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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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junger Typ steigt aus, das Handy ans Ohr gepresst, stapft einmal rund um den Platz und verschwindet um die Ecke. Bis sie ihn findet, hat ihn schon jemand zu Mr. Philpott in den Heizkeller geschickt, und die beiden haben angefangen, die Müllsäcke in den Geländewagen zu hieven, wobei sie mit dem Septemberwind zu kämpfen haben, der den ganzen Müll auf den Spielplatz zu fegen droht.
    »Hallo, ich bin Clara Free. Ich glaube, wir haben telefoniert ...«
    »Ach ja, genau.« Er schüttelt ihr federnd die Hand. Er sieht aus wie Anfang zwanzig, ein bisschen pickelig, mit gegeltem,vom Wind zerzaustem Haar, tief sitzenden Jeans und einer schwarzen Jacke mit Reißverschluss.
    »Ich dachte, Sie kommen mit einem Lieferwagen oder so was.«
    »Geht schon, das passt alles hier rein.«
    Er und Mr. Philpott stopfen die letzten paar Säcke in den Geländewagen, auf dessen Tür ein Firmenlogo steht: »First Class Finance: jederzeit verfügbar, für jedermann bezahlbar. Worauf warten, wenn Sie Ihre Träume wahr machen können?« Und die gleiche Handynummer, unter der sie ihn vorher erreicht hat.
    »First Class Finance. Sind Sie das?«
    »Ja, genau.«
    »Ich dachte, Sie wären ein Recycling-Unternehmen?«
    »Ja, das machen wir auch. Multiples, unbeschränkt diversifiziertes Portfolio.«
    »Ich verstehe.« Sie versteht überhaupt nichts.
    »Dreißig Pfund, Miss, bitte.«
    »Eigentlich hatten wir zwanzig gesagt.«
    »Dreißig. Drunter wird’s nichts.«
    Er öffnet den Kofferraum und holt einen Sack wieder heraus. Hastig nimmt sie die Scheine aus der Tasche. Er hält sie gegen das Licht, bevor er sie einsteckt, dann steigt er in seinen Geländewagen und fährt mit aufheulendem Motor davon. Der Wind packt den zurückgebliebenen Sack mit alten Zeitungen und wirbelt sie über den Parkplatz. Clara läuft herum, um sie wieder einzufangen, bis sie völlig entnervt und außer Puste ist.
    Als sie nach Hause kommt, ist es sechs und sie ist reif für ihre einzige Zigarette des Tages, aber sie hat keine mehr und die Läden sind schon zu. Also streift sie die Schuhe ab, stellt Wasser auf, setzt sich aufs Sofa und googelt First Class Finance. Nichts. Dann googelt sie Syrec. Eine Website öffnet sich – Harfenmusik und Bilder von Schmetterlingen, die über Weizenfelder gaukeln, dann erklingen Geigen in einem ambitioniertenArpeggio, während eine Stimme mit amerikanischem Akzent aus dem Off erklärt, wie Syrec dazu beiträgt, unser einzigartiges Erbe für zukünftige Generationen zu bewahren. (Aufs Stichwort pflücken zwei kleine blonde Mädchen in weißen Kleidern auf einer üppigen Wiese Gänseblümchen. Typische Alltagsszene in Doncaster.) Es gibt eine Kontaktseite mit einer Adresse in Askern und der gleichen Handynummer, die sie hat. Das ist alles.
    Inzwischen braucht sie dringend ihre Zigarette. Sie geht vor die Tür und klingelt bei Ida Blessingman. Keiner macht auf, obwohl sie sicher ist, dass sie Ida vorhin nach Hause kommen hörte. Sie klingelt noch einmal. Nach ein paar Minuten taucht Ida in ihrem türkisen Morgenmantel und mit einer Zigarette im Mund auf.
    »Hallo, Ida, hast du vielleicht eine Zigarette für mich ...?«
    Aus der Tiefe der Wohnung hinter Ida ruft eine Männerstimme: »Wer ist es denn?«
    »Niemand«, ruft Ida über die Schulter zurück.
    Durch die halboffene Tür sieht Clara, wie jemand aus der Küche ins Bad flitzt. Auch wenn er schnell ist, erhascht sie einen flüchtigen Blick auf einen nackten Mann mit einem dünnen Serienmörderschnurrbart.
    Ida nimmt sich die Zigarette aus dem Mund, steckt sie Clara zwischen die Lippen und schlägt die Tür zu.
    Als sie vor dem Zubettgehen auf ihre Facebook-Seite geht, entdeckt sie noch etwas Interessantes. Ihre Freundin Tammy aus Studientagen hat eine neue Facebook-Freundin namens Barbara, eine Botanik-Postdoktorandin in Cambridge mit einem niedlichen pummeligen Gesicht und kurzem dunklem Haar, die von ihrer Leidenschaft für die nordische Sumpf-Orchidee Dactylorhiza purpurella (Purpurblütiger Fingerwurz) schreibt, einem Knabenkraut, das wie ein borstiger lila Penis aussieht und anscheinend reichlich im Sumpfland um Doncaster vorkommt.Das eigentlich Interessante ist, dass diese Barbara genauso aussieht wie Babs, Serges Freundin in Cambridge, die Clara ein paarmal getroffen hat, auch wenn sie jetzt eine andere Frisur hat. Clara schickt Barbara eine Freundschaftsanfrage, erwähnt, dass sie die Dactylorhiza purpurella in Potteric Carr gesehen hat, und fragt, ob Barbara einen gewissen

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