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Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf: Zitelmann
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von zahllosen Demütigungen, die der Prophet einstecken musste. Und es kam noch schlimmer. Spöttelnd,
     ironisierend zogen die Mekkaner das Prophetenwort ins Lächerliche, und die scharfen Zungen der beduinischen Araber waren gefürchtet.
     Gewiefte Wortfechter traten ihm da entgegen, wahre Worthenker. Alles schön und gut, lästerten sie, jetzt lass uns mal erzählen,
     wir kennen auch ein paar spaßige Märchen! Das tat weh, mehr als körperliche Gewalt. Die Mekkaner veralberten seine Berufung
     und Sendung. Und die kostete ihn fast das Leben, denn jedes Mal presste ihn wieder der Engel, wenn eine neue Sure kam.
    Darüber wurde der Prophet zum Vollstrecker von Allahs Drohbotschaft: »Sprich: Ihr Ungläubigen! Ich gehe nicht eure Wege, und
     ihr geht nicht meinen! Ihr habt eure Religion, ich habe meine.« Und seine Religion, der Islam, ist messerscharf, schneidet
     und trennt, eine Vorankündigung der großen Scheidung zwischen Gut und Böse beim Letzten Gericht: »Wenn die Sonne zusammengerollt
     wird, wenn die Sterne vom Himmel stürzen, wenn die Berge versetzt werden, die trächtigen Kamelstuten keine Hilfe finden, wenn
     Wildgetier sich rottet, die Meere überfließen, wenn die Seelen ihre Gegenüber finden, wenn das erstickte Mädchen Anklage erhebt,
     dass man sie umgebracht hat, wenn die Blätter des Gerichtsbuchs aufgeschlagen werden, der Himmel weggezogen, die Hölle angefacht,
     das Paradies bereitet wird – dann wird jeder erfahren, was er mit seinem Leben angestellt hat!« Zeit der Umkehr ist, ehe der
     Gerichtstag über das Land kommt und die Erde aufschreit wie eine Frau, die in den Wehen liegt. Wehe jedem Lästerer, wehe dann
     jedem Verleumder!
    In den ersten Jahren der Verkündigung Muhammads, genauer im Jahr 614, |170| eroberte eine persische Armee Jerusalem, die Tränenstadt. Die eindringenden Perser hausten »mit der Wut rasender Bestien und
     gereizter Drachen«, notierte ein zeitgenössischer Berichterstatter. Ihre Opfer waren byzantinische Christen, die zu Abertausenden
     massakriert wurden. Der Schreiber spricht von 57000 Toten und 35000 Gefangenen. Die Heilige Grabeskirche ging in Flammen auf,
     Tausende von Flüchtlingen suchten Zuflucht im christlichen Ägypten. Die wertvollste Reliquie aller Christen, den Kreuzesbalken,
     an dem Jesus der Sage nach gelitten hatte, verschleppten die Perser im Triumphzug nach Ktesiphon, ihrer Hauptstadt am Tigris.
     Muhammad wird das Bild der flammenden Gottesstadt vor sich gesehen haben, als die Schreckensnachricht Mekka erreichte. Die
     letzte Stunde schien geschlagen, der Weltuntergang stand bevor. Bestimmt fühlte sich der Prophet durch das Desaster in seiner
     Bußmission bestätigt: seine Mitbürger zur Umkehr vom Frevel des Götzendienstes zu drängen, ehe »die Blätter des Gerichtsbuchs
     aufgeschlagen« wurden und der brennende Zorn Allahs auch die Söhne Ismaels verzehrte.
    »Haltet euch alle fest am Seile Allahs«
    Ohne Rituale kann keine Religion bestehen. Ein neuer Glaube muss seine religiösen Handlungen erst finden. Die Salat, das fünfmal
     zu verrichtende Gebet, wurde dem Gesandten erst später eingegeben. Auch für den Gottesdienst brauchte man damals noch keinen
     eigenen Raum. Die Zahl der Anhänger war so gering, dass sich die Gläubigen im Hof zum Gebet sammeln konnten, oder bei der
     Kaaba, oder in den engen Straßen der Stadt. Gab es bereits feste Gebetsformen? Von Anfang an wird die Eröffnungs-Sure des
     Koran gemeinsam gesprochen worden sein. Die Al-Fatiha gehört zu den frühesten Suren:
    »In Allahs, des guten Erbarmers, Namen! Preis sei Allah, zu dem die Welten kamen, dem Guten, von dem sie Erbarmen nahmen!
     Der am Tag des Gerichtes regiert, dir dienen wir, Hilfe sei du, der uns führt! Leite uns auf rechtem Wege, nimm gnädig uns
     in Pflege, dass mit den Irrenden nicht Zorn hinweg uns fege!«
    Bis heute beginnt mit diesen Sätzen jeder Gottesdienst – original in der Sprache des Propheten! Täglich rezitieren Millionen
     die Al-Fatiha, Kinder lernen sie auswendig, oder man spricht sie in Gedanken nach, wenn die Perlen der Gebetsschnur durch
     die Finger gleiten. Die Al-Fatiha ist das »Seil Allahs«, an das sich die Gläubigen klammern.
    |171| Wichtig war schon immer die Gebetsrichtung. Zuerst übernahm Muhammad von den Juden die Ausrichtung nach Jerusalem im Norden.
     Hielten sich doch die Gläubigen für »arabische Judenchristen«, welche die Religion der Juden und Christen auf Arabisch praktizierten.
     Mehr nicht. So

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