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Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Titel: Die Wiederkehr des gefallenen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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braucht man nicht, wenn man frisch verliebt in den Urlaub fährt.«
    »Es ist kein Urlaub, Mutter, und ich bin nicht frisch verliebt.«
    Lara betrachtete die Szene und fühlte sich sofort besser. Hier herrschte der berechenbare Alltag einer Familie mit all seinen liebenswerten kleinen Schwächen und Fehlern. Lara war wirklich froh, ihre Oma bei sich zu haben.
    »Mom.«
    »Ja?«
    »Oma hat recht. Du bist ein wenig aufgeregt wegen des Flugs und Thorsten, aber du musst dich entspannen, dann klappt alles wie von allein.«
    »Wie von allein?« Rachel Winter schüttelte ungläubig den Kopf. »In vier Stunden geht mein Flug. Ich habe noch nicht fertig gepackt, sollte duschen, meine Haare richten und was sonst noch und du sagst, ich soll mich entspannen.«
    »Mama!«
    »Jaaaaa, nerv mich jetzt nicht. Ich muss mich konzentrieren, sonst vergesse ich die Hälfte.«
    »Wann kommt Thorsten dich abholen?«
    »In zwei Stunden. Der Mann hat die Ruhe weg, sitzt noch im Büro und schreibt an seinem Referat.«
    »Wahrscheinlich hat er gestern schon gepackt.« Martha ließ es sich nicht nehmen dazwischenzufunken. »Und nicht den kompletten Medizinschrank ausgeräumt.«
    »Mutter, alles was recht ist, aber ich fahre ja nicht zum ersten Mal ohne dich in Urlaub. Also halt jetzt deinen Mund, du machst mich nur noch nervöser, als ich ohnehin schon bin.«
    Martha Helmsdorf fasste nach der Hand ihrer Enkelin und zog sie mit sich in die Küche. »Besser wir lassen sie in Ruhe. Komm, ich mach uns einen Kaffee und dann erzählst du mir, was heute so los war.«
     
    Diesmal gab es keinen frisch gebackenen Kuchen, was Lara gelegen kam, sie hatte sowieso keinen Appetit. Etwas missmutig starrte sie in ihre Kaffeetasse und rührte mit dem Löffel darin herum, als gelte es, ein Muster zu erschaffen.
    »Was ist los mit dir?«, fragte ihre Oma. »Schmeckt dir mein Kaffee nicht?«
    »Doch, klar. Alles gut«, sagte Lara. Selbst in ihren Ohren klang es nach einer schwachen Ausrede.
    »Kannst du nicht darüber reden oder willst du es nicht?«
    »Wahrscheinlich beides.«
    Martha nickte. »Gut, dann trinken wir einfach unseren Kaffee.«
    Du bist eine kluge Frau, dachte Lara. Du spürst, wann es Zeit ist zu reden und wann man besser schweigt.
    Von draußen war das Poltern ihrer Mutter zu hören, die den großen Trolley die Treppe hinunterwuchtete. Lara wollte aufstehen und hinausgehen, um ihr zu helfen, aber ihre Großmutter legte ihr sanft die Hand auf den Arm. »Lass sie. Sie muss jetzt allein sein.«
    »Warum?«, wollte Lara wissen.
    »Sie überlegt, ob es richtig ist, mit Thorsten wegzufahren und dich hierzulassen. Obwohl sie packt wie ein Weltmeister, steht ihre Entscheidung ständig auf der Kippe. Sie sucht nach einem Grund, nicht fliegen zu müssen, aber sie wird erkennen, dass jeder Grund nur eine weitere Ausrede ist. Sie muss sich selbst eingestehen, dass du nun erwachsen bist und sie dich nicht mehr beschützen kann und muss.«
    »Ging es dir damals mit ihr genauso?«
    Martha lächelte zaghaft und ihr Gesicht zersprang dabei in Tausende kleine Falten.
    »Ja!«
    Es war ein langes, ein schweres Ja. Lara bemerkte, wie ihre Großmutter in die Vergangenheit tauchte und Rachel sah, als sie noch ein Mädchen gewesen war. Blühend. Voller Lebenskraft. Voller Freude. In eine Zeit, in der Laras Vater ihr noch nicht den Glauben an die Liebe genommen hatte.
    Es klingelte an der Tür. Laras Oma schreckte aus ihren Gedanken auf.
    »Oh Gott, das wird doch hoffentlich nicht Thorsten sein?«, rief Laras Mutter im Flur. »Ich bin doch noch gar nicht so weit. Wieso kommt der denn schon? Er sagte doch …«
    »Rachel, mach doch einfach die Tür auf«, sagte Martha Helmsdorf.
    »Nein, ich muss …«
    Sie hörten, wie sie die Treppe hinaufstürmte. »Macht bitte ihr auf.« Dann ein Türschlagen und plötzlich herrschte Ruhe.
    »Ich gehe«, sagte Martha ruhig.
    Lara stand ebenfalls auf und ging mit ihr zur Haustür. Als Martha öffnete, stand da ein gut aussehender, verlegen dreinblickender Mann von über einem Meter neunzig Größe mit sportlich schlaksiger Figur.
    »Guten Tag, Frau Hermsdorf.« Er reichte Laras Oma die Hand, dann wandte er sich an Lara und begrüßte auch sie. »Hallo Lara.«
    »Hallo.«
    »Wo ist Rachel?«, fragte Thorsten.
    »Oben«, meinte ihre Oma vielsagend und nickte mit dem Kopf zur Treppe. »Sie ist gerade damit beschäftigt, einen Nervenzusammenbruch zu bekommen, aber wenn Sie etwas Zeit haben, beruhigt sie sich auch wieder. Solange kann ich

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