Die widerspenstige Braut
ihn, wie er da vor ihr stand, gekleidet wie ein Pirat, ausgestattet mit der Selbstsicherheit eines Lords. »Wenn ich dich heirate, würde mir sowieso alles mit dir gemeinsam gehören. Ich kann mich nicht selbst bestehlen.«
Er beobachtete sie genau. Zu genau, wog alle ihre Reaktionen ab, las alles, bis auf die Wahrheit. »Gib mir wenigstens die Miniatur von meiner Frau zurück.«
Sie schloss die Augen, weil ihr plötzlich die Tränen in die Augen schossen.
Nein.
Keine Tränen. Wut war viel besser. »Diese Miniatur deiner Frau ist wenig genug als Vergütung für meine Hilfe bei Lady Featherstonebaugh.«
Das verschlug ihm die Sprache, so als hätte man ihn mit eiskaltem Wasser Übergossen. Er nahm ihr Handgelenk, eine ruhige, sanfte Bewegung. »War es dein Vater, der dir das Stehlen beigebracht hat?«
»Ja, aber lass dich davon nicht beeinflussen. Ich war gut darin, und ich mochte es. Ich mochte die Erregung. Manchmal vermisse ich sie sogar.« Sie biss sich auf die Unterlippe. Das stimmte, aber es lief gleichzeitig darauf hinaus, dass sie zugab, die Miniatur seiner Frau gestohlen zu haben. Aber sie würde ihre Zeit nicht mit Unschuldsbeteuerungen verschwenden, die er sowieso nicht glauben würde.
»Du hättest nichts zu essen gehabt, wenn du nicht erfolgreich gewesen wärst.«
»Das trifft auf Tausende von anderen Dieben ebenfalls zu, William. Fang jetzt nicht an, Mitgefühl zu zeigen. Das wird dich nur in Verwirrung stürzen.«
Er beugte sich über sie, ließ sie seine Hitze spüren, fixierte, blickte sie unverwandt mit diesen verblüffenden Augen an.
»Die Kinder brauchen dich.«
»Die Kinder werden sehr gut ohne mich zurechtkommen.«
Das wenigstens entsprach der Wahrheit.
»Ich brauche dich.« Er streichelte ihre Wangen mit seinen Fingerspitzen und sprach die Worte aus, die zu hören sie gestern Nacht einen Mord begangen hätte: »Ich liebe dich.«
Glaubte er es? Ja. Natürlich tat er das. Es gab keinen anderen Grund für sein verblüffendes Heiratsangebot. Er glaubte, dass er sie liebte – aber er vertraute ihr nicht.
Dieses Mal konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. »Ist das wirklich Liebe? Etwas, das bei den ersten Anzeichen von Schwierigkeiten ins Wanken gerät? Ein Gefühl ohne Vertrauen? Ein leerer Verstand und ein emsiger Schwanz?« Er versuchte zu antworten, aber sie legte ihm ihre Hand über den Mund. »Antworte nicht. Genau
das
ist es, was Liebe ist. Ich habe es immer wieder erlebt, und ich lehne das ab. Ich will deine Art von Liebe nicht.« Sie stieß seine Hand weg. »Ich habe etwas Besseres verdient.«
Er betrachtete seine Finger, als hätte ihre Berührung ihn verbrannt. »Ich kann das nicht länger ertragen. Es tut zu weh.«
»Gut. Deine armseligen kleinen Gefühle lassen sich mit meinen nicht vergleichen.«
Er sah auf sie hinunter und lächelte, ein schmerzerfülltes Lächeln. »Hauptsache, du leidest genauso wie ich.«
William saß mit eingefallenen Schultern an seinem Schreibtisch, stützte seinen Kopf in seine Hände und fragte sich, wie alles so schnell so schief laufen konnte. Er hatte sich verliebt, leidenschaftlich und wahnsinnig verliebt. Er hatte seine gesamten Grundsätze verraten, seine Moral, um mit Samantha zu schlafen. Er hatte auf der Veranda gestanden, während die Musik spielte und die Kerzen flackerten, während er als Gastgeber auf dem Ball hätte sein müssen. Mit einer Frau, die nicht aus seiner Klasse stammte und unbekannten Ursprungs war. Und ihn hatte die Leidenschaft derartig überwältigt … gut. Das bewies, dass seine moralischen Grundsätze die richtigen waren. Er hätte niemals nachgeben sollen. Er hätte sie nach ihrer Familie fragen müssen. Er hätte ihren Hintergrund erforschen müssen, dann wäre dies alles niemals passiert.
Außer … dass er sie schon wieder begehrte. Gleich jetzt.
Hier. Auf dem Schreibtisch. Auf dem Fußboden. Auf dem Sofa.
Er hatte aus Leidenschaft so den Verstand verloren, dass er gewillt gewesen war, alles, woran er glaubte, beiseite zu schieben und seine Kinder Samanthas diebischem Charakter auszuliefern, nur damit er sie haben konnte.
Und sie hatte ihn zurückgewiesen.
Er stöhnte. Er krümmte sich vor Demütigung. Diese lügenhafte kleine Diebin hatte ihn mit ihrer Verachtung gestraft und war aus seinem Leben verschwunden.
Die Zeit würde seine Wunden heilen, natürlich. Er würde über sie hinwegkommen, natürlich.
Aber im Moment hatte er das Gefühl, innerlich zu verbluten.
Hatte das Gefühl, sein Herz
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