Die Weltgeschichte der Pflanzen
hintereinander zu servieren, wie wir es kennen, sondern es wurde alles gleichzeitig auf den Tisch gestellt. Niemand beklagte sich, wenn die eine oder andere Speise kalt wurde. Man kannte es nicht anders. Repräsentation war dabei mindestens so wichtig wie die Sättigung. Und ein mit Safran goldfarben lackierter Fasan wirkte natürlich besonders prächtig. Typische mit Safran gefärbte Gerichte sind heute Paella und Risotto.
Aber natürlich wurde und wird, wie bei vielen anderen teuren Pflanzenprodukten auch, im Safranhandel getrickst, gefälscht und gestreckt, indem man beispielsweise gelb gefärbtes Mehl, Talkumpuder und Ähnliches als Safran ausgab oder mit diesem vermischte. Solange die goldgelbe Farbe erhalten blieb, war jedes Mittel recht. Bis heute ist die Safranfälschung ein Problem.
Viele Handelsfamilien des spätmittelalterlichen Deutschland verdanken ihr Vermögen unter anderem dem Safranhandel. Dazu zählen neben den Augsburger Fuggern und Welsern auch die Nürnberger Patrizierfamilien Tucher und Imhoff. Alle Firmen dieser Familien handelten mit einer Vielzahl von Produkten: Tuch, Metall und Schmiedewaren, vor allem natürlich Waffen und Rüstungen, Leder, Pelze, Wein, Farben und Gewürze. Bei den Imhoffs wurde der Safran sogar zu einem ihrer Hauptartikel im Sortiment.
Safran war in der Frühantike auch ein wichtiges und begehrtes Färbemittel für Textilien. Mit Safran gefärbte Stoffe sind in der ganzen altorientalischen Welt nachgewiesen. Selbstverständlich galt die Goldfarbe als prestigeträchtig. Im Mittelalter verwendete man es als Farbpigment in der Buchmalerei und sogar in Verbindung mit Metallen wie Zinn und Silber, um sie goldfarben erscheinen zu lassen.
Die für die Färbung verantwortliche chemische Substanz ist eine Kohlenwasserstoffverbindung ( Crocin ), verwandt mit dem Karotin. Solche Karotinoide finden sich auch in Karotten, Kürbissen, Tomaten, Aprikosen, Birnen, Sanddorn, Mangos und Papayas und vielen anderen Pflanzen.
Darüber hinaus schrieb man dem Safran gewisse stimulierende und heilende Wirkungen zu: Etliche antike Bräuche und mythologische Überlieferungen bringen das Gewürz stets mit Hochzeit, Bett und Fruchtbarkeit in Verbindung. So soll Jupiter, wenn er das Bett mit Juno teilte, seinen Astralleib auf Safran gebettet haben.
»Das kleinste von allen
Samenkörnern auf Erden«
Senf
Die Römer brachten die Senfpflanze, die Senfzubereitung und das Wort »Senf« nach Germanien. Die lateinische Form sinapis haben sie unverändert von den Griechen übernommen, und diese wiederum hatten es als Fremdwort aus einer uns nun unbekannten Mittelmeersprache entlehnt.
Sinapis , die Senfpflanze, stammt wohl vom nordafrikanischen Ufer des Mittelmeers und wanderte nicht nur nach Norden, sondern auch ostwärts nach Asien. Ein Senfrezept aus China ist aus der Zeit um 1000 v. Chr. überliefert.
Die Samen für die Senfzubereitung können weiß, braun oder schwarz sein. Aber lediglich der weiße Senf zählt zu den Senfpflanzen, einer kleinen Familie der Kreuzblütler. Brauner und schwarzer Senf gehören indes zur Gattung der Brassica und sind daher mit den meisten Kohlarten sowie mit dem Raps verwandt. All diese Senfpflanzen enthalten Senfölglykoside, die für den scharfen Geschmack verantwortlich sind.
Zubereitet wird die je nach Rezept mehr oder weniger scharfe Würzpaste aus den gemahlenen Samen der Senfpflanze, die in Schoten stecken. Hat man die Senfkörner daraus befreit, werden sie mehr oder weniger fein gemahlen. Das so gewonnene Pulver schmeckt indes noch nicht scharf. Erst die Zugabe von Flüssigkeit setzt ein Enzym frei, das wiederum die Schärfestoffe, die Isothiocyanate, aktiviert. Diese verleihen auch den Radieschen, dem Meerrettich, der Kresse und den Kohlarten ihre Schärfe. Die klassische Flüssigkeitszugabe ist Traubenmost (lateinisch mustum , altfranzösisch mostarde ), worauf das heutige französische Wort moutarde sowie das im Deutschen gelegentlich für Senf gebrauchte Wort »Mostrich« zurückgeht.
Hinzu kommen, je nach Rezept, verschiedene Kräuter und Gewürze. Im berühmten Münchener Innenstadtlokal »Zum Franziskaner« wird der Weißwurstsenf hausgemacht. Dort kann man erleben, wie ein frisch zubereiteter Senf, mit Honig gesüßt und ohne Konservierungsstoffe, wirklich schmeckt.
Beinahe den Rang eines Kulturerbes nimmt der Dijon-Senf ein, der nur aus braunen und schwarzen Senfkörnern, also nicht aus der eigentlichen Senfpflanze besonders sorgfältig
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