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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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(karamelliger Geschmack, dunkleres Bier) oder kürzer und heller (»Helles«, Pils) gedarrt werden.
    Anschließend wird das Malz geschrotet und dieses Schrot mit recht warmem Brauwasser zur Maische angesetzt. Dabei entsteht Malzzucker aus der Getreidestärke; dieser wird bei der späteren Gärung durch Hefen in Alkohol umgewandelt. Dann wird umgefüllt, gefiltert, es geht in die Sudpfanne, und hier wird der Hopfen zugesetzt. Der durch Aufkochen entstandene Sud wird geklärt und durch Vorbeileiten an Eiswasser möglichst rasch heruntergekühlt: auf Zimmertemperatur für obergäriges, auf Kellertemperatur für untergäriges Bier. Hinzukommt nun die Hefe, und die tagelange Vergärung zu Alkohol beginnt. Bei dem wärmeren Vergären bei Zimmertemperatur schwimmen die Hefen aus dem Jungbier nach oben: Es entsteht obergäriges Bier. Bei dem kühleren Keller verfahren sinken die Hefen auf den Boden des Tanks (früher des Fasses): Es entsteht untergäriges Bier. Unter Druck bleibt die Kohlensäure, die ebenfalls durch das Vergären entsteht, im Bier. Nach einer letzten Filterung kann abgefüllt werden. Beim Bierbrauen, das ja so lange rein handwerklich, manchmal sogar im Hausbrau betrieben wurde, kann so viel schiefgehen: dann ist eben »Hopfen und Malz verloren«, wie das Sprichwort sagt, und man kann von vorne anfangen.
    Die bis heute begriffsprägende, erfolgreichste Bierbraustadt im Norden war die niedersächsische Hansestadt Einbeck. Von hier stammt das Bockbier, das seinen Namen nicht vom Ziegenbock, sondern eben vom Stadtnamen »Einbeck« hat. Das »Ainpockisch Bier«, so die damalige Schreibweise, war ein Verkaufsschlager weit über die Stadtgrenzen hinaus. Es war in Spätmittelalter undRenaissance so begehrt, dass es begriffsbildend wurde. »Ainpockisch Bier« wurde ausschließlich mit Hopfen versetzt; große Hopfenanbaugebiete lagen in der norddeutschen Nachbarschaft Richtung Mecklenburg und Pommern. Möglicherweise war das »Ainpockisch Bier« das erste, das dem uns vertrauten feinherben Biergeschmack nahe kam.
    »Ainpockisch Bier« wurde im 16. Jahrhundert auch nach Bayern geliefert, eine teure Importware. Zur Ausgabensenkung übernahmen die bayerischen Herzöge die Einbecker Brauart im Jahr 1612 für ihr damals schon am Münchner Platzl befindliches Hofbräuhaus. (Dessen heutiger Neubau stammt aus dem Jahr 1897. Das Hofbräuhaus behielt das Privileg für das hochwertige Bockbier bis 1810.) Doch erst nach dem Dreißigjährigen Krieg verstärkte sich in Bayern der Trend zum Bier; zum einen wegen der finanziellen Interessen für die herzogliche Schatulle (»Biersteuer«, Schankprivilegien), zum anderen wegen der Kleinen Eiszeit mit nochmals spürbarer Abkühlung seit etwa 1645, welche den bayerischen Wein allmählich sauer werden ließ.
    (So viel zum Thema Klimawandel: Immerhin ist es in Bayern noch nicht wieder so warm wie im Mittelalter, dass man am Freisinger Domberg Wein anbauen könnte.)
    Spätestens seit der Spätrenaissance war das Bierbrauen eng mit der Frage der Kühlung verbunden. Biersieden wurde nur noch in der kalten Jahreszeit erlaubt. Im Sommer war in den dicht bebauten mittelalterlichen Städten bei all dem Hausbrau mit den Sudpfannen die Brandgefahr zu hoch. Damit das Bier auch im Sommer noch genießbar war, kam eben der Hopfen verstärkt zum Einsatz.
    Bis dahin wurde Bier im Allgemeinen als obergäriges Bier hergestellt, also bei Zimmertemperatur. Dies ist nach wie vor das Verfahren bei Düsseldorfer Altbier, Porter, Ale, Weißbier und einigen belgischen Bieren. Das untergärige Bierbrauen kam nun durch das winterliche Bierbrauen in Gang, oder es wurde sozusagen in den Keller verlegt. Bei niedrigeren Temperaturen (vier bis zehn Grad)dauert die Gärung länger, rund eine Woche, das Bier wird aber auch haltbarer. Das ist das sogenannte Lagerbier, ein Ausdruck, der im Englischen gebräuchlich geblieben ist; im Deutschen spricht man von »Export«, »Pils«, »Bock«, »Märzen« oder »Helles«.
    Die letzte Stufe zu den heute üblichen Bieren wurde 1842 durch die Pilsener Brauart erreicht. Bis dahin war in der böhmischen Stadt Pilsen kein sonderlich qualitätvolles obergäriges Bier gebraut worden. Die Pilsener engagierten daher mit dem bayerischen Brauereibesitzerssohn Josef Groll einen ausgewiesenen Fachmann aus dem Nachbarland, der die in Bayern längst übliche untergärige Brauart beherrschte. Neu an dessen Pilsener Verfahren war die Verwendung von sehr hellem Malz, dem berühmten böhmischen

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