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Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Titel: Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Kincaid
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verblieb dort, ein sensorischer Geist, der die Perimeter analysierte und sich wie hin und her schießende Neuronen in die Navigationsgeräte in den Autos der Besucher ein- und ausklinkte. Es lauerte in den summenden Wärmesensoren, die einen Blick gewährten auf den schnarchenden Sicherheitsbediensteten, der seine Füße auf den Schreibtisch gelegt hatte. Es beobachtete das Lebewesen und maß seine Körpertemperatur (37,0° C). Es war seltsam, den menschlichen Säuger zu betrachten mit seinem gewaltigen Gewirr an chemischen Prozessen und dem gleichmäßigen Pochen des Herzschlags (76 Schläge pro Minute) und dem …
    Menschlich.
    Das war richtig.
    Es war menschlich.
    Es war menschlich. Warum war es …Warum war er so verwirrt? Warum trieb er auf diese Weise dahin?
    Er. Er war es. Es war er. Wer »er« war, wusste er.
    Tom Raines. Tom. Tom. Tom.
    Tom klammerte sich an dieses plötzliche Gewahrwerden seiner selbst, wartete darauf, dass sich die Wirklichkeit wieder in eine reale Existenz verwandelte, die er begriff. Kurz erinnerte er sich zurück an Dinge, an Momente. Als er das Beruhigungsmittel geschluckt hatte. Benommen im OP gelegen hatte. Dass man ihm den Kopf rasiert und gewaschen und ihm gesagt hatte, dies sei ein »antiseptisches Verfahren, um eine Infektion zu vermeiden«. Heather, die gegen die Glasfront des Operationssaals geklopft hatte, um ihm zum Abschied zuzuwinken. Dass ihn ihr Anblick lächeln ließ, während sie ihm eine Maske vor dem Mund befestigten …
    Der Gedanke verband ihn mit seinem Körper, seinen sensorischen Rezeptoren, und einen erschreckenden Moment lang war er wie betäubt. Seine Hand zuckte auf dem Metalltisch, und er hörte eine Stimme im Inneren seines Trommelfells, nahm den stechenden Impuls in seiner neuralen Aktivität wahr.
    »… eingestellt auf den orbitofrontalen Kortex. Nimmt er uns wahr?«
    »Das ist nicht möglich«, sagte eine andere Stimme. »Diese Instrumente können defekt sein. Ich habe neue aus Denver angefordert. Erinnern Sie sich an das kleine Mädchen, an Lily?«
    Aber da war noch etwas anderes, etwas mit ihm – etwas, das nicht Tom war.
    0100010001111100101001010000101110110001100001001011111001010100 …
    Eine Zahl, die sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken schien. So anders als er selbst, so fremd, dass er ruckartig vor ihr zurückwich. Dann aber fühlte es sich an, als wäre er in einem Tsunami gefangen, denn eine große Welle schlug über ihm zusammen und fegte ihn zurück in dieses Meer aus Maschinen, die Signale miteinander austauschten …
    Ein Gefühl unermesslicher Weite drang auf ihn ein. In einem Gewirr unendlicher Komplexität brummte es überall um ihn, die Überwachungskamera in Rio, der Grand Canyon und die Filtrationsanlage am Stausee, vier Milliarden Navigationsgeräte in Autos und Hundertmilliarden von Textnachrichten, verstreuter Datenbits, pingender Computer und Spiele, die Signale austauschten, und Maschinen, die diese versandten aus dem All, von Satelliten und Sicherheitssystemen von einer Milliarde unterschiedlicher …
    »Aufhören! Aufhören!«, schrie Tom lautlos. Doch dieser Körper blieb stumm auf dem Tisch liegen, die Lippen verschlossen, die Muskeln wie Blei, die Hände kalt, der Kopf fröstelnd, weil er rasiert worden war. Sich dessen nicht bewusst schwatzten die Stimmen weiter, und dieser Computer in seinem Hirn sortierte alles logisch und ordentlich und fuhr immer weiter damit fort, neu zu strukturieren, ihn neu zu strukturieren … und dieser schreckliche Sog von Signalen drohte ihn in die Unendlichkeit mit fortzureißen …
    Dann öffnete Tom auf der Krankenstation die Augen. Er befand sich im Bereich 1C3 im Turm des Pentagons. Das wusste er, weil die rote Zahl einen Sekundenbruchteil unten rechts auf seiner Netzhaut zu sehen war, bevor sie wieder verschwand. Er starrte auf die über ihm hängenden Neonröhren, ein rundes, freundliches Gesicht schwebte über dem seinen.
    »Geht es Ihnen heute besser, Mr Raines?«
    Tom blinzelte, weil etwas Merkwürdiges geschah. Er sah das Gesicht des Mannes, aber er sah zugleich einen Text, der über seine Netzhaut scrollte.
    Name: Jason Chang
    Dienstgrad: Lieutenant, Pflegewissenschaftler
    Einheit: Luftwaffe der Vereinigten Staaten 0-3, aktiver Dienst
    Sicherheitsstatus: Topsecret LANDLOCK -6
    Tom blinzelte erneut, und der Text war verschwunden. Hatte er sich ihn nur eingebildet?
    »Tom«, sagte Jason Chang und lenkte damit seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gegenwart. »Können Sie mir

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