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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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achte nicht darauf, was um dich herum passiert. Die Erinnerung an Lucians Worte rissen sie aus ihrer Erstarrung. Sie musste weitermachen! Schnell! Aber wie lange noch? Würde die Erscheinung des Unendlichen an Substanz gewinnen, wenn sie mit dem Ritual fortfuhr? War das der Moment, auf den Lucian wartete? Sie hob das Pergament, um sich erneut darin zu vertiefen, als sie sah, wie ihr die Wolke in atemberaubender Geschwindigkeit entgegenschoss.
    Entsetzt starrte sie auf den Nebel. Er würde in sie fahren und verhindern, dass sie das Ritual fortsetzen konnte! Der Kreis aus Kerzen schützt mich , versuchte sie sich zu beruhigen. Ein eisiger Hauch löste sich aus dem Nebel und strich über sie hinweg. Das Feuer unter der Schale flackerte heftig. Die Flammen leckten über den Rand des Gefäßes, ehe sie sich wieder beruhigten. Dann erloschen die Kerzen. Alexandras Finger krampften sich um das Pergament. Jeden Augenblick würde der Unendliche ihren Leib in Besitz nehmen, wie er es zuvor mit Vladimir getan hatte. Womöglich würde er sie auch einfach nur töten.
    Das Pergament in der einen Hand, tastete sie mit der anderen nach dem Schwarzen Kreuz. Sie wusste nicht, ob sie dem Nebel damit etwas anhaben konnte, doch sie wollte verdammt sein, wenn sie es nicht zumindest versuchte.
    Sie hob das Kreuz, bereit, das spitze Ende ins Herz des Nebels zu treiben, sobald er die Linien des Kreises durchbrach, doch ehe das geschah, trat Lucian dazwischen. Ein Ruck durchfuhr ihn, als die Wolke gegen seinen Leib prallte und in seine Brust drang. Er taumelte keuchend zurück und brach in die Knie, ehe er vornüber kippte und mit dem Gesicht nach unten liegen blieb.
    Konzentriere dich allein auf das Ritual!
    Wie sollte sie das tun, solange sie nicht wusste, was Lucian zugestoßen war? Hatte der Unendliche Besitz von ihm ergriffen oder hatte er ihn umgebracht? Mach weiter! Sie schob jeden Gedanken an Lucian von sich und richtete ihren Blick wieder auf das Papier. Ihre Hand zitterte so sehr, dass sie kaum in der Lage war, etwas zu entziffern. Sie legte das Pergament vor sich auf den Boden, beugte sich darüber und begann den nächsten Vers zu sprechen. Die andere Hand hatte sie nach wie vor um das Schwarze Kreuz geklammert.
    Vor ihr setzte sich Lucian auf. Alexandra konnte nicht umhin, ihn anzusehen. In seinem Blick lag eine Eiseskälte, die sie bisher nur ein einziges Mal gesehen hatte: in den Augen seines Zwillings.
    Die lateinischen Worte blieben ihr im Hals stecken. Stockend fuhr sie fort, kaum noch imstande, die Augen von Lucian zu wenden. Sie verhaspelte sich und begann den Abschnitt noch einmal von Neuem zu lesen, während sie aus dem Augenwinkel sah, wie Lucian – der Unendliche! – sich langsam erhob. Sobald er stand, zog er die Pistole aus seinem Gürtel. Alexandra rief nach Bothwell, doch dieser rang noch immer mit Mihail.
    Ihre Finger klammerten sich um das Kreuz. Wenn sie aufstand und sich nach vorne warf, gelang es ihr vielleicht, dem Unendlichen die Spitze ins Herz zu treiben, ehe er sie erschoss. Doch dann hätte sie auch Lucian getötet! Es musste einen anderen Weg geben! Aber welchen?
    »Sieh mich an!«, verlangte er in einem Tonfall, der sich jeden Widerspruch verbat.
    Er versucht nur, Macht über mich zu erlangen! Sieh nicht hin! Doch sie konnte nicht anders, als den Kopf zu heben. Er richtete die Waffe auf sie. Sie wusste, dass sie mit dem Ritual fertig sein musste, ehe er den Abzug drückte. Doch wie sollte sie das schaffen? Es waren noch drei Verse zu lesen und ebenso viele Ingredienzien in die dampfende Schale zu gießen. Das Ganze würde noch mehrere Minuten in Anspruch nehmen. Ihr blieben aber bestenfalls noch einige Atemzüge.
    Der Unendliche kam näher. Am Rande des Kreises blieb er stehen. Die Mündung seiner Pistole starrte Alexandra entgegen, schwarz und endgültig. Ein Anblick, der jeden vernünftigen Gedanken in ihr erlöschen ließ.
    »Schau mir in die Augen!« Es war Lucians Stimme, doch es war nicht seine Seele, die aus den Worten sprach. Etwas in ihr sträubte sich dagegen, seiner Aufforderung zu folgen. Zugleich bereitete es ihr körperlichen Schmerz, es nicht zu tun.
    »Tu, was ich dir sage!« Sein Ton war nun weicher, beinahe schmeichelnd, und noch immer erfüllt von einer Macht, der sie nicht länger widerstehen konnte. Unfähig, sich zu widersetzen, saß sie da, den Blick auf seine kalten, blauen Augen gerichtet. Tief in ihrem Innersten wusste sie, dass er seine Kräfte benutzte, um sie zur

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