gruppe um die Position des Alpha-Männchens konnte Wilson beobachten. Die unvermeidlichen Vergleiche mit menschlichen Aggressionen und Machtkämpfen wurden zu seinem Spezialgebiet.
    Zu den Rätseln dieses Forschungsfeldes gehört die Frage, warum die Bonobos, kleiner und schlanker als Schimpansen, aber im gleichen Verwandtschaftsgrad zu uns, überhaupt nicht aggressiv zu sein scheinen. Zwar verteidigen sie ihr Territorium, tragen

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