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Die Wiedergeburt

Die Wiedergeburt

Titel: Die Wiedergeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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und kalt, bar jeder menschlichen Regung – ein Lachen, das Lucian im Laufe der Jahrhunderte oft genug gehört hatte. Andrejs Gelächter kroch ihm unter die Haut und erfüllte sein totes Herz mit Furcht. Er sorgte sich nicht um seine eigene Existenz, sein Leben hatte lange genug gewährt. Alles, woran er denken konnte, war Alexandra. Der Knall, als die Tür aus den Angeln gerissen worden war, musste sie geweckt haben. Was, wenn sie herunterkam, um nachzusehen, und Andrej geradewegs in die Arme lief? Was, wenn dieser nach oben ging, um sie zu holen?
    Er musste so viel wie möglich über Andrejs derzeitigen Zustand in Erfahrung bringen. Alles, was ihm helfen konnte, ihn ein für allemal zu vernichten oder zumindest von Alexandra fernzuhalten. »Wie hast du das geschafft? Warum bist du noch immer hier?«
    »Ich nehme nicht an, dass du ernsthaft erwartest, ich würde darauf antworten.«
    »Wie stellst du dir das vor, Andrej?«, versuchte Lucian es weiter. »Denkst du wirklich, die Kameraden des Jägers würden nicht merken, dass etwas nicht stimmt.«
    »Fürchtest du, mein erneuter Tod könne meine Kräfte geschwächt haben, Bruder?« Wieder lachte er, und diesmal glaubte Lucian tatsächlich, hinter den Zügen des Jägers einen Blick auf Andrejs Antlitz erhaschen zu können. »Ich kann dich beruhigen, dem ist mitnichten so. Diese beiden Würmer, die sich der Jagd auf meinesgleichen verschrieben haben, dienen mir, ohne es zu ahnen. Sie sind so leicht zu beeinflussen, dass es schon beinahe keine Freude mehr macht.«
    Andrej war nicht dumm. Er würde sich nicht entlocken lassen, wie es ihm gelungen war, sich Vladimirs zu bemächtigen – und schon gar nicht, wie sich dem ein Ende setzen ließe. Ebenso wenig wie sich Andrej bisher eine Blöße gegeben hatte, war es Lucian gelungen, einen Weg zu finden, ihn zu überwältigen. Ganz gleich, was er auch versuchte, er würde um einen offenen Kampf nicht herumkommen. Mit dem Splitter im Haus war Andrejs Pistole eine ernsthafte Bedrohung. Ich kann nur versuchen, ihn von Alexandra fernzuhalten. »Was hast du jetzt vor?«
    »Abgesehen davon, dass ich mich bei dir dafür bedanken möchte, dass du den Splitter hier aufbewahrst? Sieh mich nicht so an, Lucian! Denkst du wirklich, ich könne seine Gegenwart nicht spüren?« Noch immer lag ein boshaftes Grinsen auf seinen Zügen. »Zunächst einmal werde ich mir diesen Wirtskörper zu einem gemütlichen Heim formen – ist es nicht faszinierend, wie ähnlich er mir bereits geworden ist? Bald schon wird er sich nicht mehr von meinem einstigen Körper unterscheiden. Für dich wird es sein, als würdest du in einen Spiegel blicken – mit einem winzigen Hindernis: Deine Existenz wird nicht lange genug währen, um diesem Augenblick meines Triumphs beizuwohnen.« Langsam kam er weiter in den Raum, die Pistole noch immer locker in der Hand. Noch zwei Schritte, und der Weg zur Tür wäre frei gewesen, da blieb er erneut stehen. »Ich weiß, was du denkst, Lucian. Kann ich zur Tür und die verdammte Schlampe warnen, die versucht hat, die Existenz meines geliebten Bruders auszulöschen? Nein, das kannst du nicht! Spar dir also die Mühe. Das Leben deiner Jägerin ist ohnehin verwirkt. Ich werde sie vor deinen Augen töten, ganz langsam. Du wirst sehen, wie sie leidet, sollst ihren Schmerz bis in die letzte Faser deines eigenen Körpers spüren. Ich werde zusehen, wie dein Herz bricht, wenn sie tot zu deinen Füßen liegt – und ich werde es genießen, ehe ich auch deinem Dasein ein Ende bereite.«
    Lucian warf einen Blick zu Robert. Er stand noch immer auf der anderen Seite des Tisches, die Tür in unerreichbarer Ferne. Doch das galt nicht für eines der Fenster, das unmittelbar in seinem Rücken lag. Wenn es ihm gelingt, zu entkommen, könnte ich Andrej in einen Kampf verwickeln. Auf diese Weise bliebe Robert womöglich Zeit, Alexandra in Sicherheit zu bringen. Als sich ihre Blicke trafen, sah Lucian kurz zum Fenster, dann wieder zu Robert. Mehr konnte er nicht signalisieren, doch Robert hatte ohnehin verstanden.
    »Weißt du«, überlegte Andrej laut und lenkte Lucians Aufmerksamkeit wieder auf sich, »wenn ich es mir genau überlege, möchte ich nicht riskieren, dass du etwas Unüberlegtes versuchst, um deine Jägerin zu retten. Ich denke, es genügt mir, wenn du in dem Bewusstsein stirbst, dass ihr Leben auf qualvolle Weise enden wird.«
    Andrej hob die Pistole. Der Hahn klickte leise, als er ihn zurückzog, gefolgt von einem ohrenbetäubenden

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