Die Weltgeschichte der Pflanzen
Kulturgeschichte.
Kaffee war zunächst Tee. Ursprünglich verwendete man nämlich in Äthiopien nur die Blätter des Kaffeestrauchs für einen Aufguss. Rohe Bohnen sind gar nicht bekömmlich; das Rösten und Zermahlen für den Kaffeeaufguss ist eine nicht mehr datierbare Erfindung vielleicht aus der Zeit des europäischen Mittelalters. Die Legende vom Kaffee besagt, äthiopische Mönche hätten beobachtet, wie Ziegen nach dem Fraß der Blätter und Früchte vom Kaffeestrauch aufgekratzt und schlaflos herumliefen. Ansonsten besagt diese Legende aber nichts.
Um das Jahr 1000 war der Kaffeestrauch in der arabischen Welt wohl nicht bekannt, weil er zu dem Zeitpunkt in einer arabischen Enzyklopädie noch nicht erwähnt wird.
Die Araber, genauer Südaraber (heute: Jemeniten) lernten den Genuss von gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen wohl im 14. oder 15. Jahrhundert kennen, also zur Zeit der europäischen Renaissance.
Vermutlich ist der systematische Kaffeeanbau in jener Zeit von jemenitischen Arabern an der Abessinien gegenüberliegendenKüste des Roten Meeres entwickelt worden, und nicht in seiner botanischen Heimat Äthiopien. Denn nur die Jemeniten verfügten über genügend agrarisches Wissen und vor allem über Bewässerungssysteme, um die anspruchsvolle Pflanze erfolgreich anbauen und nutzen zu können.
Von wo auch immer die ersten angebauten Kaffeebohnen kamen: Fest steht, dass die Araber den ersten Kaffeehandel und die erste Kaffeehauskultur organisierten. Hauptumschlagplatz war der jemenitische Hafen Mocha (heute: al-Mukha) am Roten Meer. Von diesem Ortsnamen leitet sich die ältere Bezeichnung für das Getränk ab: Mokka. Von Mocha aus verbreitete sich der Kaffeegenuss ins nicht weit entfernte Mekka. Über dieses Pilgerzentrum lernte die gesamte islamische Welt den Kaffee kennen.
Das Wort stammt von arabisch qahwa , was sowohl Kaffee als auch Wein bezeichnet – und zwar im Sinne von »berauschendes Getränk«. (Die klangliche Ähnlichkeit mit dem äthiopischen Provinznamen Kaffa ist rein zufällig.) Die türkische Version des Wortes ist kahve . In europäischer Schreibweise ( caffe , café , coffee , Kaffee) ging dieses Wort dann in die Weltsprachen ein – selbst ins Chinesische.
Kaffee wurde in den arabischen Ländern auch deshalb so schnell akzeptiert, weil er einen kleinen Kick – nicht wirklich einen Rausch – ohne Reue erlaubte. Wirkliche Rauschgetränke (mit Alkohol) hat der Prophet bekanntlich verboten.
Nach der Eroberung von Konstantinopel 1453 expandierte das Osmanenreich rasch in den Nahen Osten. 1517 nahmen die Osmanen Kairo ein. Gerade zu dieser Zeit war das Kaffeetrinken dort bekannt geworden. Auch die Türken wurden Kaffeetrinker und schufen daraus eine wirkliche Kultur. Das erste Kaffeehaus in Konstantinopel entstand 1554. »Türkischer Kaffee« ist die Zubereitungsart, bei der das Kaffeepulver als Kaffeesatz in der Tasse bleibt.
Der erste Europäer, der Kaffee gesehen und probiert hat, war der deutsche Arzt und Forschungsreisende Rauwolf, der sich von1573 bis 1575 im Orient aufhielt. Er fand das Getränk »gar nahe wie Dinten so schwarz«, aber immerhin »des magens gar dienstlich«.
Durch die Türken lernten die Europäer dann bekanntlich im 17. Jahrhundert den Kaffeegenuss kennen. Die ersten Kaffeehäuser eröffneten um 1650 in Venedig, Oxford und London; Paris und Wien folgten um 1685. Das war in Wien kurz nach dem Ende der Türkenbelagerung im Jahr 1683, weswegen sich dort die Legende vom Kaffee als Türkenbeute entspann. Bereits vorher, um 1670, waren in Bremen und Hamburg die ersten deutschen Kaffeehäuser nach englischem Vorbild gegründet worden.
Das Wiener Kaffeehaus spiegelt heute noch am besten wider, was die im 17. Jahrhundert völlig neuartige Kaffeehauskultur für Europa bedeutete. Die Kaffeehäuser entwickelten sich zu Treffpunkten, wo sich im Zeitalter der Frühaufklärung Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten regelmäßig trafen. Hier verkehrten der Adelige und der Bürger erstmals regelmäßig in geselliger Weise ohne Rücksicht auf die Standesgrenzen. Bis dahin gab es keinerlei derartige Institutionen. Der Adel traf sich nur an den Höfen und in den Salons, zu denen Bürgerliche im Allgemeinen keinen Zutritt hatten. Man blieb unter sich – und genoss dort übrigens das neuartige Luxusheißgetränk Chocolade aus den Kolonien in der Neuen Welt.
Chocolade zu trinken blieb bis ins 19. Jahrhundert im Wesentlichen mit dem Adel verbunden. Kaffee
Weitere Kostenlose Bücher