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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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getragen oder von arabischen Seeleuten entlang der Küsten des Arabischen Meeres und des Roten Meeres hinauf bis zur Levanteküste transportiert. Dort übernahmen die mittelalterlichen Unternehmer-Kapitäne aus Venedig, Genua, Pisa oder Amalfi die wertvolle Ware und verteilten sie in Europa bis nach Nürnberg und London. Kein Wunder, dass Pfeffer nach derart langen Transportwegen so viel wert war wie Gold.
    Pfeffer – und auch Zimt – waren im Mittelalter in heute kaum mehr nachvollziehbarer Weise Statussymbole, mit denen Reichtum zur Schau gestellt wurde. Für Ärmere war dieser Luxus unerreichbar, aber wer ihn sich leisten konnte, geizte nicht damit. Es ging weniger darum, verdorbenen Fleischgeschmack zu übertünchen, wie gerne kolportiert wird, sondern um die ostentative Geste. In den ständisch gegliederten Gesellschaften legte man unglaublich viel Wert darauf, die Standesunterschiede auch zu betonen, und kümmerte sichnicht um »Verschwendung«. Dementsprechend »gepfeffert« waren die Speisen. Erst als im Lauf des 17. und des 18. Jahrhunderts aus der Neuen Welt andere »exotische« Produkte und Geschmacksreize in größeren Mengen nach Europa strömten – Kakao (zunächst nur als heiße Schokolade getrunken), Kaffee, Tee, Tabak, Zucker – ließ das Interesse am Pfeffer (und am überwürzten Essen) nach. Nun wurden die neuen Heißgetränke die neuen Statussymbole.
    Insbesondere Venedig hatte im Mittelalter den Handel auf den Gewürzstraßen bis weit ins arabische Hinterland gut im Griff. Die Araber, selbst ein urban gewordenes, zivilisationsorientiertes Volk von Kaufleuten, fungierten als verlässliche Zwischenhändler. Das änderte sich, als die osmanischen Türken nach der Eroberung von Byzanz (1453) schnell den gesamten Nahen Osten unter ihre Herrschaft brachten. Sie riegelten die Mittelmeerhäfen ab, und die Europäer verloren all ihre Stützpunkte: Zypern, Rhodos, Alexandria. Der Nachschub war unterbrochen, Venedig hatte nichts mehr zu verkaufen und spätestens damals begann der lange, aber glanzvolle Niedergang der Dogenrepublik.
    Wenige Jahrzehnte bevor dieser türkische »Eiserne Vorhang« im Nahen Osten herunterging, hatten am anderen Ende des Mittelmeers vor allem die Portugiesen begonnen, sich auf den Atlantik hinaus und an der Küste Afrikas entlang zu wagen. Im Westen suchte man nun den See weg nach Indien. Es war klar, dass man auf Schiffen viel größere Mengen der begehrten Handelsgüter bunkern konnte als auf dem Rücken von Karawanenkamelen. Das schien alle Risiken wert. Es ging von Anfang an darum, an die begehrten Handelsgüter, vor allem die Gewürze und in erster Linie an den Pfeffer, zu kommen. Dabei erwies es sich durchaus als praktisch, dass sich damit auch die Türken umgehen ließen und man sozusagen den Direktvertrieb aufnehmen konnte.
    Kolumbus landete 1492 in Amerika – das er für Indien hielt – und brachte viele neue Pflanzen nach Europa. Aber keine Gewürze. Dem Portugiesen Vasco da Gama gelang sechs Jahre nach Kolumbus’ epochaler Fahrt ins Unbekannte der tatsächliche Durchbruch. 1498 landete er im südindischen Kalikut, nachdem er Afrika umsegelt hatte. Der Weg ins Pfefferland war geebnet.
    Bereits im übernächsten Jahr erschienen die Portugiesen dort erneut, diesmal gleich mit sechs Schiffen (von ursprünglich 13) unter der Führung des Brasilien-Entdeckers Pedro Álvares Cabral. Die dritte Expeditionsflotte folgte 1501, die vierte mit 21 Schiffen befehligte 1502 wieder Vasco da Gama persönlich. Er kommandierte keine harmlosen Handelsbarken, sondern geschützbewehrte Kriegsschiffe. Den Portugiesen war völlig klar, dass sie die Araber überwinden mussten, die bis dahin den Seeraum des Indischen Ozeans und des Arabischen Meeres dominierten. Und so geschah es: Die arabischen Flotten wurden mit Geschützfeuer versenkt. Die Portugiesen rissen das Gewürzhandelsmonopol gewaltsam an sich, auch mit Druck und Tricks gegenüber den indischen und malayischen Fürsten auf den Molukken, wie die Gewürzinseln Indonesiens lange Zeit genannt wurden.
    Immer ging es hauptsächlich um Pfeffer, aber auch um Muskatnüsse, Zimt und Gewürznelken. Die Portugiesen waren auch die ersten Europäer, die bis nach China und sogar nach Japan gelangten, eine ungeheure Expansion in für diese Zeit völlig unbekannte Gebiete und riesige maritime Räume. Das wichtigste Geschäfts- und Staatsgeheimnis Portugals war nun das nautische Wissen um den Seeweg rund um Afrika. Sie konnten es knapp

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