Die widerspenstige Lady
fest daran. Wenn es ein Pferd kuriert, ist es für Menschen gerade gut genug.“
„Wie kommt er nur auf solchen Unsinn?“
„Sie mögen es ja nicht glauben, Teuerste, aber der Mann hat völlig recht.“
„Jedenfalls erhöht der Geruch Ihre Attraktivität nicht gerade.“ Sie lächelte kokett.
„Darf ich daraus schließen, dass Sie mich sonst im Allgemeinen eher anziehend finden?“
„Ja“, antwortete sie ein wenig schüchtern. „Das wollte ich damit sagen. Was Sie heute getan haben, hat mich übrigens sehr berührt.“
„Und bis dahin haben Sie mich für einen selbstsüchtigen Lebemann gehalten?“, fragte er. Sein Ton verriet, dass ihn diese Entwicklung nicht unbedingt begeisterte.
„Ich dachte, Sie freuten sich darüber, dass ich inzwischen eine höhere Meinung von Ihnen hege. Wie arrogant von mir.“
Vorsichtig bewegte er das verletzte Bein. „Ich hoffte, Sie hätten auch schon vor dem heutigen Nachmittag Ihr Herz für mich entdeckt. Schließlich habe ich mich nicht plötzlich in einen anderen Menschen verwandelt.“
„Das stimmt zwar.“ Wirklich, er machte es ihr nicht leicht. „Doch bisher war mir diese Seite an Ihnen entgangen.“
„Diese Unterhaltung scheint sich zwischen uns sonderbar zu wiederholen“, erwiderte er trocken. „Es erstaunt Sie immer wieder, dass ich nicht einfach ein haltloser Wüstling bin.“
Langsam wurde sie wütend. „Wahrscheinlich sind Sie wegen der Schmerzen schlechter Stimmung und benehmen sich deshalb wie ein störrischer Esel.“
„Keineswegs“, antwortete er verächtlich. „Mich erstaunt nur, wie schnell Sie Ihre Ansichten über mich ändern.“
Sie stand auf. „Das geht mir ähnlich. Trotzdem gebe ich offen zu, dass ich Ihnen eine Weile offensichtlich Unrecht getan habe. Vielleicht wären Sie so freundlich, dies zumindest anzuerkennen.“
„Bitte verzeihen Sie“, sagte er reumütig. „Ich habe mich Ihnen bisher wahrlich nicht eben im besten Lichte gezeigt. Aber ich wollte, dass Sie auch meine dunklen Seiten kennen.“
„Bevor …“
Sie wagte es nicht, den Satz zu beenden, Ja fast traute sie sich nicht, es auch nur zu denken. Bevor ich Ihre Geliebte werde .
Obwohl es warm war in der Bibliothek, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Die Vorstellung, in seinen Armen zu liegen, erschreckte sie ebenso sehr, wie sie sie erregte.
Was war mit ihr geschehen? Alles nur, weil sie begriffen hatte, dass er doch kein so schrecklicher Unmensch war?
„Ich werde müde, Hugo. Wir sehen uns dann morgen beim Frühstück.“ Damit stand sie auf und eilte hinaus.
Lächelnd sah er ihr nach. Er wusste, was sie vorhin nicht auszusprechen gewagt hatte. Bald schon würde er am Ziel sein. Dass ihm bei dem Gedanken allerdings der Atem stockte, beunruhigte ihn …
Im Schlafgemach angekommen, schloss Annabell die Tür hinter sich ab. Wenn Sie sich doch nur ebenso leicht ihren Empfindungen für Hugo verschließen könnte. Sie warf den Schlüssel schwungvoll auf einen Tisch und begann dann, unruhig auf und ab zu gehen.
Wie sie sich nach ihm verzehrte! Ja, sie war fast verliebt in ihn. Erschrocken blieb sie stehen. Nein, das musste ein Irrtum sein. Verlangen und Liebe waren nicht dasselbe … dennoch, für sie waren beide untrennbar miteinander verbunden.
Grundgütiger, was spann sie da nur für einen Unsinn zusammen! Sie musste endgültig den Verstand verloren haben. Andernfalls hätte sie ihm auch nie angedeutet, dass sie tatsächlich erwog, seine Geliebte zu werden. Allein der Gedanke! Was war denn nun mit ihrer ach so heiß begehrten Unabhängigkeit von den Männern? Wohin war ihre kühle Überlegenheit entschwunden?
Daran war nur die brennende Leidenschaft schuld, die Hugo in ihr entfachte. Verzweifelt sank sie auf einen Stuhl und betrachtete blicklos die gegenüberliegende Wand.
Sie begehrte Hugo, wollte, dass er sie berührte. Er sollte die schrecklichen Erinnerungen an Fenwick-Clyde vertreiben. Und sie wusste, dass ihm dies gelingen würde. Entschlossen stand sie auf. Sie musste zu ihm gehen, bevor der Mut sie wieder verließ.
Ihrem Gatten hatte sie ihren Körper geschenkt. Als seine Frau war sie dazu sogar gesetzlich verpflichtet gewesen. Aber nichts auf der Welt hätte sie dazu bringen können, ihm zu geben, was Sir Hugo bereits gehörte … ihr Herz.
War sie wahnsinnig geworden? Natürlich gab sie auch ihm nichts als ihren Körper. Sie liebte ihn nicht. Das war unmöglich! Oder etwa nicht? Sollte sie es wagen?
Heftig begann sie zu zittern und bekam
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