Die widerspenstige Braut
Verletzlichkeit, was ihn betraf, gezeigt und ihren Wunsch, in seinen Armen zu liegen, aus welchem Grund auch immer. Und er, der es von Anfang an gehasst hatte zu tanzen, wünschte sich sehnlichst, dass der Ball bereits heute Abend stattfände, damit er sie an sich drücken konnte und jede Erinnerung an diese in sie vernarrten, sie umschwirrenden Verfolger auslöschen konnte.
Dennoch bewahrte sie ihre Haltung und schaffte es, unbeteiligt und sogar etwas gelangweilt zu klingen. »Um Ihre erste Feststellung zu beantworten – ja, ich entdecke gerade, dass ich ziemlich gut mit diesem gesellschaftlichen Wirbel umgehen kann. Es ist überhaupt nicht schwer. Ich behandele die Gentlemen wie kleine Kinder, halte Augenkontakt, gebe vor, interessiert zu sein an ihren dummen Schmähreden, und tadele sie leicht, wenn ihr Spielzeug in Gefahr gerät, ihnen aus der Hand zu gleiten.«
»Sie sind reichlich sarkastisch, was mein Geschlecht betrifft.« Was ihn in Wahrheit nicht wirklich störte. Er wollte gar nicht, dass sie Grund hatte, die anderen Männer zu bewundern.
»Überhaupt nicht. Die Gentlemen sind sehr freundlich zu mir.« Sie machte eine Geste in Richtung der Frauen. »Mit Lady Marchants Hilfe waren das auch die Ladys.«
»Wieso sollten sie auch nicht bezaubert sein?«
»Das ist nur allzu leicht der Fall, fürchte ich. Damen lassen sich nicht so mühelos ablenken von einem eleganten Kleid oder hübschen Accessoires.«
Er hätte am liebsten gelacht. War sie wirklich so unschuldig?
Ja, er wusste, dass sie es war. »Glauben Sie mir, meine Liebe: Es sind nicht Ihr Kleid oder Ihre Accessoires, die die Männer zu schätzen wissen.«
Sie runzelte die Stirn. »Sie meinen … sie wissen meinen Körper zu schätzen? Das halte ich für höchst unwahrscheinlich. Ich bin dürr und habe kaum Kurven.« Sie schien zu bemerken, dass sie etwas kurz angebunden gewesen war, denn sie fügte hinzu:
»Aber vielen Dank für das Kompliment.«
Wenn sie Zeit für sich allein hätten, könnte er sie von seiner Wertschätzung überzeugen. Aber die Offiziere, die Lords und die anderen Gentlemen, die sich aus Respekt vor ihm während ihrer Unterhaltung abseits gehalten hatten, verließ langsam die Geduld. Sie traten auf der Stelle, scharrten sozusagen mit den Hufen und murrten leise. William warf ihnen einen Seitenblick zu und sagte ernst: »Erlauben Sie mir, Sie zu warnen. Die jüngeren Offiziere kommen zurück aus Indien und sind ziemlich wild nach ihrer Rückkehr. Bitte betrachten Sie jeden Vorschlag, sich im Garten zu ergehen oder die Sterne zu bewundern, mit großem Misstrauen.«
»Sofern ich nicht in einen Ringkampf verwickelt werden möchte?« Ihre Augen blitzten vor Ärger, obgleich er nicht wusste, womit er sie verärgert hatte. »Glauben Sie mir, Männer aller Gesellschaftsschichten benutzen die gleichen üblen Lockmittel. Ich bin mit allen vertraut.«
Eifersucht nagte an ihm. »Gab es viele Männer, die versucht haben, Sie zu verführen?«
»Sehr viele, ja. Keiner hatte Erfolg. Keiner wird Erfolg haben.
Wie ich Ihnen schon gesagt habe, lebe ich allein und möchte auch allein bleiben.« Sie musterte ihn mit dem vernichtendsten Blick, dessen sie fähig war, und sagte: »Nichts hat meine Meinung diesbezüglich geändert.«
Sie meinte natürlich, dass
er
ihre Meinung nicht geändert hatte. Aber unabsichtlich hatte sie ihm gleichzeitig mitgeteilt, dass sie die anderen Männer nicht attraktiv gefunden hatte. Er versuchte, seine Zufriedenheit zu kaschieren, aber sie musste das bemerkt haben, denn sie starrte ihn perplex an.
Duncan schlenderte heran. »Miss Prendregast, wie schön, Sie wieder zu sehen.« Aber er schenkte ihr keine richtige Aufmerksamkeit, und Duncan schenkte Frauen immer Aufmerksamkeit – außer, wenn er arbeitete. »William, Lord und Lady Featherstonebaugh sind angekommen. Du wirst sie sicher persönlich begrüßen wollen.«
William sah, wie Lady Featherstonebaugh über den Rasen humpelte und sich dabei schwer auf ihren Gehstock stützte.
Zum ersten Mal an diesem Tag berührte er Samantha. Nur ihre behandschuhte Hand. Nur einmal, ganz kurz. Ein Funke sprang über zwischen ihnen beiden.
Ihre braunen Augen weiteten sich. Sie atmete tief durch.
Mit weicher Stimme sagte er: »Vergessen Sie nicht, Sie haben nicht so viel Erfahrung, wie Sie gerne glauben machen möchten, dass Sie sie haben.«
Als er sich anschickte, Lady Featherstonebaugh entgegen zu gehen, meinte er, Samanthas gemurmelte Antwort zu hören:
»Und ich
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