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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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fragend auf seine bandagierte Hand starrte und versuchte, sie in seine Erinnerungen einzubauen, was ihm nicht zu gelingen schien.
    Der Hirte machte eine ausladende Geste über den Himmel und die Umgebung, faltete dann die Hände zum Gebet und verabschiedete sich, indem er freundlich mit dem Kopf wackelte.
    „Was haben sie ihn gefragt?“, wollte Laima wissen.
    „Ich habe ihn zu den Lichterscheinungen befragt.“
    „Und? War er überrascht?“
    „Überhaupt nicht. Er meinte, es sei ein offenes Geheimnis, dass es hier dauernd zu sehen gäbe. Es verleihe dem Ort seinen Ruf, als Sitz der Götter. Deswegen die Klöster hier um den See. Es sei seit Jahrhunderten bekannt.“
    „Glauben sie das?“
    „Glauben, glauben. Ich sehe etwas. Weiß ich, ob es das ist, was ich glaube? Weiß ich überhaupt etwas?“
    „Entschuldigung, ich wollte sie nicht gleich in philosophische Abgründe stoßen.“
    „Ich glaube vor allem, ich brauche erst mal einen Kaffee“, sagte er und lächelte.
     
    „Wir werden heute damit beginnen, Wasserproben aus beiden Seen zu entnehmen“, sagte er nach dem Frühstück. „Der Manasarovar ist durchgehend flach. Das bedeutet, wir können vom Boot aus die Proben nehmen. Der Rakshastal hingegen ist ziemlich tief und ich hätte gern aus allen Schichten Proben. Dazu werden wir tauchen müssen. Wir haben vier Ausrüstungen dabei. Es sind zwar nur kleine Luftflaschen, sie sollten aber für den kurzen Tauchgang auf vierzig Meter reichen. Wer hat einen Tauchschein?“
    Professor Carlsen, Figaro Slinkssons und Laima hoben die Hand.
    „Perfekt! Das kommt genau hin. Roger, sie könnten während des Tauchgangs auf dem Manasarovar die Proben nehmen. Das sollten sie auch alleine schaffen.“
    Schüssli nickte.
    „Sam und Thian werden dann mit uns rausrudern und auf uns warten, während wir unter Wasser sind. Sam, würden sie mit Roger das Boot rüber an den Manasarovar tragen?“
    „Selbstverständlich!“
    „Dann würde ich sagen, los gehts! Wir checken noch die Pressluftflaschen und tragen die Sachen rüber.“
    Schüssli und Sam nahmen eines der Schlauchboote und trugen es zum Manasarovar, in dem einige Pilger badeten. Laima und die andren zogen ihre Neoprenanzüge an und watschelten mit den Flossen, Masken, Pressluftflaschen und den Gummibooten Richtung Rakshastal.
    „Versuchen sie zu vermeiden, vom Wasser zu trinken!“, sagte von Stein. „Ich kann nichts garantieren, bevor ich nicht selbst eine Analyse gemacht habe.“
    Sie setzten die Boote auf die unruhigen Wellen, die ans Ufer schlugen. Sam holte sie ein.
    „Sie haben recht“, sagte er. „Drüben liegt der Manasarovar tatsächlich flach wie ein Spiegel. Und hier meint man, am Atlantik zu stehen. Außerdem fängt es an zu regnen.“
    Sie stiegen in die Boote und ruderten gegen die Brandung an. Es kostete sie viel Kraft und es kam Laima vor, als wehre sich der See regelrecht gegen ihr Eindringen. Die Wellen klatschten gegen die Boote und spritzten ihnen ins Gesicht. Der Wind wurde stärker und der Regen heftiger.
    „Ein wahres Unwetter innerhalb von zehn Minuten“, sagte Professor Carlsen, mit dem Laima in einem Boot saß.
    Alle ruderten in geduckter Haltung, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Es schien ihr, als drückte der Sturm sie zurück an Land. Unter Wasser sollte es ruhiger werden. Aber sie wusste auch, dass starker Wind auf der Oberfläche unter Wasser zu gefährlichen Strömungen führen konnte.
    Die Boote schaukelten auf den Wellen. Der Wind peitschte ihnen den kalten Regen ins Gesicht, als sie auf der Mitte des Sees angekommen waren. Der Himmel hatte dichte, tiefhängende Wolken zu einer düsteren grauen Masse zusammengeschoben, als ob er sie alle darunter begraben wollte.
    „Bindet die einzelnen Boote zu einer Insel zusammen. Sam und Thian, versucht die Position zu halten, während wir tauchen. Alles klar?“
    „Alles klar“, sagte Sam und schloss Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis, was unter Wasser soviel wie alles in Ordnung bedeutete.
    „Alle in Position!“
    Alle Taucher setzten sich auf den Rand der Boote mit dem Rücken zum Wasser. Die Atemgeräte im Mund.
    „Und los!“
    Dann ließen sie sich ins eiskalte Wasser des Rakshastals fallen.
    Tiefe Schwärze umfing Laima, da von oben wenig Licht durch die graue Wolkendecke drang. Sie knipste eine Unterwasserlampe an, die sie aus einem Stoffbeutel holte, in dem auch die Behälter für die Proben waren. Die Probenröhrchen waren mit der jeweiligen

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