Die Weltgeschichte der Pflanzen
zurück auf den Grafen von Plessis-Praslin, ein französischer Marschall aus illustrer Familie, der im Dreißigjährigen Krieg kämpfte und französischer Botschafter in Savoyen war. Sein Chefzuckerbäcker Jaluzot kreierte 1662 ein aromatisiertes Mandelkonfekt – ohne Schokoladenüberzug! (Den hätte mandamals noch gar nicht herstellen können.) Dieses und nur dieses Mandelkonfekt nennt man in Frankreich nach wie vor pralin . Die mit Schokolade überzogene Praline heißt dort praliné oder einfach chocolat . Sie wiederum ist die Schöpfung eines Belgiers Schweizer Abstammung. In der Apotheke seines Schwiegervaters in der Galerie Royale in Brüssel wurden Hustenbonbons und Magenpastillen verkauft – und Tafelschokolade. Im Jahr 1912 erfand Jean Neuhaus, der Enkel des Apothekengründers, das Konfekt mit Schokoladeüberzug und übernahm dafür aus dem Französischen das Wort »Praline«. Das ist die Belgische Praline, für deren Zutaten und Zubereitung von höchster Genusskonzentration auf kleinstem Raum der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Neuhaus ist heute noch am selben Ort in der königlichen Galerie in Brüssel einer der führenden Pralinenanbieter.
Die Kakaobohne ist gegenwärtig ein sehr gesuchter Rohstoff. Der wetterempfindliche und krankheitsanfälllige Kakaobaum, Monokulturen und falscher Anbau sowie die politische Instabilität in vielen Anbauländern sorgen immer wieder für Verknappungen. Die Arbeitsbedingungen der Landarbeiter gleichen häufig der Sklavenarbeit in der Frühzeit der Kolonialgeschichte, einschließlich Kinderarbeit.
Seit der frühen Kolonialzeit waren die karibischen Inseln diverser europäischer Herren und die karibischen Küstenländer die Kakaolieferanten. Trotz der Anfälligkeit als Plantagenpflanze blieb der Anbau des Kakaobaums dort jahrhundertelang problemlos. Aber um 1930 kam es zur Kakao-Katastrophe. Die Pflanzungen in mehreren karibischen Ländern, auch auf den Inseln, wurden gleich von einer ganzen Anzahl von Schädlingen heimgesucht. In Ländern wie Ecuador, die vom Kakao abhängig waren, brach die Wirtschaft zusammen. Nicht nur braucht es Jahre, bis bei einer Pflanze wie einem (Kakao-)Baum neue Exemplare so weit hochgewachsen sind, dass sie Früchte tragen. Die betroffenen Länder waren zudem dermaßen verseucht, dass an eine auch nur allmähliche Verbesserungnicht zu denken war. In jener Zeit wurde der Kakaobaumanbau in westafrikanische Länder verlagert. Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria und Kamerun liefern mittlerweile 70 Prozent der weltweiten Kakaoernte – in dieser Reihenfolge. Auch Indonesien ist ein wichtiger Kakao-Erzeuger – weit vor dem Kakao-Heimatland Brasilien.
Wegen der großen Beliebtheit bei den Konsumenten in Amerika und Europa ist Kakao für die Kleinbauern im schmalen Tropengürtel, wo der Kakaobaum angepflanzt werden kann, eine »Cash Crop«, eine Pflanze, die um des höheren (Geld-)Ertrags willen angebaut wird, auch wenn die bäuerlichen Erzeuger wie immer selbst am wenigsten davon haben. Das eigentliche Geld wird in der nachfolgenden Wertschöpfungskette verdient, bei den Händlern und Veredlern.
Etwa 6,5 Millionen Bauern in Westafrika, Südamerika und Südostasien leben vom Kakaobaum. Der durchschnittliche Ertrag liegt bei 450 Kilogramm Bohnen je Hektar, der jährliche Bedarf bei 300000 Tonnen. Die Anbaumethoden könnten effizienter sein, um die steigende Nachfrage zu befriedigen, aber auch, um umweltverträglicher zu wirtschaften. Die einheimischen Kakaobauern roden den Regenwald, um noch größere Monokulturen anzulegen, die wiederum mit Pestiziden geschützt und durch Überdüngung hochgezüchtet werden. Allein zwischen 1987 und 2007 hat sich zum Beispiel in Guinea die Anbaufläche auf diese Weise verdoppelt. Dabei gedeihen die empfindlichen Kakaobäume am besten in einem intakten Ökosystem, weil sie eben auch viel Schatten von anderen Pflanzen brauchen.
Diesem Trend stellen sich mittlerweile die großen Kakaoverarbeiter wie Mars und Cadbury entgegen. Beide Konzerne, die zur Kraft-Foods -Gruppe gehören, unternehmen erhebliche Anstrengungen, den nachhaltigen Anbau in den tropischen Ländern zu fördern und immer mehr Erträge aus zertifiziertem Anbau zu gewinnen. Der größte Schokoladeproduzent ist Barry Callebaut in Zürich mit annähernd fünf Milliarden Franken Umsatz. Neben den bekannten Sorten Sarotti, Alpia und Van Houten liefert die Firma große Mengen an gewerbliche Abnehmer. Größte amerikanische Hersteller sind Mars
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