Die Weltgeschichte der Pflanzen
eine kanadische Wissenschaftlerin in einer deutschen Sommerrapssorte einzelne Pflanzen, deren Öl keine bittere Erucasäure enthielt. Das war der Ausgangspunkt für die heute angebauten Rapssorten. Nun hatte man eine 0-Sorte (sprich: Null-Sorte, ohne Erucasäure). Das Speiseöl Livio ist das bekannteste daraus hergestellte Produkt. Livio wurde ursprünglich von einem Margarine-Hersteller lanciert, der später im Unilever-Konzern aufging. Als Speiseöl gilt Rapsöl als besonders gesund.
Nach den Ölkrisen der Siebzigerjahre suchte man verstärkt nach Alternativen zum Erdöl und verfiel dabei auch auf den Raps. Wissenschaftler beschäftigten sich damals jahrelang eingehender damit und fanden Rapspflanzen, die nur wenige Anteile eines weiteren unerwünschten Inhaltsstoffes (Glucoinsolate) enthielten. Soerhielt man 00-Sorten (Doppel-Null-Sorten), für den modernen Rapsanbau ein regelrechter Durchbruch, weil sich Raps fortan vielseitiger verwenden ließ. Der Anbau wurde lohnend. In Europa werden nur noch diese Sorten angebaut.
Raps ( Brassica napus ) ist ein Verwandter der Kohl- und der Senfpflanzen. Ganz nahe verwandt sind Raps und Steckrübe, auch Kohlrübe genannt ( Brassica napus rapifera ). In der Frühzeit der Pflanzennutzung, in den jungsteinzeitlichen Keramikkulturen, wurden Kohlarten vermutlich zunächst hauptsächlich wegen des in ihnen enthaltenen Öls angebaut. Die ölhaltigen Samen stecken in einer Schote, ähnlich wie bei den grünen Bohnen.
Die Rapspflanze entstand wohl als Kreuzung aus dem Rübsen mit Kohl; die botanische Heimat des Rübsen ist der Nahe Osten. Chinakohl und Teltower Rübchen sind bekannte Rübsen-Arten, nicht aber die Karotte, die ein Doldenblütler ist. Rapsanbau begann schon in der Bronzezeit in Indien, in Europa jedoch erst im ausgehenden Mittelalter und zunächst nur in kleinem Maßstab. Erst in der Barockzeit nahm der Anbau in Nordwestdeutschland und den Niederlanden zu. Die erste Anwendung war, wie früher in Indien, Lampenöl.
Aus dem Niederdeutschen stammt auch das Wort: »Raps« ist die Kurzform von niederdeutsch rapsad (»Rübsamen«). Rap - ist sozusagen die Grundform für die meisten indoeuropäischen Rübenwörter, etwa lateinisch rapa , englisch rape . Im politisch überaus korrekten Amerika verwendet man das ursprüngliche Pflanzenwort allerdings nicht mehr, weil rape auch »Vergewaltigung« bedeutet. Hier ist der Name einer hybriden Sorte canola , ein reines Kunstwort, zum Allgemeinbegriff für Raps geworden.
In der Landwirtschaft eignet sich Raps gut für eine abwechselnde Fruchtfolge auf Getreidefeldern. Im 19. Jahrhundert nahm der Rapsanbau für Brennstoff für Öllampen sogar noch zu, bis das Rapsöl durch Petroleumöl für die noch als nostalgische Hausratüberbleibsel gelegentlich anzutreffenden Petroleumlampen abgelöst wurde.
Ein Fünftel der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland wird für den Anbau von Energiepflanzen verwendet. Die Rapsanbaufläche beläuft sich auf 1,5 Millionen Hektar. Daraus lassen sich 3,5 Millionen Tonnen Rapssamen gewinnen. Diese werden ausgepresst. Ein Feld von einem Hektar, das entspricht ungefähr der Größe eines Fußballplatzes, ergibt ungefähr 1500 Liter Rapsöl. Der Presskuchen ist ein eiweißreicher Futterzusatz. Rapsstroh ist zur weiteren Energiegewinnung geeignet oder bleibt auf dem Feld zur Düngung.
Zwei Drittel des Rapsanbaus sind für Biodiesel bestimmt, der Rest für technische Fette sowie für Nahrungs- und Futtermittel.
Der Anbau wird von der EU auch auf Stilllegungsflächen gefördert, wenn die Ernte nur für die Biodieselerzeugung verwendet wird. Das soll den Nachschub für Biodiesel sichern. Landwirten verschafft es zusätzliche Einnahmen.
Die Verwendungsmöglichkeiten für die Rapssamen lauten also in absteigender Reihenfolge der Veredelung: Salatöl, Backfett, Margarine, Brennöl (bis zum Aufkommen der Petroleumlampen), Schmieröl und Diesel.
Biodiesel (chemisch: Rapsmethylester) wird in Europa hauptsächlich aus Raps gewonnen, sowohl als Reinkraftstoff wie als Beimischung. In Deutschland wird der Raps auf lange Sicht die einzige Ölpflanze sein, die ausreichende Mengen für solche Verwendungen liefert.
Sowohl Rudolf Diesel (Dieselmotor 1892/1893) als auch Nicolaus A. Otto (Ottomotor, Patent 1876) hatten bereits mit Pflanzenölkraftstoffen experimentiert, Diesel mit Raps- und Erdnussölkraftstoff. Das funktionierte im Großen und Ganzen problemlos. Der Vormarsch der Mineralölkraftstoffe
Weitere Kostenlose Bücher