Die Wesen (German Edition)
eingetroffen ist?“
„Jawohl, Madame.“ Er sah in seinem Computer nach. „Zimmer 606, Madame.“
Sie stattete sich in der Boutique des Grandhotels mit dem Nötigsten aus. Die Preise waren astronomisch. Sie schämte sich fast. Dann dachte sie an das bevorstehende Essen heute Abend und dass wenn ihr Gastgeber sie schon in einem so edlen Etablissement untergebracht hatte, Geld keine Rolle zu spielen schien. Sie kaufte ein Abendkleid, das ihr besonders gefiel und ein Paar passende Schuhe dazu, in denen sie sich hinreißend fühlte, auch wenn sie sonst nicht der Typ für Abendkleider und hochhackige Schuhe war. Sie ließ alles auf ihr Zimmer bringen.
Immer wieder kam es ihr seltsam vor, dass nach der Hetzjagd der letzten Tage plötzlich diese Ruhe herrschte, die sie fast mehr beunruhigte. Der Luxus lenkte sie ab, aber ihre Verunsicherung wuchs. Es war ein nervöses Gefühl im Bauch, das sich ausbreitete und anfing, sie schleichend einzuspinnen.
Sie dachte an Professor Bersinsch, während sie unter der Dusche stand. Sie musste unbedingt mit Professor Carlsen reden. Was wusste er über diese ganze Sache?
TRAUEN SIE NIEMANDEM. SCHON GAR NICHT SICH SELBST, dachte sie wieder.
Sie klopfte an die Zimmertür 606.
„Meine Liebe! Sie sind bestimmt die reizende Laima Liepa“, sagte der beleibte ältere Mann mit dem kurzen weißen Bart, als er die Tür öffnete. „Kommen sie doch herein. Der alte Bersinsch hat mir schon viel erzählt. Aber dass sie so hübsch sind, hat er mir glatt unterschlagen“, sagte er. Dann schloss er die Tür hinter ihr.
„Sie sind ein Freund von Professor Bersinsch?“, fragte Laima.
„Einer seiner Vertrautesten, möchte ich meinen. Es ist ein Jammer mit seiner Gesundheit, aber warten sie.“
Er holte ein kleines Gerät aus seinem Koffer. Ein Gerät, wie sie es bereits von Professor Bersinsch kannte. Er schaltete den Störsender ein.
„Nur die Naiven glauben, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht. Und der alte Magnus Carlsen gehört sicher nicht dazu. Also, meine Liebe, was hat Bersinsch ihnen erzählt?“
Aus irgendeinem Grund zögerte sie. Dieser Zettel in der Schokolade machte sie noch krank. Schließlich hatte Professor Bersinsch ihr selbst gesagt, sie solle sich an Professor Carlsen halten.
„Eigentlich nicht viel. Die Scheibe, die er unter dem Altar des Doms gefunden hat, wurde gestohlen.“
„Das ist interessant“, sagte Professor Carlsen und kratzte sich am Bart. „Wissen sie, was es mit der Scheibe auf sich hat? Hat er es ihnen erklärt?“
„Nur sehr ungefähr. Er sprach von einem Punkt, der innerhalb der Blume des Lebens markiert war. Und auf der Unterseite der Scheibe ...“
„Unterseite?“
„Die Scheibe steckte im Boden. Die Mulde ließ auf die Form eines ... Schildes mit Schildbuckel in der Mitte schließen.“
„Eine Lolladoff Scheibe! Heureka! Was für ein Fund.“
„Was ist eine Lolladoff Scheibe?“
„Die Lolladoff Scheibe hat genau die Schildform, die sie gerade beschrieben haben. Dazu ist sie mit besonders gut ausgeprägten Gravierungen versehen. Dinosaurier und andre Tiere, die in der Evolution eine Rolle gespielt haben. Und einem Wesen.“
„Was für ein Wesen?“
„Man würde es, wenn ich es als Augenarzt einfach ausdrücken will, mit seinen mandelförmigen nicht wie bei uns horizontal, sondern fast vertikal ausgerichteten Augen, am ehesten als Außerirdischen bezeichnen. Die schildartige Form könnte zudem eine Flugscheibe darstellen. Deswegen wirft es die berechtigte Frage auf, was uns dieser Fund über die Evolution sagen kann. Und was es uns über die wahre Geschichte der Menschheit verrät.“
„Sie glauben, es könnte eine andere Geschichte der Evolution geben, als wir sie bereits kennen?“, fragte Laima.
„Die Evolutionstheorie ist und bleibt nichts weiter als eine Theorie. Nur weil wir sie ständig gebetsmühlenartig wiederholen, ist sie nicht mehr und nicht weniger als eine Idee, wie die Dinge sein könnten. Darwin hatte sie zunächst nur für die Entwicklung der Arten erdacht. Eine Theorie, die, von Beobachtungen abgeleitet, vieles erklärt. Ebenso vieles überhaupt nicht.“
„Und was haben sie und Professor Bersinsch herausgefunden?“
„Was Professor Bersinschs Forschung so wichtig macht, ist, dass er die Dainas und Lielvardes Gürtel mit einbezogen hat. Die lettische Sprache ist der letzte lebende Zweig der ursprünglichen Mutter aller Sprachen und damit die wissenschaftlich gesehen reinste
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