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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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dem Fels gewaschen.
    „Das muss Jahrtausende gedauert haben, bis sich das Wasser hier durchgegraben hat“, staunte Laima. „Sehen sie die Schichten.“
    Die Schlucht des Canyons hatte trotz seiner Schönheit etwas Beengendes. Es gab keinen Ausweg. Und was von Stein gesagt hatte, machte sie nachdenklich. Der Fluss machte ihr Angst.
     
    „Wir müssen besser ein Boot vorschicken, das die andren warnt, wenn nötig“, sagte von Stein. „Falls etwas Unvorhergesehenes auf dem Fluss eintritt, können wir die andren durch Rufe alarmieren. Außerdem werde ich ein Seil rauslegen, damit wir im Notfall eine Rettungsleine haben.“
    Gerold von Stein tauchte für ein paar kräftige Schläge das Paddel ein. So bekamen sie einige Längen Vorsprung.
    Es folgten gewundene Kurven. Laima konzentrierte sich auf die Kommandos, die von Stein gab. Es war keine Zeit für Plaudereien.
    „Hätte sich wenigstens gerade durch den Stein graben können dieser Fluss“, sagte Laima keuchend zwischen zwei Paddelschlägen.
    Sie bemerkte die Wachsamkeit, mit der von Stein jede neue Situation vor ihnen zu erspähen suchte, um bei einer möglichen Gefahr sofort Alarm zu schlagen. So steuerten sie einige Zeit durch den schmalen Tunnel, der sich endlos hoch über ihnen zu erheben schien. Ein dünner, gewundener Streifen blauen Himmels war alles, was sie von der Außenwelt noch sahen.
    „Sehen sie, keine anderen Hochwassermarken auf den Felsen. Es sieht nach dem Höchststand aus, was zur Monsunzeit auch kein Wunder ist. Das macht den Fluss allerdings auch am gefährlichsten.“
    Trotz der Kühle, die im Schatten der Felsen und auf dem kalten Bergwasserfluss herrschte, schwitzten sie vor Anstrengung. Immer wieder mussten sie gegen die Strömung anrudern, die drohte, sie in den engen Kurven an den rauen Fels zu drücken und damit ihr Boot zu beschädigen. Was dann geschah, wollte sie sich lieber nicht ausmalen.
    Todeskanal, dachte Laima. Sie konnte ihre Gedanken nicht kontrollieren. Sie schaffte nicht, sich dagegen zu wehren. Die Bilder tauchten einfach auf.
    Wenn sie kenterten, bot sich nirgends ein Halt. Die Strömung riss sie erbarmungslos mit. Hatten sie Glück und erwischten eines der anderen Boote, mussten sie aber im kalten Wasser bleiben. Denn alle Boote waren voll beladen. Verpasste man die Boote, würden Kältekrämpfe sie früher oder später lähmen. Spätestens durch Überanstrengung und Schwäche würden sie ertrinken.
    Der Fluss riss sie mit sich. Paddeln, paddeln. Lenken. Wieder paddeln. Sie waren durchnässt von Spritzwasser und Schweiß. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie nicht aufhören durften. Sie saßen in einer Falle. Sie mussten weiter, ohne Ausweg. Paddeln, kämpfen! Sie konnten sich keine Pause leisten. Sie waren in diesem Gefängnis verdammt zu rudern, solange die Fahrt dauerte. Ließen sie nach oder hörten sie auf, unterschrieben sie ihr eigenes Todesurteil.
    Diese Gedanken ließen allen Lebensmut in ihr weichen. Gerade jetzt, wo sie all ihre Reserven so dringend brauchten.
     
    Dann tauchte es vor ihnen auf.
     
     
     

14
     
    „Die Stadt der Götter!“
    „Wow, das war es also, von dem der Dropaolat uns erzählt hat“, sagte Laima. „Es gibt sie also wirklich!“
    Vor ihnen lag ein halbrundes, bewaldetes Tal, an dem der Fluss eine Biegung machte. Oberhalb der Bäume waren drei kunstvolle Tempel im Fels zu sehen. Sie bildeten einen Gürtel oberhalb der Baumwipfel. Riesige Säulen, steinerne Elefanten und Statuen säumten die Eingänge, die in die Tiefen des Berges führten. Alles war mit geometrischer Präzision angelegt, die besonders von Ferne ihre Faszination entfaltete.
    „Die Steinskulpturen müssen geradezu gigantisch sein, wenn man sie auf diese Entfernung so gut erkennt. Das Tal hat mindestens einen Kilometer Durchmesser“, sagte von Stein. „Lassen sie uns anlegen. Dort auf dem Strand.“
    Mit Leichtigkeit manövrierten sie das Schlauchboot auf den Sand. Sobald sie es sicher an Land gezogen hatten, riefen sie den Andren zu, die gerade in Sichtweite kamen. Es dauerte nicht lange und alle standen staunend am Strand des Tals.
    „Ich vermute, der Flusslauf verlief mal unterhalb der Anlagen“, sagte Figaro Slinkssons.
    „Aber warum ist der ganze Tempelkomplex oberhalb der Bäume angelegt?“, fragte Roger Schüssli.
    „Vielleicht war der Wasserstand mal höher als jetzt, mein Lieber“, sagte Professor Carlsen. „Vielleicht wurden die Tempel mit Booten erreicht?“
    Laima beobachtete, dass Thian

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