Die Werwolf-Elite
gischtete weiterhin in die Höhe. Berge aus glitzernden, sprühenden Tropfen fielen über unserer Maschine zusammen und überzogen die Haut des Vogels mit einem glänzenden Film.
Fünf Minuten später berührten die Schwimmer festeren Boden. Sumpf.
Die Maschine stand, der Pilot drehte sich um und winkte uns zu. Wir hatten schon durch die Fenster gesehen, wo wir gelandet waren, und schüttelten die Köpfe. »Hier sollen wir raus?« fragte ich.
»Ja.«
»Und dann versacken wir im Sumpf.«
»Nein, das sieht nur so aus. Ich kenne die Stelle. Sie haben ja Stiefel an, und wenn sie schnell gehen, werden sie bald einen brüchigen Steg erreichen. Dort wartet man dann auf Sie.«
»Auf Ihre Verantwortung«, sagte ich.
»Ich?« Er lachte auf und erhob sich von seinem Sitz. »Ich bin nur ein kleiner Pilot, mehr nicht.«
»Der es faustdick hinter den Ohren hat.«
Der Ausstieg war inzwischen geöffnet. Kalter Wind pfiff in die Maschine. Wir waren heilfroh, die Jacken mit dem Steppfutter angezogen zu haben.
Der Wind wehte auch über den Sumpf. Er bewegte das Gras, das hüfthoch aus dem Wasser ragte, so daß es auf uns wirkte wie ein grünbraunes, wogendes Meer.
Es wuchs bis zum Wald hin. Eine freie Fläche oder einen trennenden Zwischenraum sah ich nicht. Der Pilot hatte eine kleine Leiter ausgefahren. Sie klebte am Rumpf. Über die Sprossen stiegen wir nach unten.
Ich hatte die Führung übernommen und versank deshalb als erster in der Mischung aus Wasser und Schlamm. Als meine Füße den Grund aufwühlten, nahm das Wasser eine noch stärkere Trübung an.
Die hohen Stiefel erwiesen sich jetzt schon als nützlich. Fast bis zu den Knien sackte ich ein und fühlte unter meinen Füßen einen schwammigen Grund.
»Bewegen Sie sich«, riet der Pilot, »sonst sacken Sie ein!«
Das tat ich, wobei ich Mühe hatte, meine Beine wieder aus dem Grund hervorzuziehen. Suko ging es nicht anders.
Der Pilot war so dicht am Wald gelandet, wie er gerade noch verantworten konnte. Als wir weit genug entfernt waren, startete er, wendete die Maschine und zischte über das Wasser.
»Mutiger Bursche«, sagte Suko. Wir waren für einen Moment stehengeblieben und schauten dem Flugzeug nach.
Ich hob die Schultern. »Er haßt das System. Sein Vater war Russe. Er starb in einem Lager.«
Der Vogel hob ab. Er hatte einen grünlichen Tarnanstrich, doch jetzt blitzte selbst dieser auf, denn das Flugzeug schien direkt in die Sonne hineinzufliegen.
Wir waren zu lange stehengeblieben und hatten Mühe, wieder freizukommen. Schwer stapften wir weiter und merkten schon bald, daß der Untergrund härter wurde. Schließlich verschwand auch das Wasser, wir passierten Ausläufer des Schilfgürtels und erreichten zwar feuchten, aber dennoch festen Boden. Dort blieben wir erst einmal stehen.
Stille und Einsamkeit umgab uns. Die Maschine war schon verschwunden. Wir sahen sie nicht einmal mehr als Punkt im Grau des Himmels. Diese Gegend war ein Paradies für Naturforscher. Bretteben lag sie vor unseren Augen. Gewaltige Vogelschwärme schienen aus der Sonne zu kommen, stießen nieder und fanden überall auf dem weiten Wasser- und Sumpfgelände ihren Platz sowie Nahrung.
Suko hatte die Karte hervorgeholt. Es waren etliche Meilen bis zu unserem Ziel, und allein würden wir es kaum schaffen. Davon waren wir beide überzeugt. Wir sollten abgeholt werden. Von der Person war nichts zu sehen.
Nicht einmal den Namen wußten wir, da konnte jede x-beliebige Figur erscheinen, wir mußten ihr einfach vertrauen. Das gefiel mir überhaupt nicht.
Suko deutete nach Südosten. »Sollen wir?«
Ich hob die Schultern. »Klar, wer nicht kommt zur rechten Zeit…«
»Genau.«
Wir marschierten los. Jeder Atemzug stand als kleine Wolke vor unseren Lippen. Es war empfindlich kalt. Der sibirische Winter ließ sich nicht aufhalten.
Schon nach wenigen Schritten blieb ich stehen und sah mich um.
»Suchst du etwas?« fragte der Chinese.
»Ja, den Steg, von dem unser Pilot gesprochen hat.«
»O verflixt, den hatte ich ganz vergessen.«
Wir waren zum Glück noch nicht in den Wald eingedrungen.
Vor mir sah ich einen Baum. Ich kletterte hoch und hielt Ausschau.
Ich hatte Glück. Der Steg war von meiner Position aus zu erkennen. Wie ein dunkles Band lief er in einen schräg vor uns liegenden Schilfgürtel hinein. Ich sagte Suko Bescheid und sprang nach unten. Der Chinese war schon vorgegangen. Wieder wurde der Boden weicher. Wenn wir auftraten, schmatzte es unter unseren Füßen.
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