Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere
Schlange, die bis raus auf die Straße ging, aber niemand schien Megan oder Carl zu kennen.
»Vielleicht isse in die Sklaverei verkauft worden«, sagte eine ältere Frau mit Lockenwicklern unter einem Kopftuch. »Wie in sonem Buch.« Sie kicherte über ihren eigenen Vorschlag.
»Gefesselt und geschändet«, sagte ihre runzlige Begleiterin.
»Wegen dem Jungen müssten sie in der Schule Bescheid wissen«, sagte die Frau am Schalter.
Marcus wartete vor der Schule, bis die Kinder herauskamen. Carl war nicht dabei. Ein Lehrer fragte ihn, was er dort tue.
»Ich suche einen Jungen namens Carl Cromer. Er lebt bei seiner Großmutter in Harworth, soviel ich weiß.«
»Sie gehen jetzt besser, bevor ich die Polizei rufe.«
»Ich wette, die is mit Silver Birchs Leuten weg«, sagte ein Mann mit zahlreichen Piercings vor einem Zeitungskiosk. »Streikbrecher haben immer Kohle. Denen rennen die Weiber nur so hinterher.« Er schnaubte. »Wir haben den immer den Borkenkäfer genannt.«
Ein Mann an einer Bushaltestelle sagte zu ihm: »Nie was von denen gehört, mein Freund, aber ich geb dir zehn Pfund für deine Karre.«
»Was meinst du, wo könnte sie sein?«, hatte Doro gefragt.
»Megan ist Megan«, antwortete Marcus, was ihr damals merkwürdig vorkam.
Wochen später fand jemand eine wenig informative kleine Nachricht von ihr, die hinter ihr Bett gerutscht war.
Megans Weggang war Anlass, die Machtverhältnisse zwischen den Männern und den Frauen in der Kommune zu überdenken.
»Immer entscheiden die Männer, mit wem sie schlafen. Wir halten uns für so emanzipiert, aber eigentlich ist es doch nach wie vor der gleiche Mist«, erklärte Moira bei ihrem wöchentlichen Frauentreffen.
»Hm«, sagte Doro, die immer angenommen hatte, dass es Moira war, die entschied.
»Sie spielen uns gegeneinander aus.« Moira wickelte sich eine kupferrote Haarsträhne um den Finger. »Und wir spielen mit, weil wir begehrt werden wollen.«
»Mhm«, stimmte Doro zu und dachte, um ihr das klarzumachen, musste erst Megan kommen.
»Wir sollten die Sache selbst in die Hand nehmen und einen Sex-Turnus einrichten«, erklärte Chris Watt, obwohl sie Bruno gar nicht kennengelernt hatte. »Dann könnten wir entscheiden.«
»Hm«, sagte Doro und überlegte, wie sie die turnusmäßige Bekanntschaft mit Chris Howes rosa Würstchen vermeiden könnte.
Nach dem Scheitern von Megans Umerziehung hatten Chris Howes politische Ansichten einen Linksruck gemacht, oder besser gesagt, sie waren hinaus ins All geschossen.
»Weißt du, von wo der Sozialismus am Ende herkommen wird, Schwester?«, fragte er Doro eines Tages auf dem Treppenabsatz.
Sie schüttelte den Kopf und sah sich nach einem Fluchtweg um, wobei sie versuchte, die schlaffe Männlichkeit, die vor ihr baumelte, zu ignorieren.
»Aus dem Weltraum.«
»Ach, wirklich?«
»Ja. Posadas sagt, Wesen, die intelligent genug sind, um in den Weltraum zu reisen, müssen zwangsläufig längst eine sozialistische Gesellschaft gegründet haben. Das ist ein Gebot der Logik.«
Bei der Erinnerung muss Doro im Dunkeln lächeln, als sie sich an Marcus schlafenden Leib kuschelt, und sie empfindet stille Dankbarkeit dafür, dass der Sex-Turnus so kurzlebig war.
Die eigentliche Nutznießerin war Chris Watt, die weiß Gott etwas Abwechslung verdient hatte.
Serge
Fortuna
Es ist fast zwei. Serge hält sich den Bauch und hofft, dass er nicht im Taxi kotzen muss. Es war dumm, sich so die Birne wegzuknallen, aber verzeihlich unter den Umständen. Der Wodka, den Maroushka ihm eingeflößt hat, war sein Rettungsanker gewesen. Ein paar Gläser Champagner obendrauf haben nicht geschadet. Das Bescheuerte war, sich dem Wettbewerb der anderen Quants anzuschließen, wer am meisten von der toxischen Mischung aus Champagner, Whisky, Brandy, Bier, Rotwein, Pernod, Campari, Fruchtsaft, Worcestersoße und einem orangen Zeug vertragen konnte, das wie Fleckentferner schmeckte.
Irgendwann hatte der Barmann, ein kleiner dunkelhäutiger Typ mit einem Ohrring und wenig Haar, vorsichtig vorgeschlagen, dass sie alle einen Gang runterschalten sollten, worauf Lucian, das Geburtstagskind, fuchsteufelswild wurde und ihn anschrie: »Schenk aus, du mieser kleiner Proll! Mach deinen beschissenen kleinen Job!« Dabei warf er die Arme in die Luft, taumelte gegen einen Tisch und warf ein paar Gläser auf den Boden.
Ein alter Schulfreund von Lucian, der bei Cazenove arbeitete und bereits sternhagelvoll war, umarmte seinen Kumpel und gab ihm einen
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