Die Wiedergeburt
Fleisch und ließ sie fallen.
Lucian starrte ihn an. Der Splitter ist nicht mehr hier.
Ein gehässiges Grinsen breitete sich auf Andrejs Gesicht aus. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich freuen würde, wenn er fort ist.«
Ehe er mehr sagen konnte, flog die Haustür auf. »Vladimir!«, brüllte einer der Jäger. »Sie ist uns entkommen!«
Andrej fluchte, dann richtete sich sein Blick auf Lucian. »Wir sind noch nicht miteinander fertig!« Er holte aus und verpasste Lucian einen heftigen Schlag, der ihn zurückschleuderte. Lucian prallte gegen die Wand. Seine Rippen knackten unter dem Aufprall und brachen. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Leib, doch er war ebenso schnell vorüber wie sich die gebrochenen Knochen wieder zusammenfügten. Nach wenigen Sekunden war vom Schmerz nicht mehr als ein leises Echo geblieben. Ein wenig benommen kam er wieder auf die Beine. Andrej war bereits in der Eingangshalle.
»Wo ist sie hin?«, hörte Lucian ihn rufen.
»In Richtung Stadt!«
Dann verstummten die Stimmen.
Lucian lief aus dem Zimmer, durchquerte die Halle und blieb in der offenen Haustür stehen. Andrej und die Jäger rannten die Straße hinunter Richtung Netherbow.
»Alexandra darf ihm nicht in die Hände fallen!«, rief er Robert zu, der auf der Treppe stehen geblieben war, und rannte los.
16
Als Alexandra in die Straße einbog, in der sich das Haus der Jäger befand, verlangsamte sie ihren Schritt. Inzwischen, so hoffte sie, sollte sie weit genug von Lucian fort sein, sodass ihm der Splitter nicht mehr schaden konnte. In diesem Teil von Canongate waren die Häuser kleiner und standen dicht an dicht gedrängt. Eine Fassade schloss unmittelbar an die nächste an und es gab keinen Weg, auf dem sie die Rückseite der Häuserfront hätte erreichen können. Sie musste von vorne ins Haus. Der Gedanke behagte ihr nicht sonderlich. Immerhin war es dank Bothwells Beschreibung nicht schwer, das Haus zu finden. Jetzt musste sie nur noch hinein.
Alexandra nahm sich nicht die Zeit, das Grundstück und die Nachbarschaft zu beobachten. Noch waren die Jäger fort, doch das konnte sich rasch ändern. Sie musste schnell sein, auch wenn dies bedeutete, dass sie dabei Gefahr lief, einem aufmerksamen Nachbarn in die Arme zu laufen.
Sie erreichte die fünf Stufen, die zur Haustür führten, und folgte ihnen nach oben, während ihr Blick über die Fassade glitt. Links und rechts von der Tür befand sich jeweils ein Fenster, zu weit entfernt, als dass sie es vom Treppenabsatz aus hätte erreichen können. Zudem lag es zu hoch und sie traute sich die Kletterpartie nicht zu. Sie war erschöpft und das Pochen in ihrer Seite nahm immer mehr zu.
Auf dem Treppenabsatz angekommen, warf sie einen kurzen Blick zurück zur Straße. Die Dämmerung schob sich zwischen den Häusern heran und tilgte Licht und Farbe aus der Welt. Selbst hier, im vermeintlich sicheren Canongate, war um diese Zeit niemand mehr auf der Straße. Hinter einigen Fenstern war das warme Licht eines Feuers oder einer Öllampe zu sehen. Im Haus der Jäger war es dunkel. Entschlossen drehte Alexandra den Türknauf. Zu ihrem Erstaunen war nicht abgeschlossen.
Sie schlüpfte ins Haus und drückte die Tür hinter sich wieder ins Schloss. Nach wenigen Atemzügen gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, sodass sie sich im Eingangsbereich mit der schmalen Treppe, die nach ein paar Stufen im Schatten verschwand, zurechtfinden würde. Doch das genügte nicht für ihre Suche. Sie wandte sich nach rechts und trat durch eine Schwingtür in die Küche. Auf einem Tisch stand eine Öllampe. Alexandra stellte ihre Tasche ab, entzündete die Lampe und kehrte damit auf den Flur zurück. Auf der gegenüberliegenden Seite lag der Salon. Abgesehen von einem Sofa und einem Tisch war der Raum leer. Erstaunlich wenig Mobiliar für ein Zimmer dieser Größe. Nirgendwo lagen oder standen persönliche Gegenstände. Einzig die zerdrückten Sofakissen und eine Whiskykaraffe kündeten davon, dass der Raum überhaupt genutzt wurde. Ein rascher Blick genügte ihr, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass die Jäger das Kreuz hier nicht aufbewahrten. Vermutlich finde ich es in Vladimirs Schlafzimmer. Ohne das Wohnzimmer betreten zu haben, machte sie kehrt und stieg die schmale Treppe nach oben, wo von einer kleinen Galerie vier Türen abzweigten. Zumindest gingen die Zimmer nach hinten hinaus, sodass Alexandra nicht fürchten musste, dass das Licht ihrer Lampe von der Straße aus zu sehen
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