Die Wiederkehr des gefallenen Engels
immer Blut.
»Du solltest vorsichtiger sein«, sagte der Junge verächtlich.
Und Beknathar hasste ihn dafür.
Die vier überlebenden Engel hatten zwei weitere Dämonen getötet. Nun standen ihnen nur noch Ben, die beiden gefallenen Engel und ein weiblicher Dämon gegenüber. Danas war über und über mit schwarzem Blut bespritzt. Auf seinem Gesicht lag ein wilder Ausdruck, der Gabriel nicht gefiel, aber als er befahl, sich Rücken an Rücken zu stellen, gehorchte Danas ebenso wie die anderen beiden.
Gabriel seufzte stumm auf. Samuel war beim ersten Angriff gefallen. Laval tot. Er hatte ihn fallen sehen. Hinterrücks erstochen von dem Jungen, der ein Bastard war. Nun standen sie sich in einer Pattsituation gegenüber. Für einen Augenblick hatten sich die Reihen neu geformt. Beide Seiten warteten auf das Zeichen, den Kampf fortzusetzen, aber Gabriel wusste, dass weiterkämpfen keinen Sinn machte. Damian und Lara waren entkommen. Das allein zählte.
So gab er seinen Brüdern das Signal zu gehen. Innerhalb eines Wimpernschlages verblassten ihre Formen und sie verschwanden im Nichts. Noch einmal sah Gabriel den dunklen Engeln tief in die Augen, dann folgte er den anderen.
Ben starrte auf die Stelle, an der sich eben noch die Feinde befunden hatten, und fluchte laut. Neben ihm zischte Jessi enttäuscht. Er sah sie an und der Ausdruck in seinen Augen ließ sie zurückweichen. Das Jungenhafte darin war verschwunden, hatte der Grausamkeit eines enttäuschten Mannes Platz gemacht.
Nakamesh und Beknathar traten heran und bauten sich vor Ben auf. In ihren Mienen war nichts zu lesen. Die Waffen in ihren Händen waren verschwunden. Sie sahen nun wieder wie ganz normale Menschen aus.
»Sie sind uns entkommen«, sagte Nakamesh und sah in die Richtung, in die der Regionalzug verschwunden war.
»Wir müssen nach Stuttgart. Lara und Damian werden dort versuchen, einen Zug nach Berlin zu erwischen«, versuchte Ben zu erklären, aber der dunkle Engel hatte sich abgewandt und sprach leise mit seinem Gefährten. Schließlich wandte er sich um und sah Ben direkt in die Augen.
»Wir folgen ihnen nicht mehr, sondern gehen direkt nach Berlin, in die Stadt der gefallenen Engel. Dort werden wir sie wiederfinden.«
»Ihr könnt mich nicht im Stich lassen«, sagte Ben hastig. Er nickte in Richtung Beknathar. »Ich habe sein Leben gerettet.«
»Ja. Mein Bruder wollte dich hier und jetzt töten, aber ich sagte ihm, dass er in deiner Schuld steht. So sieh es als ein Geschenk an, dass wir dich leben lassen.« Nakamesh machte einen Schritt nach vorn, bis er direkt vor Ben stand, und blickte ihm tief in die Augen. »Wenn wir uns noch einmal begegnen, wird das dein Ende sein.«
Ben wich zurück. Er wusste, dass es nichts mehr zu sagen gab. Wut und Enttäuschung brannten in seinem Inneren, als er zusah, wie die dunklen Engel dematerialisierten, und er schwor sich, es ihnen heimzuzahlen.
»Vielleicht ist es ganz gut so«, sagte Jessi neben ihm. »Wir kommen auch ohne sie zurecht.«
Ben wirbelte herum und schlug ihr ins Gesicht. Die Wucht des Schlages warf sie zu Boden. Jessi versuchte, wieder auf die Füße zu kommen, aber da war er auch schon heran und packte sie am Hals.
»Halt’s Maul, Dämon, und mach, was ich dir sage. Wenn du noch einmal glaubst, mir deine Meinung sagen zu müssen, reiße ich dir die Zunge raus«, zischte er. »Und jetzt besorg uns einen Wagen! Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
37.
Lara zitterte. Sie fror nicht mehr, aber sie zitterte trotzdem. Die Anspannung suchte sich ihren eigenen Weg, den Körper zu verlassen, und jagte einen Schauer nach dem anderen über Laras Haut. Ihr gegenüber saß Damian. Sein Blick war auf sie gerichtet, aber sie sah zum Fenster hinaus.
Draußen tobte der Sturm. Im trüben Licht des Morgens wurden Schneeflocken herangewirbelt, die alles verschwinden ließen. Die Landschaft verlor ihre Konturen, wurde zu einem verwaschenen Hintergrund, den man nur noch erahnen konnte.
Es war still im Zug. Das Abteil leer. Für den Pendlerverkehr war es noch zu früh, und soweit Lara sehen konnte, befand sich auch in den nächsten Waggons kein Fahrgast. Ihr war das nur recht. Sie wollte jetzt keine Menschen sehen, die mit alltäglichen Dingen beschäftigt waren, Zeitungen lasen oder Nachrichten ins Handy eintippten. Keine aus Kopfhörern plärrende Musik hören und keinen Gesprächen lauschen. Ihr Leben war aus den Fugen geraten und sie fühlte sich einsam. Trotz Damian.
Ihre Mutter war in
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