Die Wiederkehr des gefallenen Engels
und etwas zu essen.
Es war kalt. Und zugig. Lara blickte zu einer Gruppe Obdachloser, die sich bei einem Imbiss versammelt hatten, um das erste Bier des Tages zu trinken. Ausgemergelte Gestalten, mit langen zottigen Haaren, verfusselten Bärten und Kleidern, die aussahen, als wären sie gerade erst aus einer Mülltonne gezogen worden. Zwei von ihnen hatten Hunde dabei. Ebenfalls dünne Gestalten. Schwarz, auf hohen Beinen, wirkten sie wie Schatten, die um die Beine der Männer herumschlichen. Nur einzelne unverständliche Worte drangen herüber, der Rest wurde vom Lärm der Umgebung verschluckt.
Damian umfasste mit einem Mal ihren Oberarm und zog sie mit sich. Sein Griff war schmerzhaft und Lara wollte sich ihm entwinden, aber er hielt sie eisern fest, zog sie in den Schutz eines Kiosks.
»Das sind Dämonen«, zischte er ihr zu. »Sie haben menschliche Gestalt angenommen, aber lass dich davon nicht täuschen.«
Lara erschrak. »Bist du dir sicher?«, flüsterte sie.
»Ja.«
»Meinst du, sie suchen uns?«
»Nein, glaube ich nicht. Das sind Dämonen, die schon lange in der Stadt hausen. Ohne Anführer. Vielleicht sind es auch Rebellen, die hier in der Menschenmenge untertauchen wollen.«
»Dafür benehmen sie sich nicht gerade besonders unauffällig.«
»Denkst du?« Er schüttelte leicht den Kopf. »Sieh dich um, beachtet sie irgendjemand? Bleibt jemand stehen, redet mit ihnen? Nein, alle sehen zur Seite, hasten schnell an ihnen vorüber, ohne ihnen ins Gesicht zu sehen. Eine bessere Tarnung gibt es nicht.«
»Hm. Schau mal, einer von denen starrt herüber.«
Damian schaute über sie hinweg auf die Gruppe. Es war ein hagerer Typ, größer und noch dünner als die anderen. Irgendetwas musste seine Aufmerksamkeit erregt haben, denn er sah in ihre Richtung. Damian zog Lara noch ein wenig weiter hinter den Kiosk.
»Ich fürchte, er spürt meine Nähe. Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen.«
»Die Fahrpläne sind da drüben.« Lara deutete auf eine große, von innen erleuchtete Schautafel.
»Da können wir jetzt nicht rüber. Der Typ schaut immer noch hierher.«
»Dann lass uns zurück zu den Bahnsteigen gehen. Dort hängen auch welche.«
Langsam, um keine weitere Aufmerksamkeit zu erregen, zogen sie sich zurück. Bis zu den Gleisen waren es nur wenige Meter. Sie schritten den nächsten Bahnsteig entlang, bis sie vor einem ausgehängten Fahrplan stehen blieben. Es gab stündlich eine Verbindung nach Berlin, zu bestimmten Zeiten sogar mehrfach pro Stunde. Sie würden nicht lange warten müssen. Allerdings hatten sie den ICE verpasst, der direkt und ohne Umstieg in die Großstadt fuhr. Die nächste Direktverbindung gab es erst in zwei Stunden. So lange konnten sie nicht warten. Sie würden also zumindest einmal umsteigen müssen, was erneut die Gefahr mit sich brachte, entdeckt zu werden.
»Der nächste Zug fährt in zwölf Minuten, aber er ist langsam und wir müssten zwei Mal umsteigen«, sagte Lara und fuhr mit dem Zeigefinger über die Abfahrtszeiten. »Besser, wir nehmen den hier, der in einer halben Stunde fährt. Da kommen wir zur selben Zeit in Berlin an und müssen nur einmal umsteigen.«
»Okay.« Damian konnte sich kaum auf den Fahrplan konzentrieren, so sehr war er damit beschäftigt, mit den Augen die Gegend abzusuchen.
»Lass uns etwas zu essen und trinken besorgen. Ich habe Hunger.«
»Ja, aber wir sollten vorsichtig sein.«
»Meinst du, Ben und die gefallenen Engel verfolgen uns noch?«
»Davon müssen wir ausgehen. Die dunklen Engel können hier jederzeit auftauchen, sie sind nicht auf Fahrzeuge angewiesen. Bei Ben bin ich mir nicht sicher, welche Fähigkeiten er von seinem Vater geerbt hat. Trotzdem sollten wir nicht glauben, dass wir ihn abgehängt haben.«
»Ben«, wiederholte Lara leise.
»Du hast mir noch gar nicht gesagt, was er von dir wollte. Er dient nicht Satan, sonst hätten sich seine Jäger nicht den dunklen Engeln im Kampf gestellt. Was will er? Was hat er vor?« Vorsichtig steuerte er Lara durch die Menschen und machte dabei einen großen Bogen um die vermeintlichen Dämonen.
»Er ist verrückt.«
»Wieso glaubst du das?«
Lara sah ihn an. »Er sprach davon, sich mit mir zu vereinen, unsere Kraft gemeinsam auszurichten, um das letzte Tor zu schließen, damit Satan für immer in der Hölle gefangen ist und er mit meiner Hilfe die Welt beherrschen kann.«
»Wir sollten ihn nicht unterschätzen«, meinte Damian nachdenklich. »Wie du hat er Fähigkeiten, über
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