Die Werwolf-Elite
liegt - oder ich weiß nicht. Ich habe ihn niedergeschlagen.«
So ähnlich hatte ich mir das vorgestellt. Meine Jacke hängte ich über ihre Schultern, dann betraten wir den Wohnraum. Ich hatte kaum die Tür aufgestoßen, als ich das Fluchen und Stöhnen hörte. Suko war bereits wieder zu sich gekommen. Er hatte sich am Tisch hochgestemmt und stand schwankend da. Sein Gesicht war verzerrt, auf seinem Kopf wuchs eine Beule. Das Stück Holz, mit dem Jovanka zugeschlagen hatte, lag neben dem Stuhl.
Suko hörte uns und wollte herumfahren, wobei seine Hand nach der Waffe tastete.
»Laß stecken«, sagte ich. »Es ist alles klar.«
Suko ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. Sein Blick traf das Mädchen.
»Es tut mir leid«, flüsterte Jovanka.
»Und mir tut es weh«, erwiderte der Chinese trocken.
Die Antwort zeigte mir, daß Suko nicht nachtragend war.
Jovanka ging zur Seite und streifte wieder ihre Kleidung über. Ich untersuchte inzwischen Sukos Wunde.
Die Haut war aufgeplatzt. Etwas Blut rann aus der Beule. Es klebte in den Haaren.
»Ich - ich möchte gern helfen«, sagte Jovanka leise. »Wir haben da eine Salbe, die hilft bestimmt. Die Holzfäller werden oft verletzt und da…«
Ich nickte. »Natürlich.«
Das Mädchen war froh, etwas tun zu können. Aus dem Regal holte sie eine Schale und nahm den Deckel ab. Grünlich schimmerte die Salbe.
Während Jovanka meinen Freund mit flinken Fingern behandelte, sah ich mir den Keller an. Es war ein kleines Verlies unter der Hütte. Ein Mensch konnte nur geduckt dort hocken. Hier hatte sich der Werwolf also versteckt gehalten.
Ein seltsamer Geruch traf meine Nase. Irgendwie streng. So rochen Raubtiere.
Sogar ein Pflaster besaß Jovanka. Das klebte sie Suko auf den Kopf.
»Ich glaube, jetzt geht es«, sagte sie.
Suko lächelte und reichte ihr die Hand. »Schließen wir Frieden?« fragte er.
Die junge Russin wurde rot. Sie weinte wieder, aber Suko fuhr sie bewußt barsch an, und die Worte stoppten auch ihren Tränenstrom.
Wie zuvor nahmen wir am Tisch Platz. Diesmal jedoch hatte ich einige Fragen. Ich wollte wissen, wie der Mann Boris zu einem Werwolf geworden war.
Die Antwort überraschte mich eigentlich nicht, denn irgendwie hatte ich damit gerechnet.
»Dieser englische Agent war bei uns. Und er hat Boris gebissen. Er hat den Keim gelegt, ich mußte es mit ansehen, und mir wurde gesagt, daß sicherlich bald jemand aus England kommen würde, dann sollte ich mich an ihn heranmachen. Wenn nicht, würde mein Bruder sterben. Er war der einzige, den ich noch hatte.« Ein schlimmes Schicksal, das mußten wir zugeben. Wir erfuhren auch, daß Jovanka das System der Sowjetunion haßte und deshalb für den Westen als Spionin arbeitete. Ihr Bruder hatte ebenfalls für die Sache der freien Welt gekämpft. Bisher waren sie nicht enttarnt worden, und die beiden hatten schon des öfteren heikle Aufträge übernommen, oder Gegner des Regimes in ihrem Haus versteckt.
Ich war noch nicht ganz zufrieden und hakte deshalb nach.
»Dein Bruder ist also von Clive Denver gebissen worden. Aber wer hat Denver infiziert?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hat Denver wirklich nichts gesagt?«
»Nein, John.«
»Und Boris?«
»Natürlich haben wir darüber gesprochen, und er hat auch ein paarmal etwas gesagt, das ich jedoch nicht für bare Münze nehmen konnte. Es klang so unwahrscheinlich und war sicherlich auch nur seinen Wunschträumen entsprungen.«
»Sagen Sie es trotzdem.«
»Er redete immer von einer Frau. Sie wäre toll, und sie würde uns irgendwann einmal besuchen. Diese Frau hätte blonde Haare und sei ein Wesen zwischen Mensch und Bestie.« Jovanka brauchte überhaupt nicht weiterzusprechen. Ich wußte, wer gemeint war. Lupina!
Auch Suko hatte etwas geahnt. Er warf mir einen Blick zu, den auch die junge Russin bemerkte, denn sie fragte: »Kennen Sie die Frau etwa?«
»Wahrscheinlich«
Plötzlich blitzten ihre Augen. »Sag es, John.« Sie fiel wieder in den vertraulichen Ton. »Bitte, sag es…«
»Was hast du vor?«
Sie schaute sich um. Ihre kleinen Hände ballten sich. »Ich habe genug einstecken müssen. Mit dem Tod meines Bruders ist das Faß übergelaufen. Boris und ich hingen wie Kletten zusammen. Der eine konnte sich auf den anderen verlassen, und jetzt ist er tot. Niemand wird ihn mehr zum Leben erwecken, aber ich gebe derjenigen die Schuld, die ihn dazu gebracht hat.«
»Sie ist zu mächtig.«
»Sag mir den Namen.«
»Lupina, die Königin der Wölfe!«
Ich
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