Die Weltgeschichte der Pflanzen
hergestellt wird. . Die Rezeptur stammt aus der burgundischen Hauptstadt, die im Mittelalter sogar einmal ein Monopol auf die Senfherstellung besaß. Seit 2009 wird jedoch in Dijon selbst kein Senf mehr zubereitet. Die Marken Maille und Amora gehören heute zum Nahrungsmittelkonzern Unilever. Auch der Düsseldorfer Löwensenf ist ein Produkt nach Dijon-Rezeptur, da die vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Firma eigentlich aus Lothringen stammt. Die deutschen Inhaber mussten nach dem Krieg emigrieren und gingen nach Düsseldorf.
In England und Amerika wird traditionell lieber Senfpulver verwendet, das kurz vor der Verwendung mit Wasser angerührt wird, die sogenannte Colman-Methode. Man erhält Colman’s Mustard heute aber auch längst fertig gemischt. Er wird aus schwarzem Senf mit einigen Beimengungen hergestellt.
Ungemahlen werden die »Senfkörner« (die Samen) des Weißen Senfs zum Einlegen von Gurken verwendet.
Das Wort vom »Senfkorn« ist vor allem durch die Bibel geläufig, weil zwei Evangelisten (Matthäus 13, 31 und Markus 4, 30) ein Senfkorngleichnis Jesu überliefern. Jesus weist in seinem Gleichnis darauf hin, dass aus dem Senfkorn, »dem kleinsten von allen Samenkörnern auf Erden«, ein großes Kraut erwachsen kann, im Schatten von dessen Zweigen »die Vögel des Himmels wohnenkönnen«. Jesus konnte zwar nicht wissen, dass es noch Pflanzen mit sehr viel kleineren Samenkörnern gibt, aber er wollte damit sagen, dass sich das Reich Gottes im Kleinsten wie im Größten findet, dass es alles umfasst.
Exotik aus der Konserve
Ananas
Ananas ist die erste Frucht, die in großem Stil in Konservendosen verkauft wurde, und Ananaskonserven sind das erste Beispiel dafür, wie in den Wohlstandsgesellschaften des Westens exotische Früchte, die ehemals raren und teuren Kolonialwaren, als Massengüter zu alltäglichen Dingen wurden. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg war dieser Hauch von Exotik in der Dessertschale auch Ausdruck eines neuen Lebensgefühls im Sinne des Dufts der großen, weiten Welt.
Die Bezeichnung nanà oder ana-ná für »köstliche Frucht« stammt aus dem Guarani, einer der wichtigen südamerikanischen Sprachfamilien. Auch »Maracuja«, »Maniok«, »Jaguar« und »Piranha« sind Guarani-Wörter. Die Sprache wird vor allem in Zentral-Südamerika (Uruguay, Paraguay, Bolivien) gesprochen.
Das Gebiet der drei Flüsse Paraná, Uruguay und Paraguay ist eine der Gegenden, wo Wildformen von Ananas vermutlich erstmals angebaut wurden. Eine andere Art wilder Ananas stammt aus dem Flussgebiet von Orinoko und Amazonas etwas nördlich des Äquators. Auch hier fingen lokale Stämme an, sie zu züchten.
Die Entstehung der Ananas als Anbaupflanze in präkolumbianischer, vielleicht einige Jahrtausende zurückgehender Zeit lässt sich natürlich nicht mehr genau rekonstruieren. Die so überaus wässrige Ananas vermag sehr gut Trockenheit zu überdauern, da sie, wie viele andere Bromelien, Wasser über die Blätter aufnehmen kann. (Es gibt Bromelienarten, die auf Telefondrähten leben, weil ihnen zur Wasserversorgung die Feuchtigkeit in der Luft ausreicht.) Dadurch war es für die südamerikanischen Indianer ein Leichtes, lebende Pflanzen über weite Strecken zu transportieren, weswegen die genauere Bestimmung, wo genau nördlich des Rio de la Plata oder rund um den Amazonas die Ananas zuerst angebaut wurde, kaum mehr möglich ist.
Vom Amazonasgebiet aus wurde die auffällige Frucht von den Indianern jedenfalls bis in die Karibik verbreitet. Ihnen war es gelungen, Ananas ohne den sehr harten Samenkern der Wildfrucht zu kultivieren, was auf eine lange Züchtungsgeschichte schließen lässt. Dabei ging es den Indianern zunächst weniger um den Fruchtgenuss als vielmehr darum, aus den langen und kräftigen, lanzettförmigen Blättern Pflanzenfasern zu gewinnen. Was machten sie daraus? Fischernetze und Hängematten.
Ananas sind eine Frucht des atlantisch-karibischen Südamerika. Die Anden haben sie in vorkolumbianischer Zeit offenbar nicht zum Pazifik hin überschritten. Die Andenindios bildeten viele Früchte als Tonfiguren oder Ähnliches nach, aber es gibt keine Funde von Keramiken, für die die auffällige Ananas als künstlerische Vorlage diente.
Als Kolumbus nach seiner zweiten Atlantiküberquerung am 4. November 1493 auf Guadeloupe landete, wurden ihm von den Indianern Ananasfrüchte als Willkommensgeschenk überreicht. Dank dieser netten Geste gilt er als der europäische Entdecker der Frucht.
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