Die Weltverbesserer
Stalaktiten formten eine Wölbung. Dann entschwand die Decke aus der Reichweite der flackernden Fackeln, und ein kalter Luftstoß traf ihn.
Er wurde zu Boden gesenkt, und hilflos rollte er einen Abhang hinab. Als er endlich still lag, erhob sich vor ihm ein Berg toter Ols, und als er gerade zu begreifen begann, hoben ihn Hände und legten ihn zuoberst auf den Haufen. Er war eins mit den toten Ols, und die lebenden hatten ihn hier begraben.
Er war allein mit den Toten. Wasser tropfte von irgendwo oben auf ihn herab. Seine Fieberhitze war verschwunden. Ihm war kalt, er fühlte sich blutleer und ausgebrannt, und sein einziger Gedanke war, daß dies ein ungemütlicher Platz für die Ewigkeit war.
Er schlief wieder ein, und als er erwachte, konnte er den Kopf leicht bewegen und die Hände um einen Zentimeter heben. Er lebte, aber er war sehr schwach. Und die Ols hatten ihn mit ihren Toten begraben.
Die Ols kehrten zurück. Farrari beobachtete die flackernden Schatten, die ihre Fackeln warfen, und lauschte auf das Schlurfen ihrer bloßen Füße. Plötzlich klang eine Stimme auf, intonierte einen merkwürdigen rhythmischen Gesang, der ein endloses Duett mit seinen eigenen Echos bildete.
Hände entfernten eine Leiche von dem Haufen, auf dem Farrari lag. Farrari rollte herab, wandte den Kopf, und da sah er die Ols tanzen, hörte sie die Lieder ihres Totenrituals singen.
Sie bewegten sich um den Leichnam, und ein junger Priester in flatterndem Gewand bewegte sich in immer wilderen Rhythmen. Schließlich sprangen vier Ols vor, packten die Leiche und warfen sie in die Luft. Abrupt verstummten die Gesänge. Der Körper verschwand, und obwohl Farrari es nicht sehen konnte, nahm er an, daß der Leichnam in ein tiefes Felsloch gefallen war. Auf diese Weise begruben die Ols also ihre Toten. Der nächste Körper, den die Ols ergriffen, war der Farraris.
Er lag auf dem Rücken, inmitten des Kreises der Trauernden. Der junge Priester – oder war es eine Priesterin? – begann zu tanzen. An den Wänden der Höhle tanzte das Licht der Fackeln, wieder ertönte der Klagegesang. Der Tanz wurde ekstatischer, der Gesang lauter. Plötzlich war das Gesicht der Priesterin über ihm, geweitete Augen in einem verzerrten Gesicht …
»Liano!« schrie er, aber der Schrei ging in ihrem Gesang unter. Ihre Stimme erreichte einen schrillen Höhepunkt, und die Ols sprangen vor, um ihn zu ergreifen. In einer gewaltigen Anstrengung hob er die Arme, bewegte den Kopf, und das genügte. Der Tote war wieder zum Leben erwacht. Der Gesang verstummte, die vier Ols wichen langsam zurück. Der Schock riß Liano aus ihrer Trance, sie trat näher, und da erkannte sie ihn, schrie auf.
Die Ols flohen, und Liano mit ihnen. Farrari blieb allein mit den Toten.
Wieder wurde er getragen, tauchte in einen grauen Nachthimmel empor. Die Ols brachten ihn in eine andere Höhle und legten ihn sanft auf einen Strohhaufen. Geduldig fütterten sie ihn mit Haferschleim und Wasser. Liano wusch seine Wunden und gab ihm Medizin. Er war nur zeitweise bei Bewußtsein, aber langsam ließ sein Fieber nach, und seine Kraft kehrte zurück. Er merkte, daß mehrere Ols Liano ständig zu Diensten waren. Er wollte sie fragen, wieso eine Yilesc mehrere Kewls haben konnte, aber er vergaß es. Und als er sich daran erinnerte, wußte er selbst die Antwort. Es mußte eine Art Ober-Yilesc geben, und Liano war eine.
Die Ols wichen ihm aus. Sie hatten eine Scheu vor dem Ol, das von den Toten wiedergekehrt war. Sie sprachen nicht mit ihm, und auch Liano, die seine Wunden versorgte, beantwortete seine Fragen kaum.
Er träumte von einer sorgenfreien Welt, in der er mit ihr lachend und Hand in Hand über blühende Wiesen lief. Er hatte sie noch nie lachen sehen. Eines Tages, als sie ihm sein Essen brachte, fragte er: »Du hast das vorausgesehen, nicht wahr? Ich meine, daß ich verwundet werden würde …«
»Ich – ja …«
»War das der Grund, warum du ein anderes Kewl mitnahmst? Warum ich auf dem Stützpunkt bleiben sollte?«
»Ich sah dich auf der Straße liegen«, sagte sie langsam. »Und zwei Speere. Und die Kavallerie des Kru ritt vorbei. Ich dachte, du seist tot. Und deshalb sagte ich zu Peter, du würdest nie lernen, wie ein Ol zu denken.«
»Nachdem ich dies überlebt habe, was wird mein nächstes Unglück sein?«
Sie starrte ihn an.
»Was siehst du in meiner Zukunft?« beharrte er.
»Nichts.«
Am nächsten Morgen war sie verschwunden.
Farrari machte sich auf die Suche
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