Die Weltgeschichte der Pflanzen
Bock).
In seinen Uranfängen, die weit hinter die Zeit der griechischen Einwanderung zurückreichen, war Dionysos ein archaischer Fruchtbarkeitsgott, dessen Kult mit mysteriösen, orgiastischen, bluttriefenden Riten verbunden war. Erst später wurde er zum harmlosen Weingott trivialisiert.
Die Griechen aromatisierten den Wein mit Harz, was ihn zudem länger haltbar machte. Auch die Römer und die Menschen im Mittelalter liebten gewürzten Wein, auf vielerlei für unsere Begriffe groteske Weise. »Glühwein« gibt eine recht gute Anschauung von derlei Würzrezepturen. Natürlicher Eigengeschmack von Pflanzen- (oder Tier-)Produkten war damals nicht gefragt. Je stärker die Überwürzung und geschmackliche Veränderung von Speisen und Getränken, desto größer die Kochkunst.
Zu den Folgen des (übermäßigen) Weingenusses gibt es in der antiken Literatur feinsinnige und konkret-anschauliche literarische »Stellen«. Die älteste überlieferte geht zurück auf den frühgriechischen Dichter Alkaios aus Lesbos (um 600 v. Chr.), der sehr geistvoll formulierte: »Der Wein ist der Spiegel der Seele.« Sie wird mehrfach in der antiken Literatur zitiert, auch bei Platon in seinem Symposion , was auf Deutsch »Gastmahl« bedeutet.
Der römische Universalgelehrte Plinius (23 v. Chr. – 79 n. Chr.) wiederum zitiert in seinem umfassenden enzyklopädischen Werk mit dem Titel Naturalis historiae die Wendung In vino veritas (»Im Wein liegt die Wahrheit«) ausdrücklich als »Sprichwort des Volkes«. In Buch 14 wird unter anderem der Weinanbau behandelt, von Weinsorten ist die Rede sowie vom Weingenuss. Dort steht über die Folgen des Zechens: »Dann schätzen die lüsternen Augen die Hausfrau ab, voller Trunkenheit verraten sie es dem Gatten, dann werden die Geheimnisse der Seele hervorgeholt. Die einen sprechen ihr Testament vor Zeugen aus, die anderen führen todbringende Reden und halten die Worte nicht zurück, die über ihre Kehle den Weg zurückfinden werden – und wie viele sind so zugrunde gegangen! – und schon im Volke heißt es ›im Wein liegt Wahrheit‹ ( volgoque veritas iam attributa vino est ).« Über weitere Folgen heißt es kurz darauf: »Blässe und herabhängende Wangen, Augengeschwüre, zitternde Hände, die volle Becher verschütten …, nächtliche Unruhe und … als höchster Preis der Trunkenheit eine widernatürliche Wollust und Freude am Laster. Am folgenden Tag ein Atem wie aus einem Weinkrug, treten Vergessenheit aller Vorgänge und Schwinden des Gedächtnisses ein.«
Die ersten »international«, das heißt hier: in ganz Europa bekannten Weine waren seit dem Spätmittelalter der Burgunder und seit dem 16. Jahrhundert der Portwein aus Portugal, der Sherry aus der Umgebung der südspanischen Stadt Xeres, von der er seinen Namen hat, der ungarische Tokajer und der sizilianische Marsala. Das sind auch die aus der älteren Literatur vor 1800 bekannten »Markennamen«. Alle sind süß-trockene Weine mit relativ hohem Alkoholgehalt, weswegen sie für längere Transporte und Transportzeiten besser geeignet waren.
Der Weltruf der Bordeaux-Weine setzte erst im 19. Jahrhundert richtig ein, beruht aber auf einer sehr langen Weinbautradition, die bis in die Römerzeit zurückreicht. Die besondere Vorliebe der Engländer für Bordeaux hat zum einen mit der relativen geografischen Nähe zu tun und zum anderen mit der Tatsache, dass Aquitanien seit 1152 durch die Heirat der berühmten Eleonore von Aquitanien mit dem englischen Thronfolger Heinrich II . jahrhundertelang zur englischen Krone gehörte. (Erst die Jungfrau von Orléans, Jeanne d’Arc, vertrieb die Engländer endgültig aus Frankreich – besiegelt 1453.)
Der bis ins 19. Jahrhundert allgemein gebräuchliche Begriff für Bordeaux-Weine war Claret , weil sie eine hellrote (»klare«) Farbe hatten, verglichen mit den spanischen und portugiesischen Weinen. Eine Besonderheit der Bordeaux-Weine besteht darin, dass sie »verschnitten« werden, also aus verschiedenen Rebsorten hoher Qualität gemischt sind (hauptsächlich aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc). Deswegen steht auf den Etiketten auch der Name des Weinguts, des Châteaus, und nicht, wie woanders, der Name der Lage (zum Beispiel »Hattenheimer Pfaffenberg«). Jedes Château hat seine eigene Cuvée. Die Reblaus-Katastrophe hatte die Anbaugebiete des Bordelais besonders stark getroffen. Die Klassifikation der Bordeaux-Weine ist eine Wissenschaft für sich.
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