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Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann

Titel: Die Weltreligionen. Vorgestellt von Arnulf Zitelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnulf: Zitelmann
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von 1532. Diese lieferte die Rechtsgrundlage für die europäischen Folter- und Hexenprozesse. Und
     für diese gibt es in der muslimischen Kultur kein Gegenstück.
    Grausam war das Strafrecht jedoch überall, weil das Gesetz noch keine Freiheitsstrafen kannte, Vergehen entweder durch Geldbuße
     oder mit Körperstrafen ahndete. Mit Todesurteilen war man schnell bei der Hand, auch Muhammad, wie die Überlieferung zeigt.
     Doch haben wir Anlass, uns darüber zu entrüsten? Die Humanisierung des Strafrechts verdankt sich nicht allein höheren moralischen
     Standpunkten, sondern der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft, die Mittel und Wege fand, die harten Leibesstrafen durch
     Freiheitsstrafen zu ersetzen. Aber diese entstand in Europa und Amerika auch erst am Ende des 17. und während des 18. Jahrhunderts.
    Die Scharia wurde in den muslimischen Staaten fort- und weiterentwickelt. Khomeini, der ehemalige Revolutionsführer des Iran,
     meinte allerdings noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: »Wenn man ein Jahr lang nur die Strafgesetze des Islam
     anwendete, dann würde man jeder zerstörerischen Ungerechtigkeit und Sittenlosigkeit die Wurzeln ausreißen. Man muss die Vergehen
     nach dem Gesetz der Vergeltung bestrafen: dem Dieb die Hand abschlagen, den Mörder töten und nicht ins Gefängnis werfen, die
     Ehebrecherin und den Ehebrecher auspeitschen.« Im muslimischen Recht besäße jeder Laie die Fähigkeit, in jedem beliebigen
     Fall Recht zu sprechen, wenn er nur »vollkommen die Gesetze des Korans« im Kopf habe. »Er kann so an einem einzigen Tag in
     20 verschiedenen Verfahren urteilen und sie erledigen, während die westliche Justiz mehrere Jahre benötigt, um sie zu beginnen.«
     Die Rechtsprechung des Iran ist dem Ayatollah Khomeini darin auf Dauer nicht gefolgt. Die Menschenrechte sind eben weder westlich
     noch östlich zu definieren, sie gelten global, und auf lange Sicht lassen sie sich nirgends außer Kraft setzen.
    |176| »Nunmehr ist unser Gesandter zu euch gekommen« – Allahs Botschaft an die Juden
    Menschenrechte kannte man in Muhammads Zeiten noch nicht einmal dem Namen nach. Sonst hätte die erste Begegnung von Islam
     und Judentum in Medina nicht einen so unglücklichen, tragischen Ausgang genommen. Die Judengemeinde war in der Wüstenstadt
     alteingesessen, seit Menschengedenken. Und sie war wohlhabend. Vermögen zu bilden war für Juden allerdings kein Privatvergnügen.
     Sondern gleichsam religiöse Pflicht. Eigentum war sozialpflichtig, Wohlstand diente dazu, bedrängten, notleidenden Glaubensgeschwistern
     der Diaspora das schwere Los zu erleichtern. Die Häuser der begüterten Mediner Juden glichen Festungen und waren es auch,
     Zuflucht vor den ewigen Raubzügen der Wüstennomaden. Es versteht sich, dass die Juden Medinas gute Beziehungen zur Handelsstadt
     Mekka unterhielten, zu jenen oberen Zehntausend, die Muhammad nach dem Leben trachteten. Noch ehe er sich nach Medina flüchtete,
     wird die Judenschaft Medinas bei ihren dortigen Glaubensgeschwistern Informationen über den Propheten eingeholt haben. So
     konnten sie sich an den Fingern ausrechnen, dass sie Probleme mit dem Mann kriegen würden.
    Bereits in Mekka hatte der Prophet verkündet, wie die Juden seien auch seine Muslime die Söhne Abrahams. Mit Ismael, dem Stammesvater
     der Araber, habe Abraham nämlich eigenhändig die Kaaba der Verehrung Allahs geweiht, als er dort seinen Sohn Ismael auf dem
     Schwarzen Stein zum Opfer anbot. Demnach sei Abraham der erste Muslim gewesen. Der Prophet erwartete also von den Juden Medinas
     als gleichberechtigt angesehen und respektiert zu werden – indem sie sich der Weisung des Gesandten Allahs unterstellten und
     Allahs Koran als Gottes Rechtleitung anerkannten.
    »O Volk der Schrift! Nunmehr ist unser Gesandter zu euch gekommen, der euch vieles enthüllt, was ihr von der Schrift [der
     Tora] verborgen hieltet, wobei er jedoch in vielem nachsichtig mit euch ist. Jetzt ist ein Licht von Allah zu euch gekommen
     und ein klares Buch!«
    Wie hätten die Juden Medinas darauf eingehen können! Israel war mit der Tora verheiratet, seiner Königin. Und die hatte Gott
     seinem Volk Buchstabe für Buchstabe anvertraut! Abrahams Geschichte las sich zudem in Moses-Büchern |178| völlig anders als im Koran. Ohne den geringsten Hinweis auf einen Aufenthalt des Urwanderers in Mekka! Nach der Tora war Ismael
     spurlos in der Geschichte verschwunden, während Isaak, sein Bruder, zum

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