Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
gewesen war, der nur neunundachtzig Punkte bekommen hatte.
»Und wie es aussieht, hat die elfte Aufgabe eine Menge von euch ins Stolpern gebracht. Vielleicht hätte ich diese Aufgabenstellung in eurer Hausaufgabeneinspeisung veranschaulichen sollen. Da uns noch vier Minuten Unterricht verbleiben, gehen wir das jetzt gemeinsam durch.«
Vier Minuten später war ihre Mathematikstunde beendet. Dr. Lichtenstein informierte sie darüber, dass ihre zugewiesenen Downloads für die Prüfung am Mittwoch bereits im System waren und verabschiedete sich dann von ihnen. Es war punktgenau 1020. Ungläubig sah Tom zu, wie er hinausging. Der Stundenplan war kein Versehen. Der Matheunterricht dauerte wirklich nur zwanzig Minuten.
Der Rest des morgendlichen Unterrichts verlief nach dem gleichen Muster; die Rekruten blieben in dem Raum sitzen, die Lehrer wechselten sich dreimal die Stunde ab. In den Wochen, in denen sein Gehirn neu strukturiert wurde, lernte Tom mehr, als er in vier Jahren auf der Sonderschule Rosewood gelernt hatte. In Englisch war seine Grammatik nun fehlerfrei und sein Leseverständnis bei seiner Prüfung auf einhundert Prozent. In US -amerikanischer Geschichte trug er mühelos sämtliche Daten, Namen und historischen Auswirkungen der wesentlichen politischen Ereignisse in Zusammenhang mit dem Franzosen- und Indianerkrieg bei. In Naturwissenschaften identifizierte er in richtiger Weise die Quantumverschränkung als das Konzept hinter dem intrasolaren Kommunikationsnetz des Militärs. Als die Lehrerin für Weltsprachen sie auf Japanisch begrüßte, verstand Tom sie, noch bevor er begriff, dass er sie verstand. Während der mündlichen Prüfung sprach er in das Mikrofon des Computers, und der Prozessor nahm seine Sprachmuster auf. Sein Dialekt war goldrichtig – er sprach, als wäre er in Okinawa groß geworden.
Gegen Mittag brummte ihm der Schädel, und er schwankte mit Vik an seiner Seite hinaus. »Wow, ich kann Japanisch sprechen«, sagte Tom wie zu sich selbst, bemüht, die Sache zu begreifen.
»Klar tust du das.«
»Was spreche ich sonst noch?«
»Das hängt von der Sprache ab, in der wir am Freitag geprüft werden.«
»Und was kann ich sonst noch? Einen Atomsprengkopf basteln? Ein Raumschiff bauen? Beherrsche ich Kung-Fu?«
»Wenn du nachher bei Angewandte Simulationen für einen Kung-Fu-Kampf eingeplant bist, hast du es in deinem Hausaufgaben-Download bekommen«, erwiderte Vik.
Nun endlich begriff Tom es: Er konnte jetzt theoretisch alles. Die ganze Welt lag ihm zu Füßen.
Eine Stunde später stellte Tom in der Kantine sein Tablett auf das Fließband neben der Tür und gab sich dabei einem Tagtraum hin: Darin machte er mit seinem fließenden Japanisch einen Abstecher in die Sonderschule Rosewood und erzählte denen dort alles über ein Raumschiff, das er eigenhändig gebaut und damit den Krieg gewonnen hatte. Den kräftigen Jungen mit der Axt als Abzeichen für die Dschingis Division auf dem Ärmel bemerkte er erst, als der Junge ihn mit dem Ellbogen angerempelt hatte. Tom stolperte zur Seite, überrascht von den plötzlichen Muskelkontraktionen, die der Prozessor in seinem Kopf anregte, um ihn im Gleichgewicht zu halten. Sein Getränk rutschte von dem Tablett herunter. Tom sah, wie es auf Kollisionskurs mit dem dunkelhaarigen Mädchen vor ihm ging …
Doch sie wirbelte herum wie eine zubeißende Schlange und schnappte das Glas, bevor die dunkle Flüssigkeit über den Rand schwappen konnte.
»Nette Reflexe«, sagte Tom beeindruckt. Er hob den Kopf, um ihr in die Augen zu schauen – und hielt den Atem an.
Name: Heather Akron
Einheit: US -Intrasolare Streitkräfte, Camelot Company, Machiavelli Division
Rufzeichen: Enigma
Herkunft: Omaha, Nebraska
Besondere Leistungen: Mitglied der jungen Gesellschaftserneuerer, Stipendiat beim RAIA Fearson Scholarship, zweimalige Junior Miss Nebraska
IP: 2053:db7:lj71::212:ll3:6e8
Sicherheitsstatus: Topsecret LANDLOCK -6
Einen durchdringenden Moment lang erwiderte Heather seinen Blick. Dann weiteten sich ihre gelbbraunen Augen. »Oh, Tom, du bist hier!«
Sie klang so glücklich darüber, ihn zu sehen, dass sich ihm der Magen umdrehte. »Ja, ich bin hier.«
»Ich hätte dich fast nicht erkannt ohne die …« Sie verstummte, während ihre Augen sein Gesicht absuchten. Dann sagte sie strahlend: »Ich warte schon seit Wochen darauf, dass du aus der Chirurgie rauskommst. Ich dachte schon, du hättest deine Meinung geändert, was uns angeht.«
Tom wusste
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