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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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die letzte der elf Moa-Arten fast ausgestorben.
     
    Für Paul Martin liegt der Sachverhalt auf der Hand. »Große Tiere sind am einfachsten aufzuspüren. Sie zu erlegen brachte den Menschen die meiste Nahrung und die größte Anerkennung. «
    In einem Umkreis von 150 Kilometern um das Tumamoc Hill Laboratory, jenseits des bunten Häusermeers von Tucson, liegen drei der vierzehn Clovis-Fundstellen mit Knochen erlegter Großsäuger. Die ergiebigste von ihnen, Murray Springs, die mit Speerspitzen und Mammutknochen übersät ist, wurde von Vance Haynes und Peter Mehrenger entdeckt, zwei Studenten Martins. Die erodierten Sedimentschichten, so Haynes, ähnelten den »Seiten eines Buches, in dem die letzten 50000 Jahre Erdgeschichte aufgezeichnet wurden«. Diese Seiten enthalten die Nachrufe auf mehrere ausgestorbene nordamerikanische Arten: Mammut, Pferd, Kamel, Löwe, Riesenbison und der canis dirus, der »schreckliche Wolf«. Angrenzende Fundstellen fügen Tapir und zwei heute noch lebende Arten der Megafauna hinzu: Bär und Bison.
    Was die Frage aufwirft, warum sie überlebt haben, während die Menschen alle anderen abgeschlachtet haben. Warum gibt es in Nordamerika immer noch Grizzlys, Büffel, Moschusochsen, Elche, Karibus und Pumas, aber keine anderen Großsäuger?
    Eisbären, Karibus und Moschusochsen lebten in Regionen, in denen es stets relativ wenige Menschen gab – und in denen diese wenigen eine weit leichtere Beute in Form von Fischen und Robben fanden. Südlich der Tundra, wo die Bäume wieder anfangen, leben Bär und Puma – scheue, flinke Geschöpfe, die sich gut in Wäldern und zwischen Felsblöcken verstecken können. Andere Arten, wie auch der Homo sapiens, gelangten etwa zu der Zeit nach Nordamerika, als die Arten des Pleistozäns zugrunde gingen. Der heutige Bison ist genetisch enger mit Polens Wisenten verwandt als mit den ausgestorbenen Riesenbisons, die bei Murray Springs getötet wurden. Nach dem Aussterben des Riesenbisons nahm die Population des heutigen Präriebisons explosionsartig zu. Entsprechend wanderte der heutige Elch von Eurasien ein, nachdem der Amerikanische Elch ausgestorben war.
    Fleischfresser wie Säbelzahntiger dürften wohl mit ihren Beutetieren untergegangen sein. Einige frühere Vertreter des Pleistozäns – Tapire, Pekaris, Jaguare und Lamas – zogen sich weiter nach Süden zurück und suchten Zuflucht in den Wäldern Mexikos, Zentral- und Südamerikas. Mit dem Untergang der Zurückgebliebenen taten sich riesige ökologische Nischen auf, die besetzt werden konnten – was denn auch von Bison, Elch und all den anderen Arten besorgt wurde.
    Bei Grabungen in Murray Springs fand Vance Haynes Anhaltspunkte dafür, dass eine Dürreperiode die Säugetiere des Pleistozäns dazu gezwungen hatte, Wasser zu suchen – eine Häufung von Fußspuren um ein Schlammloch lässt offenkundig darauf schließen, dass hier Mammute versucht haben, einen Brunnen zu graben. Dort könnten sie leichte Beute für Jäger gewesen sein. In der Schicht unmittelbar darüber befindet sich eine Lage schwarzer versteinerter Schwarzalgen, abgestorben in einer Kältewelle, die von vielen Vertretern der Over-Chill-Theorie angeführt wird – nur dass sich die Mammutknochen ausnahmslos unter dieser Schicht und nicht in ihr finden, was nach paläontologischen Maßstäben ein untrüglicher Gegenbeweis ist.
    Es gibt noch einen weiteren Hinweis dafür, dass, hätte es die Menschen nie gegeben, die Nachkommen dieser abgeschlachteten Mammute wahrscheinlich heute noch leben würden: Als ihre großen Beutetiere ausstarben, verschwanden auch die Clovis-Menschen und ihre viel bewunderten Steinwerkzeuge. Da kein Wild mehr vorhanden war und das Klima kalt wurde, haben sie sich möglicherweise nach Süden gewandt. Doch in wenigen Jahren erwärmte sich das Holozän, woraufhin die Nachfolger der Clovis-Kultur auftraten, deren kleinere Speerspitzen für die kleineren Präriebisons bemessen waren. Zwischen diesen »Folsom-Menschen« und den verbleibenden Tieren pendelte sich eine Art Gleichgewicht ein.
    Hatten diese Amerikaner der nachfolgenden Generationen aus der Unersättlichkeit ihrer Vorfahren gelernt, welche die Pflanzenfresser des Pleistozäns getötet hatten, als wäre der Vorrat grenzenlos – bis er plötzlich erschöpft war? Vielleicht, obwohl weite Teile der Great Plains selbst ihre Existenz den Feuern verdanken, die diese Nachfahren, die amerikanischen Indianer, gelegt haben – einerseits, um etwa Rotwild in

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