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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Donnern, als er die Waffe abfeuerte.
     
    *
     
    Zögernd hatte sich Alexandra dem Esszimmer genähert. Als sie Vladimir sah, war es beinahe zu spät gewesen. Es war ihr gerade noch gelungen, sich neben der Tür an die Wand zu drücken. Mit wachsendem Entsetzen war sie dem Gespräch gefolgt. Zu hören, dass sie sich nicht geirrt hatte und der Unendliche tatsächlich noch immer existierte, hatte ihren Mut sinken lassen.
    Sie hatte die Doppelläufige in Vladimirs Händen gesehen. Zweifelsohne war sie mit Silberkugeln geladen. Sie hingegen hatte ihre Pistole lediglich mit einfachen Kugeln bestückt. Sie war nicht einmal mehr im Besitz von Silber. Wozu auch? Bis vor Kurzem hatte sie angenommen, dass die Bedrohung durch die Vampyre endlich vorüber war. Sich im selben Haus aufzuhalten wie der Unendliche, mit einer Waffe, die ihm nicht das Geringste anhaben konnte, ließ ihre Furcht ins Unermessliche steigen.
    Es gibt etwas! Sie besaß das Werkzeug, mit dem sie ihn vernichten konnte! Sie musste es nur einsetzen. Ihre Hand war schon am Stiefel, um nach dem Splitter zu greifen, als sie innehielt. Was, wenn Vladimir – der Unendliche – sie überwältigte und den Splitter an sich brachte? Dann gab es nichts mehr, was sie ihm noch entgegensetzen konnte.
    Wir können nicht ohne einen Plan gegen ihn vorgehen . Das Risiko war einfach zu groß. Es gab nur einen Weg, um Lucian zu helfen. Der Splitter musste so weit wie möglich von ihm fort.
    Bedächtig zog sie sich von der Schwelle zurück. Eine Diele knarrte, doch diesmal hielt sie nicht inne. Sie war schon fast an der Tür, als sie sich an die Ingredienzien erinnerte. Sie dachte daran, sie zurückzulassen. Es wird nicht lange dauern. Nur rasch in die Küche, alles Nötige in die Tasche packen, und dann fort von hier!
    Alexandra eilte über den Gang, drückte die Schwingtür auf und schlüpfte in die Küche. »Was hast du jetzt vor?«, drang Lucians Stimme von nebenan an ihr Ohr. Natürlich wollte sie hören, was der Unendliche darauf zu erwidern hatte, doch wichtiger war jetzt, dass sie von hier fortkam. Hastig sah sie sich um. Auf einer Anrichte neben dem Herd standen drei mit Wachs versiegelte Tontöpfchen, eine Lederflasche, ein Leinenbeutel mit Kerzen, einem Bündel Reisig, einem dreibeinigen Eisengestell und einer Schale aus Gusseisen. Daneben lag ein weiterer Beutel, in dem sich mehrere gefüllte Säckchen befanden. Auf dem Herd stand ein Topf. Alexandra packte rasch die Tontiegel und die beiden Beutel in ihre Tasche, dann hob sie den Deckel und warf einen Blick in den Topf. Darin befand sich lediglich die Hühnerbrühe, die Lucian ihr gebracht hatte. Vorsichtig, um nur ja kein Geräusch zu verursachen, legte sie den Deckel an seinen Platz zurück. Als sie die Tasche aufnahm, fiel ihr Blick aus dem Fenster. War da eine Bewegung hinter den Spitzengardinen gewesen? Ein Schatten auf der anderen Straßenseite? Sie schob die Gardine ein wenig zur Seite und spähte nach draußen. Ein junges Pärchen flanierte den Fußweg entlang, in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Ein Stück weiter entfernt stand eine Droschke an der Straßenecke. Das Gefährt zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Als jedoch eine beleibte Dame aus der Karosse stieg und auf ein Haus zuging, ließ Alexandra ihren Blick weiterwandern. Vielleicht konnte sie die Droschke in die Stadt nehmen.
    Auf der anderen Straßenseite, dort, wo sie geglaubt hatte, eine Bewegung wahrzunehmen, wogten die Zweige eines Haselnussstrauchs in der sanften Brise.
    Sie hätte gerne noch einen Moment abgewartet und die Umgebung beobachtet, doch sie wusste, dass Lucian diese Zeit nicht hatte. Der Unendliche würde Gavril und Mihail nicht mit hierher nehmen. Er würde nicht riskieren, dass seine ahnungslosen Handlanger herausfanden, was mit Vladimir nicht stimmte. Vorsichtig drückte Alexandra die Schwingtür auf und kehrte in die Eingangshalle zurück. »… und ich werde es genießen …«, hörte sie den Unendlichen sagen, als sie zum Ausgang hastete. Rasch schlüpfte sie nach draußen, zog die Haustür hinter sich zu und sperrte die Stimmen und Geräusche aus, die vom Esszimmer an ihr Ohr drangen.
    Sie sah sich nach der Droschke um, doch das Gefährt war fort. Also doch der Fußweg. Womöglich konnte sie unterwegs eine Karosse anhalten. Jetzt jedoch musste sie zusehen, dass sie vom Haus fortkam. Hinter einer der Säulen, die das Vordach trugen, trat eine Gestalt hervor. Entgeistert starrte sie auf Mihail und die Pistole in seiner

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