Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
ehesten geeignet schien, das Interesse dieses äußerst unfreundlichen alten Mannes zu wecken.«
      »Das haben Sie gewiß erreicht. Aber welche anderen Möglichkeiten sehen Sie?«
      »Ich könnte Ihnen einige nennen. Sie müssen zugeben, es ist seltsam und gibt Anlaß zu Vermutungen, daß sich der Vorfall am Vorabend dieses wichtigen Spiels ereignet hat und daß in ihn der Mann verwickelt ist, dessen Mitwirken lebenswichtig für die eine Seite zu sein scheint. Das kann ein zufälliges Zusammentreffen sein, aber ich finde es anregend. Der Amateursport ist frei vom Wettgeschäft, trotzdem werden im Publikum viele wilde Wetten abgeschlossen, und so bleibt denkbar, daß es jemand der Mühe wert gehalten hat, sich eines Spielers zu bemächtigen, wie die Schurken auf der Rennbahn sich eines Pferdes bemächtigen. Das wäre eine Erklärung. Eine zweite, sehr einleuchtende, wäre die, daß, da der junge Mann, wie bescheiden seine Mittel gegenwärtig auch sein mögen, wirklich ein großes Vermögen erben wird, womöglich doch geplant sein könnte, über ihn ein Lösegeld zu erpressen.«
      »Diese Theorien stellen das Telegramm nicht in Rechnung.«
      »Ganz recht, Watson. Das Telegramm bleibt der einzige solide Anhaltspunkt, den wir besitzen, und es darf nicht geschehen, daß sich unsere Aufmerksamkeit von ihm entfernt. Wir fahren jetzt ja auch nach Cambridge, um Licht in den Zweck des Telegramms zu bringen. Der Pfad unserer Untersuchungen liegt noch im Verborgenen, doch wäre ich sehr überrascht, wenn es uns nicht noch vor dem Abend gelänge, ihn zu erhellen, vielleicht sogar ein beträchtliches Stück auf ihm voranzukommen.«
      Es war schon dunkel, als wir in der alten Universitätsstadt anlangten. Am Bahnhof nahm Holmes eine Droschke und befahl dem Kutscher, zum Haus von Leslie Armstrong zu fahren. Wenige Minuten später hielten wir vor einem großen Gebäude in der belebtesten Durchgangsstraße. Wir wurden eingelassen und nach langem Warten in das Konsultationszimmer gebeten. Der Doktor saß hinter seinem Tisch.
      Es bezeichnete den Grad meiner Entfremdung von meinem Beruf, daß mir der Name Leslie Armstrong unbekannt war. Jetzt bin ich unterrichtet, daß er nicht nur einer der führenden Köpfe der medizinischen Fakultät dieser Universität ist, sondern auch in mehr als einem Wissenschaftszweig ein Denker von europäischem Format. Aber auch derjenige, der die glänzende Liste seiner Verdienste nicht kannte, fand sich unweigerlich vom bloßen Anblick des Mannes beeindruckt: ein kantiger massiver Kopf, nachdenkliche Augen unter buschigen Brauen und eine wie in Granit gehauene feste Kinnlade. Ein Mann von Charakter, ein Mann mit beweglichem Geist, streng, asketisch, beherrscht, furchteinflößend – so deutete ich Dr. Leslie Armstrong. Er hielt die Visitenkarte meines Freundes in der Hand und sah hoch, und auf seinen strengen Zügen lag ein nicht gerade freundlicher Ausdruck.
      »Ich habe schon von Ihnen gehört, Mr. Sherlock Holmes, und kenne Ihren Beruf, einen Beruf, den ich auf keinen Fall gutheißen kann.«
      »In der Beziehung, Doktor, finden Sie sich in Übereinstimmung mit jedem Verbrecher dieses Landes«, sagte mein Freund ruhig.
      »Insoweit Ihre Tätigkeit darauf zielt, das Verbrechen zu unterdrücken, muß jedes vernünftige Mitglied der Gesellschaft Sie unterstützen, wenngleich ich nicht daran zweifle, daß die offizielle Maschinerie für den Zweck mehr als ausreichend ist. Kritischer muß man Ihren Beruf betrachten, wenn es darum geht, daß Sie das Privatleben der Menschen ausspionieren, an Familienangelegenheiten, die besser verborgen blieben, kratzen und beiläufig auch noch die Zeit von Männern vergeuden, die beschäftigter sind als Sie. In diesem Augenblick zum Beispiel sollte ich eine Abhandlung schreiben, anstatt mich mit Ihnen zu unterhalten.«
      »Gewiß, Doktor; und doch könnte sich diese Unterhaltung für wichtiger als die Abhandlung erweisen. Beiläufig möchte ich Ihnen sagen, daß wir genau das Gegenteil von dem tun, was Sie sehr zu Recht verurteilen; wir versuchen zu verhin dern, daß private Angelegenheiten in die Öffentlichkeit kommen, was notwendigerweise geschieht, wenn der Fall sich einmal in den Händen der Polizei befindet. Sie können mich als einen irregulären Kämpfer ansehen, der vor der regulären Armee des Landes einhergeht. Ich bin gekommen, um Sie über Mr. Godfrey Staunton zu befragen.«
      »Was ist mit ihm?«
      »Sie kennen ihn doch, oder

Weitere Kostenlose Bücher